Reisebericht: Ostsee–Rundreise: Baltikum und Skandinavien

04.07. – 17.07.2018, 14 Tage Rundreise im Reisebus mit Fährfahrten ab/an Kiel – Litauen – Lettland – Estland – Finnland – Aland Inseln – Schweden


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1918 - 2018: einhundert Jahre Republiken Litauen, Lettland, Estland im Kontext ihrer skandinavischen Nachbarn Finnland und Schweden
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

1. Tag, 04.07.2018 von Sachen durch Sachsen–Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg, Schleswig–Holstein nach Kiel

Ein langer Fahrtag von über sechshundert Kilometern lag vor den zunächst noch wenigen Gästen, die sich in Dresden zum Start der Reise trafen. Über Leipzig, an Potsdam vorbei entschieden wir uns, weiter durch Brandenburg und Mecklenburg nach Schleswig - Holstein zu fahren, um eventuelle Staus im Raum Hannover - Hamburg zu umfahren. Dennoch wurde es ein arg zögerliches Fahren, weil - gefühlt zwischen Bitterfeld und Wittstock - die Randstreifen und Fahrbahnmarkierungen erneuert wurden. So war der kleine Ort Fehrbellin im Nordbrandenburgischen (hier schlugen erstmals die Heere des brandenburgischen Herzogs die Schweden) der erste Ort, der uns gedanklich-historisch auf Schweden in deutschen Landen erinnerte.
Zur Stauumfahrung bei Wittstock drehten wir eine Runde durch die Prignitz - für die meisten sicher unbekannte Landschaften. Gegen 18:30 Uhr erreichten wir den Ostufer-Hafen von Kiel. Hier erwarteten uns bereits weitere Gäste, die individuell mit der Bahn angereist waren. Das check-in - Prozedere ist übersichtlich, nach einer Stunde hatte jeder bereits eine Kabine gefunden und konnte sich für einen Blick von Bord auf den Hafen entschließen. Zur Tischzeit des Abendessens 20:00 Uhr im Selbstbedienungsrestaurant erprobten wir uns ein wenig im Schlangestehen ... und bereits 20:20 Uhr (war nicht 21:00 Uhr vorgesehen?) stachen wir in See. Die Schifffahrt führte zunächst durch die Kieler Förde an Laboe vorbei und dann hinaus auf die offene See. Mancher probierte bereits an Bord ein leckeres litauisches Bier aus Klaipeda.

2. Tag, 05.07.2018 über die Ostsee von Kiel nach Klaipeda

Die See wellte sich ein wenig, der Wind blies noch nicht kräftig, die Sonne schien - ein ruhiger Tag an Bord zum Ausruhen, zum Schauen auf den Schiffsverkehr oder zum Suchen von polnischem, russischem und am Ende der Fahrt litauischem Land am Horizont. Gegen Zwölf - wir kreuzten parallel zur Danziger Bucht - zogen Wolken auf, die später die übliche Sicht auf die litauische Küstenlinie eintrübten: zur Rechten die langgezogene Küste der Kurischen Nehrung mit ihrem Sandstrand, frontal die Hafenanlagen Klaipedas und zur Linken die nördlichsten Ausdehnungen des einstigen Memellandes. Einfahrt dann in den Ausgang des Kurischen Haffs zwischen Klaipeda und der Spitze der Nehrung beim Ort Sandkrug, heute Smiltje, wo wir am kommenden Tag zu unserer kleinen Exkursion auf der Kurischen Nehrung starten werden.
Wieder bei Sonnenschein fuhren wir sogleich in die Innenstadt zum Hotel Amberton, einem zweigipfligen Hotelbau mit bis zu zwanzig Stockwerken. Noch vor dem Abendessen bummelten wir zum Fluchtaufenthaltsort des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III. und seiner Frau Luise im Jahre 1807/08, zum ehemaligen Standort der protestantischen Johannes-Kirche und weiter über die preußisch anmutenden Straßen einer Stadtplanung um 1800 zum Simon-Dach-Brunnen mit Ännchen von Tharau. Dies war ein guter Standort, um auf die wechselvolle konfliktreiche Geschichte von Memel-Klaipeda im 20. Jahrhundert einzugehen. Das Abendessen im Restaurant Galerija des K-Centers des Hotels, recht gut zeitlich abgestimmt mit anderen Touristengruppen. Blauer Himmel und das „endlich angekommen" reizte manchen noch zu einem Bummel zum Stadthafen und den Wallanlagen der alten Ordensburg.

