Reisebericht: Silvester in der Slowakei – Wintermärchen Hohe Tatra

29.12. – 03.01.2017, 6 Tage Silvesterreise mit Besichtigungen von Kezmarok (Käsmark) – Hohe Tatra – Strbske Pleso (Tschirmer See) – Spis (Zips) – Levoca (Leutschau) – Hrebienok – Poprad (Deutschendorf)


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Die Hohe Tatra und das historisch interessante Zipser Land mit Schnee unter blauem Himmel - das Wintermärchen einer Silvesterreise mit Silvesterfeier auf 1100 Meter Höhe
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

29.12.2016 Krakau und Fahrt in die Hohe Tatra

Nach einem teilweise recht regnerischen Weihnachtsfest und Nachweihnachtstagen trafen sich 34 Gäste, um in Erwartung einer deutlichen Abkühlung die Silvesterreise in die slowakische Hohe Tatra anzutreten. Auch sollte es geschneit haben, was dem Titel der Reise „Wintermärchen" tatsächlich gut entsprechen würde - aber wird es auch tatsächlich so werden?
Bei aufgehender Sonne erreichten wir den Görlitzer Stadtrand und sahen die Spitzen von Iser- und bald des Riesengebirges hinter tiefliegendem Nebel aufragen. Recht zügig ging es die Autobahn an Breslau, Oppeln und Gleiwitz vorbei; wir durchfuhren Kattowitz und waren am zeitigen Nachmittag in Krakau. Nach reichlich sieben Stunden Busfahrt ab Dresden mit einigen gedanklichen Ausflügen in die Geschichte des osteuropäischen Nachbarn und ihrer großen Königshäuser der Piasten und Jagiellonen sowie einem kleinen Blick auf aktuelle Entwicklungen in Polen, erreichten wir die alte polnische Hauptstadt Krakau. Bei zunehmender Kälte konnten wir neben der Weichsel unterhalb des Wawel, dem Krakauer Königsschloss, parken. Ein kleiner Spaziergang führte uns zum großen, ursprünglich im Mittelalter entstandenen Marktplatz, dem Rynek, mit Bürgerhäusern, den Tuchhallen und der Marienkirche. Nach etwas Bummelfreizeit auf dem Rynek mit duftenden Wurst- und Fleichleckereien sowie Glühweinständen besuchten wir die Marienkathedrale mit ihrem von Veit Stoss geschnitzten Hochaltar. Pünktlich zum Trompetensignal des „Hejnal" standen wir zum Abschied nochmals unterhalb der Türme und winkten dem Trompeter zum Dank und Abschied zu. Ein kleiner Bummel führte uns danach über den Kleinen Rynek, an der Dominikaner und Franziskanerkirche vorbei zum Bischofspalast, wo noch immer Kardinal Wojtila aus dem Fenster lächelt.
Eine vierstündige, abendliche Busfahrt brachte uns zunächst Richtung Zakopane, dann über Bukowina Tatranska, Lysa Polana und Zdiar vorbei an den Bergen der Weißen Tatra nach Stary Smokovec zum Hotel Bellevue. Nach langer Reisezeit wurden wir schnell müde; weder die Hotelbar, noch die Schwimmhalle konnten uns zu einem langen Abend verführen.

