Reisebericht: Aufregendes London und traditionelles Südengland

02.05. – 11.05.2010, 10 Tage London – Stonehenge – Salisbury – Brighton


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Eine Reise nach Südengland ist etwas Spezielles; das Erleben des Kontrastes – quirliges Leben in Europas größter Metropole und die entspannende Ruhe der englischen Gärten erwarten den Reisenden
Ein Reisebericht von
Jörg Nesse
Jörg Nesse

Sonntag 02.05.10 Dresden – Gent

...Die Gruppe von 18 Gästen mit und ohne Rollstuhl welche ich begleiten durfte wollte diese Mischung genießen. über Erfurt, Wetzlar und Köln ging es nach Aachen und damit zur belgischen Grenze. Das Wetter erinnerte dabei noch stark an den Vormonat April: immer wieder heftiger Regen, leichter Graupel, Sonne,…Ein Vorgeschmack auf das berühmt berüchtigte englische Wetter? Es war Sonntag, wir kamen gut voran - ein kurzer Stopp am Atomium in Brüssel wurde beschlossen. Schon gigantisch dieses eigenwillige Bauwerk, welches für die Weltausstellung 1958 geschaffen wurde. In Gent bezogen wir unsere Zimmer im Ibis Hotel unmittelbar im Stadtzentrum. Einige von uns ließen es sich nach dem Abendessen nicht nehmen, trotz der einsetzenden Müdigkeit, dieser berühmten Stadt Flanderns noch ihre Aufwartung zu machen. Die beleuchtete Sint-Baafs Kathedrale, Stadhuis, Belfried und die Wasserburg Gravensteen lassen uns schon am ersten Tag neue Reisepläne schmieden.

Montag 03.05.10 Gent – Calais/Dover – Canterbury – London

Nach dem Frühstück fahren wir mit unserem Bus nochmals durch die Innenstadt von Gent. Auch bei Tag wirkt die Stadt auf uns sehr einladend. Weiter geht’s vorbei an Brugge zur französischen Grenze. In Calais angekommen sehen wir den Ärmelkanal vor uns. Eine aufgrund des Seegangs turbulente Überfahrt mit der „Pride of Kent“ beginnt. Vom Parkdeck aus können wir mittels Lift auch mit den Rollstühlen bequem das Hauptdeck erreichen. Nun ist Zeit Geld zu tauschen, einen Kaffee zu trinken und dabei zu beobachten wie die weißen Klippen von Dover näher kommen. Phantastisch! In England angekommen also zuerst ein Stopp an den White Cliffs. Es hat aufgeklart und wir können in der Ferne die französische Küste erkennen.In Canterbury umfahren wir die alte Stadtmauer, einige Steine sollen noch aus römischer Zeit sein, und spazieren vom neuen Busparkplatz aus am Fluss entlang zur Kathedrale. Der Stadtführer erzählt uns Episoden aus der langen Geschichte Canterburys; wir hören von Thomas Becket, Heinrich VIII. und tauchen ein die Zeit der Canterbury Tales. Die riesige Kathedrale muss man einmal umgehen um die Dimensionen auf sich wirken zu lassen. Dann rollen wir über einen speziellen Eingang bequem in das beeindruckende Hauptschiff. Es ist kalt und windig geworden, wir waren erfreut dass unser Fahrer Thomas heiße Getränke am Bus vorbereitet hatte. Wir stellen fest: Glühwein wärmt auch Anfang Mai. Unser heutiges Ziel das Capthorne Tara Hotel im Londoner Stadtteil Kensington erreichen wir nachdem wir eine erste Fahrt durchs Londoner Zentrum erlebten. Towerbridge, London Eye, Big Ben und Westminster Abbey stimmen uns auf die morgen anstehende Stadtrundfahrt ein. Die Zimmer im Hotel sind auf die Bedürfnisse unsere Rollstuhlgäste ausgelegt, angenehmes Wohnen für alle. Das vorzügliche Abendessen im gepflegten Hotelrestaurant schließt den Tag ab.