3.Tag, 06.07.2018 Kurische Nehrung, Berg der Kreuze

Zeitig, gegen 8:00 Uhr, fuhren wir nach dem Frühstück zur Fähre, um möglichst vor anderen Touristengruppen auf die Kurische Nehrung zu gelangen. Dies gelang vortrefflich. Der nördliche Zipfel der Kurischen Nehrung gehört noch zur Stadt Klaipeda und bald beginnt dann die alle Orte der Nehrung zusammenfassende Großgemeinde Neringa. Hier erwartet uns die Nationalparkwacht, wo man wohl von Jahr zu Jahr mehr löhnen muss. Hinter dem Ortsteil Schwarzort (Joudkrante) stoppten wir, um dem Treiben der sich hier massiv entwickelnden Population von Kormoranen und Reihern zuzuschauen. Nach reichlich einer Stunde erreichten wir dann das Thomas-Mann-Haus im nördlichen Teil von Nidden. Es ist schon eine vortreffliche Lage und mancher konnte sich bei Sonne und Wolken wohl ein wenig in die Familie Mann hineinversetzen: Sonnen auf einer Bank direkt hinter dem Haus auf der Steilküste. Wenige Minuten später erreichten wir mit dem Bus die Hohe Düne, zweithöchste Düne Europas. Bester Blick auf die Dünenhügel hinüber auf den russischen Teil der Kurischen Nehrung, nach Osten auf das Haff und nach Westen auf die Ostsee. Alle Gäste entschieden sich zu einem gemächlichen Spaziergang über den holzbefestigten Weg von der Düne hinunter nach Nida am Haff. Nach einem kleinen Ortsbummel an den braun-blau-weiß gestrichenen Kurenhäusern vorbei, war sogar noch Zeit für einen litauischen Imbiss. An die riesigen geräucherten Brassen traute sich indes keiner heran.
Zur Mittagszeit traten wir unsere Rückfahrt mit dem Reisebus an. Durch Klaipeda fuhren wir zunächst Richtung Kaunas / Vilnjus, um nördlich von Tauroggen (Konvention von Tauroggen / General York, 1812) nach Siauliui abzuweichen. Nördlich dieser Stadt befindet sich der Berg der Kreuze, markanter Ort der Manifestation des Unabhängigkeitsstrebens der Litauer gegenüber Russen seit zweihundert Jahren. Für uns war dies genau der Ort für einen ausgiebigen Stopp mit Besichtigungsmöglichkeit; wenn auch die Meinungen zu diesem Pilgerort sicher weit auseinander gehen. Aber um dies alles zu verstehen muss man tief in die Geschichte der vergangenen mehr als zwei Jahrhunderte zurück und darf nicht bei Oberflächlichem stehen bleiben. Rechtzeitig vor dem Abendessen erreichten wir Riga, die lettische Hauptstadt, und unser Hotel Bellevue; heute ohne mit anderen Gästen am Buffet konkurrieren zu müssen.

4. Tag, 07.07.2018 Riga und Jurmala

Mit unserem Reisebus fuhren wir auf die andere Seite der Daugava, um an der Elizabethstraße unsere kleine Tour zu den markantesten Rigaer Jugenstilgebäuden, zumeist in der Albertstraße und insbesondere von Michail Eisenstein, zu starten. Nach einem Stillstand der Restauration in den Jahres der Wirtschaftskrise ab 2008 sieht man leider nur zaghafte Fortschritte bei der Sanierung von Gebäuden in der Albertstraße und noch weniger in der gesamten jugendstilgeprägten Neustadt. Aber auch bei den noch grauen Fassaden der Gebäude sieht man deutlich die bestimmenden Stilelemente des Jugendstils. Der Reisebus brachte uns anschließend an zahlreichen bedeutenden öffentlichen Gebäuden am einstigen Wall und in der Neustadt vorbei zum Rathausplatz mit dem Denkmal der Lettischen Schützen, die noch immer dort in rotem Granit stehen, weil Sie nicht nur als Lenins Wachelite dienten, sondern sich bereits im 1. Weltkrieg bei der Verteidigung von Riga Ruhm erwarben. Vom Schwarzhäupterhaus bummelten wir bei Sonne zu St. Pauli, durch den Konventhof und dann durch die Richard-Wagner-Straße zur Großen und Kleinen Gilde, dem Katzenhaus, Blick zum Schwedentor, vorbei am Parlament mit dem Barrikadendenkmal, den drei Brüdern und beendeten den Bummel auf dem Platz vor dem Dom einige Minuten vor Zwölf. So hatten wir keine Not rechtzeitig in den Dom zum Piccolo-Orgelspiel zu gelangen.
Nach dem Konzert ist immer eine gute Möglichkeit sich den Kreuzgang und einige Epithaphen anzuschauen. Nach Kulturgenuss hatte jeder die Möglichkeit zu individuellem Bummel und Nahrungssuche, zum Beispiel auch auf dem Markt in und um die Zeppelinhallen. Immer wieder beeindruckend der Fischmarkt: fette Aale inmitten von rotem Kaviar und Lachs. Wem dies nicht so wichtig war, der konnte sich an den zahlreichen Chören erfreuen, die im Zentrum der Stadt wandelnd an verschiedensten Orten sangen - es war Zeit des lettischen Sängerfestivals.
Zur Nachmittagszeit trafen wir uns, um mit dem Reisebus nach Jurmala, dem lettischen Ostseebad zu fahren. Das Ostseebad ist wohl der russischste Punkt unserer Reise; die russische Sprache dominiert im lettischen Jurmala. Wir genossen bei Sonne und angenehmer Wärme die Zeit bei einem Strandspaziergang oder beim Fotografieren von mehr als einhundert Jahre alten Holzvillen oder auch beim Kaffee auf dem menschenreichen Fussgängerboulevard. Beim Anblick manches reizvollen russischen Holzhauses und anderer interessanter Immobilien überlegten wir, wer wohl heute die Besitzer seien - eine NATO-Flagge kündete von einem Nutzer.

5. Tag, 08.07.2018 Gauja Nationalpark mit Burg Turaida

Am Sonntagvormittag verabschiedeten wir uns mit den (CD-) Bach-Orgelklängen des Rigaer Doms von der lettischen Hauptstadt. Nach einer Stunde erreichten wir das Areal des Museumskomplexes Turaida: Burganlage, historisches Dorf und Parkanlage mit einer der ältesten lettischen Kirchen sowie einem Weg durch einen Skulpturenpark. Zunächst stoppten wir am Grab der Rose von Turaida: Zeit diesen Kriminalfall aus dem Jahre 1620 zu erzählen. Gleich nebenan die hübsche Holzkirche und von dort nur wenige Schritte zur Burg des einstigen Schwertbrüderordens. Die rekonstruierten Teile der ehemaligen Ordensritterburg Turaida schildern die Geschichte von Livländern, deutschen Ordensrittern und russischen Eindringlingen. Im Sonnenschein funkelten die roten Ziegelsteine der wieder aufgebauten Burganlage. Vom Burgturm nach schmalen Treppen genossen die meisten einen Blick auf die Livländische Schweiz: grüne Hügelketten und das tiefe Tal der mäandrierenden Gauja. Von der Burg Turaida erreichten wir in wenigen Busminuten im Tal der Gauja mit saftig grünen Wiesen das Gebiet der Gutmann-Höhle. Hier ereignete sich im Jahre 1620 genau jener Kriminalfall, dessen Opfer, die Rose von Turaida, wurde, an deren Grab wir zwei Stunden eher gestanden hatten.
Bevor wir die Region um Sigulda verließen, stoppten wir an der lettischen Bobbahn, die sich am Hang in das Tal der Gauja windet.
Wir lagen gut in der Zeit, so dass wir noch einen Abstecher zur bedeutendsten archäologischen Ausgrabungsstätte Lettlands, Araisi bei Cesis, unternahmen und in anmutiger Wiesen- und Seenlandschaft unsere späte Mittagspause machten. Die Letgalen hatten vor eintausend Jahren hier auf einer Insel Holzbauten errichtet. Später baute der Deutsche Orden eine Burg, deren Mauerreste heute wieder zu sehen sind. Im angrenzenden Wäldchen wurden letgalische Hütten neben Feuerstätten errichtet - alles erinnerte ein wenig an Pionierferienlager.
In zügiger Fahrt, nochmals mit Orgelmusik, über wenig befahrene Straßen und ohne vorhandene Tankstellen, durch eine grüne Landschaft erreichten wir noch deutlich vor dem Abendessen das Hotel Dorpat in Tartu, dem ehemaligen Dorpat. Die Nähe zur Innenstadt animierte einige bereits vor dem Abendessen zu einem Bummel dahin. Nach Sonnentagen hatte es sich jedoch bezogen und ein wenig abgekühlt.