Dienstag 04.05.10 London

Das Wetter sieht freundlicher aus, als uns morgens der Londoner Stadtführer begrüßt. Vorbei am Nobelkaufhaus Harrods geht es zunächst zur London Bridge. Von dort aus sehen wir die Towerbridge über die wir gestern fuhren aus der weltbekannten Perspektive. Dann geht es Schlag auf Schlag Trafalger Square, Buckingham Palace, Picadilly Circus, The Tower,… all die Gebäude und Plätze deren Namen man schon so oft gehört hat ziehen an einem vorbei. Der Tipp unseres Guides die Wachablösung am St. James Palace zu besuchen war super. Gute Sicht, hervorragend auch mit den Rollstühlen zu erreichen und nicht zu vergessen auch mit geeigneten „Örtlichkeiten“ versehen. So kann es also entspannt weitergehen zum zweiten Teil unserer Rundfahrt durch die englische Metropole. Mittags verabschieden wir den netten Stadtführer. Zeit für eine Stärkung! Wir beschließen mit dem London Eye zu fahren. Der Parkplatz an der Belvedere Road ist der ideale Ausgangspunkt dafür. Problemlos rollen wir in die großen Gondeln. Der Blick von über 130m Höhe auf die Stadt ist begeisternd. Die Promenade am östlichen Themseufer läßt es sich prima entlang rollen. Zeit für einen Tee, die unterschiedlichen Passanten und Straßenkünstler zu beobachten oder einfach von unten das Treiben am Riesenrad zu beobachten. Auf der Rückfahrt zum Hotel machen wir noch einige „Umwege“ so geht’s noch vorbei an Downing Street - wird der übermorgige Tag, die Wahl in Großbritannien zu einem Umzug dort führen?, Speakers Corner und Kensington Gardens. Die Kensington High Street verlockt einige von uns vor dem Abendessen noch zu einem Shopping Bummel.

Mittwoch 05.05.10 London – Stonehenge – Amesbury

Über Kensington High Street verlassen wir nun auch London. Unsere Fahrt führt uns vorbei am riesigen Flughafengelände von London Heathrow. Den ersten Stopp haben wir heute in Windsor geplant. Schon bei der Abfahrt vom Motorway sieht man die mächtige Anlage auf einer Erhebung thronen. Der Parkplatz am Bahnhof eignet sich bestens um Schloss und Ort zu erkunden. Mit dem Lift auf das Niveau der Bahnsteige, vorbei an der „königlichen Lok“ aus der Zeit von Queen Victoria und unmittelbar am Bahnhofsausgang steht man vor der Mauer von Windsor Castle. Die Wachablösung, Changing oft he Guard, lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Wir rollen durch das kleine alte Fachwerkviertel von Windsor - toll, aber Kopfsteinpflaster ist nichts für Rollstühle. Auf der modernen Einkaufstrasse geht das schon besser. Zeit erste Reiseandenken zu besorgen. Über Ascot, wo wir natürlich an der Pferderennstrecke halten geht es nun nach Woodhenge. Ja richtig Wood nicht Stone - Wir schauen uns diese wahrscheinlich als Kultstätte angelegte Anlage bequem vom Bus aus an. Die erhöhte Sitzposition ist wieder einmal von Vorteil um einen Gesamteindruck zu bekommen. Nun aber doch zu Stonehenge. Jeder von uns kennt die Anlage aus Filmen oder von Bildern. Wir rollen einmal rings herum. Echt ein Rätsel wie man vor 5000 Jahren Steine so setzen konnte. Dennoch irgendwie wirkt es auf den bekannten Fotos noch gigantischer. Fürs Hotel ist es noch etwas früh, so fahren wir durch Amesbury und folgen dann dem Fluß Avon nach Süden. Eine herrliche Landschaft: schmale, heckenbestandene Strasse, strohgedeckte Häuser, intensives Grün. Nun aber doch zum Hotel. Ein schönes neues Haus, Holiday Inn Stonehenge, liegt etwas gewöhnungsbedürftig zwischen Schnellstrasse und Gewerbegebiet - das geniale Abendessen und die tollen Zimmer sind uns allerdings recht.

Donnerstag 06.05.10 Mottisfont Abbey – Winchester

Unser Chauffeur hat heute seinen gesetzlich vorgeschriebenen fahrfreien Tag. So kommt Mike Powis, einer seiner englischen Kollegen um uns zunächst nach Winchester zu bringen. Kaum Zeit für mich die Gäste auf die Stadt vorzubereiten, da Mike sich als charmanter Plauderer erweist und mit den Gästen interessante Frage Antwort Kombinationen zu englischen Alltagsthemen entwickelt. So beschäftigen wir uns vor Ort; an der King Alfred Statue, am Buttercross und natürlich der Kathedrale intensiver mit der Geschichte und Bedeutung Winchesters. Eine Stadt die schon zu römischer Zeit existierte und nach den Auseinandersetzungen mit den Sachsen sogar einmal englische Hauptstadt war. Der Nachmittag ist für den Besuch von Mottisfont Abbey reserviert. Endlich der erste Englische Garten! Auf dem Weg passieren wir Broadland Estate - Earl Mountbatten und sein aufregendes Leben sind Thema. Mottisfont Abbey ist eine sehr gepflegte Anlage mit einem schönen Tudorgebäude, welches aus einer Abtei hervorging als zentralem Punkt. In den Walled Gardens waren es die Tulpen die uns gefielen. Eigentlich kommt man ja wegen der über 300 alten Rosensorten hierher, die blühen aber leider erst in einem Monat. Was soll’s dann halt etwas eher zum Bus zurück und aus der Bordküche Tee oder Kaffee besorgt welchen man noch gemütlich mit Blick auf die schöne Parklandschaft genießt. Über die Wallops, eine Region die uns wieder mit ihren strohgedeckten Häusern und durch ihre Urigkeit begeistert erreichen wir wieder das Hotel. Wir verabschieden Mike Powis - auch von der „Beifahrerseite“ aus hat er uns sicher chauffiert, es war ein schöner Tag!