6. Tag, 09.07.2018 Tartu, Tallinn

Mit Eda, unserer örtlichen Reiseleiterin starteten wir zu Fuß vom Hotel zu unserem kleinen Bummel durch den estnischen Universitätsstandort Tartu. Am Elmbach entlang ging es zum Brückenkopf der ehemaligen Steinbrücke, seit Jahrzehnten eine Stahlbogenbrücke, über deren Bögen die hiesigen Studenten Mutproben wagen. Vom Rathaus dann leichter Aufstieg auf die Hügel mit Gebäuden der Universität und der Engels- und der Teufelsbrücke. Der Dom des ehemaligen Bistums Dorpat ist großartige Ruine im westlichen Teil und wird dieser Tage als Aufführungsort für Umberto Ecos „Im Zeichen der Rose" genutzt. Der ausgebaute Ostteil reichte der Universitätsbibliothek nicht mehr, so dass sich das Universitätsmuseum darin befindet. Vom Dom stiegen wir hinab zur Universität mit dem Denkmal des Schwédenkönigs Gustav II. Adolf und weiter ging es zur Johanniskirche mit ihren Terrakotta-Köpfen als Schmuck. Über die Rüütli, die Ritterstraße, gelangten wir dann zügig zum Rathaus. Nach einer individuellen Mittagspause und Schokoladekauf bei Kalev - dem estnischen Ritter - ging es mit dem Reisebus zweihundert Kilometer nach Tallinn. Einen Stopp machten wir am Sängerfestplatz mit seiner großen Bühne (der Muschel), wo seit Jahrzehnten das seit 1869 traditionelle Sängerfestival Estlands stattfindet und 1989 die „singende Revolution" mit dreihunderttausend Beteiligten eingeleitet wurde. Um die Zufahrt verkehrsgerecht zu erreichen kreuzten wir am Ostseeufer zwischen Rusalka - Denkmal und ehemaligem Olympischen Dorf (1980) der Segler. Bald erreichten wir unser Park Inn by Radisson - Hotel zwischen Hafen und Viru-Tor im Stadtviertel Roterman, so dass alle noch die Chance für einen vor-Abendessen-Spaziergang in der Altstadt hatten oder dies in die noch Weißen Nächte verschieben konnten.

7. Tag, 10.07.2018 Tallinn

Wir starteten unseren dreistündigen Fußweg vom Hotel Park Inn Central Richtung Viru-Tor, einem der traditionellen Zugänge zur Unterstadt, vorbei am Quartier Roterman einer architektonischen Fusion alter Industriebauten in Kalkstein und von Glas, Beton und rostendem Stahl des neuen Jahrtausends. Auf traditionellem Wege bogen wir von der Viru hinter dem Tore ab, bummelten entlang eines Stückes der Stadtmauer, durch den Katharinengang am einstigen Dominikanerkloster vorbei. Alte Handels- und Lagerhäuser, die Häuser der Gilden, das hiesige Schwarzhäupterhaus und bald standen wir am Langen Bein, um die Oberstadt, Tompea, zu erreichen. Nachdem am Vortage wohl vier Kreuzfahrschiffe vor Anker lagen, war es heute viel ruhiger ohne die häufig tausenden Kreuzfahrer.
Die Bastion Kick in de Köck, der Lange Hermann als alter Burgturm, das Schloss aus der Übergangsphase von Spätbarock zu Klassizismus und die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kirche prägen das Bild eines Teils der Oberstadt. Der andere Teil wird bestimmt durch die Paläste der einstigen Ritter, Adligen und Großgrundbesitzer, zumeist Deutsch-Balten und einiger Schweden. Dieser Teil der Oberstadt ist somit deutlicher geprägt von deutschen (deutschsprachigen) Traditionen. Die Oberschicht war Herr („Saks") und kam maßgeblich aus Niedersachsen. Von zwei schönen Aussichtskanzeln genossen wir den Blick auf die Altstadt und die Ostsee, wo wir am Folgetag nach Helsinki aufbrechen werden. Nach kurzem Verweilen im Garten des Dänischen Königs schritten wir über „Kurzes Bein" wieder hinab in die Unterstadt, einst Reval. Zwischen dem Rathaus und den Renommierlokalen „Peppersack" und „Olde Hanse" beendeten wir unseren gemeinsamen Bummel und jeder konnte sich aus der Riesenanzahl von Lokalitäten das Seinige aussuchen. Aber, ob das noch typisch Estnisch ist?
Am Nachmittag hatte jeder individuell Zeit für intensiveres Bummeln zu Bernd Notkes Altaren in Nikolai- und Heiliggeistkirche, auf der Stadtmauer oder hinauf zum Aussichtsring der Olav-Kirche und natürlich zum Genießen der Gastronomie mit wahrlich westeuropäischen Preisen.