Freitag 07.05.10 Salisbury

Salisbury ist nur eine halbe Stunde Fahrzeit von unserem Hotel entfernt. So sind wir der erste Reisebus der auf dem Parkplatz der Stadt einrollt. Elisabeth, unsere Stadtführerin erwartet uns schon. Wir rollen vorbei an Häusern, welche teilweise noch aus dem 16.Jh. stammen auf Cathedral Close, die Domfreiheit, zu. Es heißt, man habe den Platz für den Neubau der Kathedrale mittels Pfeilschuss ermittelt. Der Bau aus silbergrauem Kalkstein wurde in nur 45 Jahren errichtet. Für das 13.Jh. eine außerordentliche Leistung. Wir verbringen viel Zeit in der Kathedrale wo wir den umfassenden Ausführungen Elisabeths lauschen. Wir versuchen auch die Magna Carta, eine Rechtsquelle des 13.Jh. welche die Verfassung mehrerer Staaten in späterer Zeit beeinflussen sollte, zu entziffern. Eines der mindestens 12 Originale die es gegeben hat bildet einen besonderen Kirchenschatz. Im herrlichen Kreuzgang endet unsere Führung. Zurück ins Stadtzentrum wo Fish Row oder Butcher Row an die einstigen Gewerke in den Gassen erinnern. Auch das große Marktkreuz und der prächtig bebaute Marktplatz führen uns die Bedeutung dieser ehemaligen Tuchstadt in vergangenen Jahrhunderten vor Auge. In der Winchester Street lockt uns ein großes Schild auf dem eine von Pferden gezogene Kutsche dargestellt ist - „Coach & Horses“ ein typisch englisches Pub - Lunchtime! Nach dem Essen und einem Pint handgepumpten Bitter nehmen wir uns Zeit um individuell das Städtchen weiter zu erleben. Das planmäßig angelegte Salisbury verdankt seinen schnellen Aufbau nicht zuletzt der aufgegebenen Stadt Old Sarum. Grund genug für uns die Vorgängerstadt zu besuchen. Die Ruinen liegen 2Meilen nördlich von Salisbury auf einem Hügel, der schon in prähistorischer Zeit besiedelt war. Der doppelte Ringwall wirkt noch heute sehr wehrhaft. es erweist sich als gar nicht so einfach die Steigung vom Parkplatz und das Gelände an der alten Burg zu erleben - man hat eben weder unter den Römern noch später unter den Sachsen und Normannen an Rollstuhlfahrer gedacht. Die Fußgänger unter uns sind allerdings vom Ausblick welchen man von den Wällen hat begeistert. Auf der Rückfahrt zum Hotel wählt Fahrer Thomas wieder eine herrliche, sehr schmale Strasse - ein herrlicher Abschluss unseres Aufenthaltes in der Grafschaft Wiltshire.

Samstag 08.05.10 Amesbury – Brighton

Unser heutiges Etappenziel ist das berühmte englische Seebad Brighton. Auf dem Weg dahin wollen wir einige Stopps einlegen. Zunächst fahren wir nach Southhampton. Von hier stach im 17.Jh. die Mayflower in See, der Beginn der englischen Kolonisation Nordamerikas. Natürlich fahren auch wir zu den Docks, wo wir mit der „Ventura“ ein neues gigantisches Kreuzfahrtschiff liegen sehen. An den Resten der alten Stadtmauer entlang geht es zur Brücke über den Itchen River. Die Fahrbahn steigt bei der Flußüberquerung mächtig an, eine gute Gelegenheit einen Überblick über den Hafen und das Mündungsgebiet von Itchen und Test zu bekommen. In Portsmouth angekommen wollen wir an den Historic Dockyards eine Hafenrundfahrt unternehmen. Da aber nur maximal 2 Handrollstühle mitgenommen werden scheitert unser Vorhaben. Macht nichts es gibt hier so viel zu entdecken: die „Victory“ (das Schiff von Admiral Nelson), die „Mary Rose“ aus der Zeit Heinrich VIII., die viktorianische „Warrior“,… Uns hat es der Spinnaker Tower angetan. So fahren wir, hinauf auf die über 100m hohen Plattformen. Der Ausblick ist überwältigend das gesamte Hafengebiet, der Solent und die Küste der Isle of Wight liegen uns zu Füßen. Besonders toll: das freundliche Personal macht für uns eine Ausnahme - wir dürfen über den Glasboden in der unteren Plattform rollen. 100m zwischen den Rädern und dem Boden! Weiterfahrt: An der Seebrücke von Portsmouth noch einen Kaffeestopp und in Chichester nochmal runter von der Hauptstraße um einen Blick auf die Kathedrale und das Marktkreuz zu werfen. Nun aber nach Brighton. Die Küstenstrasse entlang passieren wir die waterfront der Stadt, vorbei am Brighton Pier und am Royal Pavillion erreichen wir das Hotel. Geräumige behindertengerechte Zimmer mit befahrbaren Duschen und ein gutes 3-Gang Menü erwarten uns.

Sonntag 09.05.10 Nymans – Wakehurst Palace

Das Brighton für sein intensives Nachtleben bekannt ist merken wir zumindest indirekt durch Hotelheimkehrer in fröhlicher Lautstärke, welche bis in die frühen Morgenstunden im Hotel eintreffen. Gegen die Restmüdigkeit muss also beim Frühstück diesmal Kaffee statt typisch englischen Tees seine Wirkung entfalten. Wir wollen heute zwei Gärten besichtigen. Zunächst geht es zu Nymans Gardens. Wir sind nach einer halben Stunde Fahrzeit kurz vor 10 Uhr die ersten Besucher und haben die Anlage zunächst für uns allein. Wirklich herrlich; riesige Rhododendron, Magnolien in voller Blüte und in unterschiedlichsten Farben, gepflegte Rasenflächen, riesige Bäume, ausgedehnte Rasenflächen und immer wieder kleine Themengärten eingestreut. Die Ruine des ehemals gigantischen Herrenhauses, ein Kräutergarten und schöne Aussichtspunkte über das Gebiet der South Downs liefern uns das Idealbild des Englischen Gartens. Zum Abschluss stärken wir uns im Gartenrestaurant; Kleinigkeiten wie Sandwich oder Suppe werden dort offeriert. Wakehurst Place mit seiner Pflanzensamenbank ist unser nächster Anlaufpunkt. Es zeigt sich, dass dieser Garten nicht ganz so einfach für Rollstuhlfahrer zu erkunden ist: längere Wege, auf Nebenstrecken auch hin und wieder Stufen die zum Umkehren zwingen. Dennoch auch dieser Park ist eine Freude; mit dem Sumpfgarten, Wassergarten und Himalaya Glade lernen wir noch neue Aspekte der Gartengestaltung kennen. Reichlich abgekämpft geht es zurück zum Bus. In Brighton steigen dann einige von uns auch am Hotel aus um vor dem Abendessen etwas zu regenerieren. Andererseits die angebotene Fahrt hinunter zum Brighton Pier sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Der Bus bringt uns vorbei am Royal Pavillon - ein wirklich bemerkenswertes Gebäude hinunter zur berühmten Seebrücke. Die ist hervorragend für Rollstühle geeignet und über sie zu rollen, den Trubel zu genießen eines der Dinge die man hier getan haben muss. Vorbei am Kneipenviertel „The Lanes“ (hier tobt heute also wieder das Nachtleben) fahren wir ins Hotel zum Dinner.

Montag 10.05.10 Brighton – Dover/Calais – Gent

gebackene Bohnen, gebratener Schinken, Pilze, Toast - zum letzen Mal auf dieser Reise das Full English Breakfast. Es geht entlang der Küstenstrasse vorbei an Hastings und mit einer kurzen Pause in Rye nach Dover. Während der Überfahrt nach Calais sehen wir, wie die heute im Sonnenschein wirklich leuchtend weißen Klippen von Dover immer kleiner werden. Zur Zwischenübernachtung werden wir wieder im ibis Hotel in Gent erwartet. Ein Spaziergang durch die Stadt und ein leckeres belgisches Bier schließen den Tag ab.

Dienstag 11.05.10 Gent – Dresden

Vorbei an Antwerpen und Eindhoven sowie quer durch das Ruhrgebiet verläuft unsere Heimreise. 10 erlebnisreiche Tage und 3000 zurückgelegte Kilometer liegen hinter uns.

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