8. Tag, 11.07.2018 Helsinki

Es ist nur knapp ein Kilometer vom Park Inn Hotel bis zum Terminal D des Tallinner Hafens, von dem die Fähren zur Fahrt über den Finnischen Meerbusen nach Helsinki die Anker lichten. Selbst die große Fähre „Star" nennt sich Shuttle, mit der wir bei zunehmender Sonne und fast glatter See die finnische Hauptstadt Helsinki erreichten. Vom neu gestalteten Westhafen in einem in diesen Jahren entstehendem Hafen-Wohngebiet fuhren wir zum zentralen Kanava-Terminal unterhalb der Uspenski-Kathedrale. Die Busfahrt ermöglichte uns einen Blick auf vorgelagerte Schären, manchen abgeschliffenen Riesengranit und schon in einige Straßenzüge der Innenstadt. Unsere Stadtrundfahrt mit unserem Bus führte uns zunächst durch Straßen der Innenstadt, wie der Esplenade und dem Mannerheim-Boulevard, Richtung Olympiastadion von 1952 mit Nurmi-Statue. Als nächstes machten wir dann einen Stopp am Sibelus-Denkmal - symbolisierte Orgelpfeifen ergeben einen schwebenden Klangraum in der Natur. Gute Konzerte kann man in der Felsenkirche hören; Grund für uns, dieses baulich interessante Werk einer in den Felsen gesprengten und mit einer Glaspylone und Kupferdrahtschirm abgedachten Kirche zu besichtigen. Zum Schluss der zweistündigen Tour stoppten wir am Senatsplatz mit Dom, den der Berliner Architekt Engel im Stile des Neoklassizismus entwarf. Gegen sechszehn Uhr erreichten wir unser Hotel Scandic Grand Marina in einem alten Lagerhaus am Stadthafen. So war noch drei Stunden Zeit für individuelles Erkunden von Helsinki: nochmals zum Dom?, die Esplanade hinauf und hinab?, zum Markt mit historischer Markthalle und zur Uspenskikathedrale, die einst Zar Alexander der III. einweihte? Jeder fand sein individuelles Ziel; acht Gäste nutzten die Zeit für einen individuellen Ausflug mit der Stadtfähre zur Insel mit der Seefestung Soumenlinna, die heute unter Unesco-Welterbeschutz steht.
Im Marina-Hotel dann wieder Beisammensein und wie gewohnt schmackhaftes und alternativenreiches Abendessen vom Büffet.

9. Tag, 12.07.2018 Porvoo, Lohja, Turku

Bei Sommerwetter starteten wir bereits 9:00 Uhr in diesen Reisetag, der die zweitälteste finnische Stadt am Finnischen Meerbusen (Porvoo) zum Ziel hatte. Kleiner Stadtbummel auf der Einfamilienhausseite gegenüber den Salzhäusern und dann steil hinauf zum Dom. Wie immer empfing uns eine Orgelmusik beim Betreten des Domes in Porvoo. Dann war noch eine Stunde Zeit zum individuellen Bummeln in den drei Gassen der Ende des 18. Jahrhunderts gebauten Altstadt mit netten Holzhäusern und heutzutage manchem touristisch orientierten Souvenirstand. Auf der Fahrt nach Turku stoppten wir an der Feldsteinkirche von Lohja aus dem 15. Jahrhundert mit Secco-Malerei, die zu den bedeutendsten Kirchen Finnlands gehört. In Turku erwartete uns die größte Kirche Finnlands (Dom von Turku), Zeichen der Christianisierung des Landstriches im 13. Jahrhundert, an deren Seite dem Luther-Schüler und hiesigen Reformator Agricola ein Denkmal gewidmet ist. Letzte gemeinsamer Stopp für diesen Tag an der fast achthunderte Jahre alten Burg von Turku; im 13. Jahrhundert errichtet und in Renaissancezeiten mit einem Schlossbau erweitert. Für einen Augenblick sahen wir einem Mittelalterspektakel (ohne Spektakel) an der Westseite der Burg zu. Unser Hotel Scandic liegt zentral in der Innenstadt und so hatte jeder die Möglichkeit, am Fluss Aurajoki zu bummeln oder finnische Mehrwertsteuer (24%, Lebensmittel 14%) beim Shopping zu entrichten.

10.Tag 13.07.2018 mit der Fähre von Turku auf die Aland–Inseln

Der Tag begann sechs Uhr mit einem kleinen Frühstück; bereits wenige Minuten nach Sieben erreichten wir den Silja-Hafen unterhalb der Burg von Turku, die wir am Vortage kurz visitierten. An diesem Freitagmorgen waren wir die einzige Busgesellschaft und kurz nach acht Uhr stachen wir in See. Mit einer Fahrt durch die Hafeneinfahrt voller kleiner Inselchen begann unsere vormittägliche Schiffstour durch die finnischen Schären bei Sonne - also viele Gäste auf dem Sonnendeck. Manchmal schien das Fährschiff fast den Granit der Schären zu schrammen. Nach über fünf Stunden Fahrt erreichten wir ganz sicher und bei fast dreißig Grad Mariehamn auf den Aland-Inseln. Mit Ann-Christin ging es durch die Straßen voller Holzhäuschen der einzigen Inselstadt und weiter über neu gebaute Straßen zu einer Feldsteinkirche mit Seccomalerei, deren Pendant auf dem Festland wir in Lohja am Vortage auch gesehen hatten. Unser Ziel war der westlichste Inselpunkt mit dem Dorf Eckerö. Der Fotostopp an der Post- und Zollstation aus zaristischer Zeit war für manchen verbunden mit einem Schuhe-aus und Abkühlen im Ostseewasser. Nächster Fotostopp am Wasserturm mit Blick auf die Inselwelt; unter uns lag der 4000-Tonnen- Segel-Frachter „Pommern", auf welchem sich Alander Seeleute auf langen Weizen-Routen noch im 20. Jahrhundert verdingten. Bis zum etwas späten Abendessen hatte jeder dann noch Zeit für einen Bummel durch die eher neue Stadt oder zur Marina mit Badestrand.

11. Tag, 14.07.2018 Aland–Inseln und Überfahrt nach Stockholm

Unser erstes Reiseziel auf der Hauptinsel - die Alander sagen sogar Festland im Unterschied zu den anderen Inseln, die sie als Archipel bezeichnen, dazu - war der Fuß der Burg Kastelholm. Um sie herum bummelten wir durch liebliche Sommerlandschaft zu einer Ansammlung alter Bauernhäuser unterschiedlicher Besitzstände; eben bei Herrn Puntilla und seinem Knecht Matti. Der Puntilla entpuppte sich dann als Uve Koslowski, manchen Gästen bereits von anderen Reisen bekannter örtlicher Reiseleiter auf Aland. Zweite Hauptattraktion dieser Halbtagestour war die ehemalige Festung Bomarsund. Vom Wall der 1854 geschliffenen russischen Seefestung hatten wir eine tolle Rundumsicht auf die buchtenreiche, zerklüftete Landschaft zwischen der Ostsee und Aland.
Am späten Mittag bestiegen wir die Galaxy-Fähre der Silja-Line und erlebten, wie aus Turku absteigende Schiffsgäste gleich in ein anderes Schiff nach Turku; und Stockholmer Gäste wiederum nach Stockholm, geleitet wurden. Im Marketing-Kauderwelsch wird dies als "Tagescruise" vermarktet, das schwedische Personal nennt dies Picknickfahrt, wegen des zollfreien Einkaufs an Bord. Aber, das zweimal fünfstündiges Picknick während der Fahrt  in erster Linie aus Alkohol besteht? Umweltpolitisch: Resourcenverschwendung! Die Fahrt geht nach einigen Seemeilen in recht offenem Gewässer wieder hinein in die Stockholmer Schärenwelt. Die Wasserstraße mutet eher wie ein Flusslauf in Sibirien an, wenn nicht die hübschen Holzhäuser immer mal wieder am Uferrand stehen würden, die doch sehr auf Skandinavien hinweisen.
Am frühen Abend dann Ankunft in Stockholm und nur ein Sprung zum Scandic-Hotel gleich neben der Pier. Beim Abendessen sahen wir dann die Galaxy unter / neben uns wieder auslaufen.

12. Tag 15.07.2018 Stockholm

Nach einem ruhigen Frühstück - vielleicht ein Ergebnis des Hotelwechsels zum Scandic Ariadne - fuhren wir mit dem Bus zum Stadthaus, dem üblichen Treff mit unseren örtlichen Reiseleitern. Mit Benedikta für Alexandra begannen wir die Tour mit einem Bummel am Statthuset mit seiner (italienischen?) Plaza im Innenhof und mannigfaltiger Gestaltung an der Fassade, so dass sich das Gebäude keiner Baustilepoche so recht zuordnen lässt. Dann Stadtrundfahrt durch die neuere Innenstadt, die Ostinsel mit Botschaftsresidenzen, auf die Tierparkinsel mit Museen, Skansen und Greenland Freizeitpark. Fahrt über die Südinsel, eher die Szeneinsel,  und Ausblick vom "Berg" oberhalb der Anlegestelle für kleine Cruiser wie die "Deutschland" auf die Stadt. Gemeinsam bummelten wir über den Schlosshof nach Gamla-Stan: natürlich zur deutschen Kirche und zum Hauptmarkt. Wie sonntags üblich war zu 13:15 Uhr das Interesse an der Wachablösung am Schloss groß - nicht nur bei uns, so dass mancher eher die hochgereckten Arme der Fotografierenden als die Wachsoldaten fotografierte. Am heißen Nachmittag dann Besichtigung des beeindruckenden Wasamuseums. Irgendwie war dann die Kraft bei über dreißig Grad heraus und bei manchem die Lust groß, zum Finale der Fussball-Weltmeisterschaft an den Fernseher im Hotel zu kommen.

13. Tag, 16.07.2018 von Stockholm nach Göteborg

Bei strahlender Sonne und mehr als dreißig Grad verließen wir Stockholm Richtung Göteborg. Für diese Fahrt gibt es zwei gleichlange Verbindungen: über die A4 oder die A20. Wir entschieden uns für die Variante A4 um ein wenig Götakanal zu sehen. Eine erste Abfahrt brachte uns an einem Golfplatz zwar die erste Sicht auf den Götakanal aber noch nicht den angestrebten Platz. Diesen erreichten wir gegen Mittag bei Berg. In der mehrstufigen Schleuse befand sich sogar ein Boot für das Erinnerungsfoto. Weiter ging es am Vätternsee vorbei. Planzeit 16 Uhr - wir schafften es exakt. Der check in und die Kontrolle hatten sich wieder etwas verändert, aber letztlich erreichten wir in kurzer Zeit das Schiff und unsere Kabinen. Für alle war noch gut Zeit zur Hafenschau von Floor 11 der Stena-Line. Um 18:45 Uhr zur Ablegezeit fanden wir uns zum reichhaltigen Büffet ein. Nach einundeinerhalben Stunde wurden die Zapfhähne abgestellt und die meisten eilten an die Reeling zum Abschiednehmen bei Restsonne.

14. Tag, 17.07.2018 von Kiel nach Dresden

Bei ruhiger See fuhren wir in die Kieler Förde mit etwas Verspätung. In Kiel Abschied von den ersten Gästen, die individuell nach Südtirol und NRW weiterreisten. Auf bekannter Route durch Mecklenburg, Brandenburg fuhr der Bus Richtung Leipzig. Zwei Eberhardt-Busse waren zu gleichen Ankunftszeiten an einigen Orten geplant, so dass die Transferfahrzeuge in die „Provinz" Gäste beider Busse mitnehmen können. Da heißt es, nicht mit üppigen Pausen bummeln, aber auch nicht schneller zu sein als es der „Fahrplan" vorgibt. Wir orientierten uns erstmalig an Fehrbellin und dann auf 16 Uhr in Leipzig und eine Landung zu 18 Uhr in Dresden.
So beendete sich eine Rundreise um die Ostsee mit ca. 3380 Buskilometern ab/an Dresden und vielen Seemeilen mit Fähre voller konfliktbeladener Historie einstiger Großmächte im Ostseeraum einhundert Jahre nach der ersten Unabhängigkeit von Litauen, Lettland, Estland und Finnland.
Danke und bis zur nächsten Reise alles Gute. Ihr Dr. Jürgen Schmeißer
Lesetipp:
Karl Schlögel: Das sowjetische Jahrhundert. München 2018

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