30.12.2016 im Banne der Weißen Tatra im Goralendorf Zdiar und in Kezmarok

Roter Sonnenaufgang, blauer Himmel und in diesem Jahr sogar weiße Berghänge und Zipfelmützen auf manchem Baum gleich hinter dem Hotel Bellevue mit Blick auf den Gerlach, den höchsten Tatragipfel. Unser Vormittagsziel war der Goralenort Zdiar am Rand der Weißen Tatra. Leider sind die klassischen Holzhäuser der Goralen mit blauer und weißer Bemalung und roten Fensterrahmen doch recht wenige geworden, aber mit Danielas Hilfe entdeckten wir einige. Einen kleinen Eindruck von den bergbäuerlichen Traditionen der Goralen konnten wir im kleinen goralischen Museum bei einer Besichtigung gewinnen. Das brachte uns dann auf eine Idee: Wie wird denn wohl eine goralische Hochzeit gefeiert - wie sehen denn so manche Reisegäste in goralischer Tracht aus? Der nichtanwesende Leser ahnt nun, was wir veranstalteten - der Anwesende erinnert sich mit einem Schmunzeln an ein Brautpaar, das eher „ja, aber" sagte und einen würdigen Priester aus unserer Mitte. Das musste dann natürlich noch mit einem Demänovka begossen werden. Bei strahlender Sonne bummelten wir in der Vorbereitungszeit der Überraschungen zu zwei weiteren Goralenhäusern oberhalb von Zdiar im Anblick der Gipfel Zdiarer Gabel und Havran. Nach dem Mittagessen im besten Haus am Platze von Kezmarok, dem Hotel Hviezdoslav, war die gut erhaltene Burganlage der alten Zipser Handelsstadt Kezmarok unser Ziel. Vorher schnell noch ein Fotostopp an der katholischen Kirche mit dem prächtigen Renaissanceglockenturm. Mit viel Interesse durchquerten wir auf der Burg die Räume mit Zeitzeugnissen der Geschichte, die auch durch Schwaben und Sachsen geprägt wurde. Die Burgapotheke gehört sicher zu den markantestes Ausstellungsabschnitten. Fasziniert waren wir von einem hundert Jahre alten Röntgenapparat und originalen Röntgenfotos jener Zeit, als man die schädigende Wirkung der Strahlung noch nicht kannte und gar Föten röntge. Die wenigen Schritte zur protestantischen Artikularkirche fuhren wir mit dem Bus. Wie kommen aber protestantische Kirchen in die katholische Slowakei? Diese Frage beantworteten wir beim Besuch der Artikularkirche, die aus dem späten 17. Jahrhundert stammt. Es schließt sich ein großer Geschichtsbogen von Reformation und Gegenreformation im Kulturraum von Deutschen, Polen, Slowaken, Tschechen, Ungarn; ja auch von protestantischen Dänen und Schweden, die einst für diese Kirche spendeten. Nicht umsonst gehört diese Kirche zum Unesco-Welterbe. Interessant aber auch der vorherige Besuch in der benachbarten „neuen" protestantischen Kirche, einem Bau aus der Zeit des Historismus, mit baulichen Anleihen in der Romanik, Gotik, Renaissance und im Orient und geschichtlichen Bezügen zu den ungarischen Kuruzzen - der „Kapitän vom Tenkesberg" ließ grüßen.
Nach der Rückkehr am späten Nachmittag hatten wir uns auf zeitiges Abendessen geeinigt, so dass anschließend noch Zeit zum Baden im Hotelpool oder auch nur zum Ruhen bei einem Gläschen Borovicka oder Wein war. Bei Minusgraden verschlug es wohl keinen vor die Tür zu einem Bummel durch Smokovec.

31.12.2016 Silvestervormittag in Strbske Pleso und Jahreswechsel in 1100 Meter Höhe

Bei Sonnenschein und blauem Himmel fuhren wir mit dem Reisebus von Smokovec die Tatrastraße entlang, vorbei an all den, ehemaligen Osttouristen bekannten, Orten und Sanatorien am Fuße der Berge nach Strbske Pleso. Viele Gäste erinnerten sich dabei einstiger Wanderungen, Übernachtungen, der Freude über gutes Bier am Ende einer Wanderung und zahlreicher Begebenheiten am Gerlach, dem Schlesischen Haus, auf dem Campingplätzen und auf langen Wegen zum Rysy oder Krivan. Vom Bahnhof bummelten wir zum vereisten Strbske Pleso-(See) und genossen die Ansicht von Krivan, Solisko und Patria mit den legendären Wandertälern Furkotska und Mühlental. Entsprechend der unterschiedlichen Kutschabfahrtszeiten bestand nun die Möglichkeit zur Planung eines Bummels am See, zu den Skisprungschanzen oder auch nur entlang der Verkaufskioske und zum Trinken eines heißen Honigweins. Nach vielen Jahren nun erstmals unternahmen wir die Fahrt tatsächlich als Schlittenfahrt und drehten in Quartettbesatzung eine Runde am See, dem Patria-Hotel und einem ehemaligen Sanatorium vorbei. Bei Honig- oder Glühwein und individueller Imbissgestaltung und in Erwartung eines üppigen Sylvestermahles am Abend warteten wir auf die Tatrabahn 13:13 Uhr. Mit dieser recht modernen Elektrischen fuhren wir die kaum zwanzig Kilometer hinab nach Smokovec. Schöne Aussicht dabei zu den Gipfeln der Hohen Tatra, hinüber zu den östlichsten Bergen der Niederen Tatra und auf die nun langsam wieder wachsenden Neuaufforstungen nach dem Orkan des Jahres 2004. Der weitere Nachmittag dann ganz individuell im Hotel, Sauna, Pool oder im Bett.
Ab 19:30 Uhr dann im Kongresssaal die, drei Generationen und Gäste aus der Slowakei, Tschechien, Deutschland und Russland vereinende Silvesterfeier unter dem Motto „Schönes Jahr 2017". Galamenü in 4-Gängen, Mitternachtsbuffet mit Fingerfood und Spanferkel, alle Getränke inklusiv und unbegrenzt; Live-Band, Programmeinlagen durch Tänzer, Sänger und eine Abba-Adaption. So ist eine Silvesterparty für dreihundert Gäste vorrangig im Alter von 45 Jahren mit Liveband eine tolle abwechslungsreiche Sache, aber vielleicht für eine Minderheit unter der Saalminderheit von Siebzigjährigen etwas laut und nicht unbedingt familiär-gemütlich. Gegen ein Uhr dann eine Verlosung von Preisen. Dabei ging ein kleiner Preis und der Trostpreis - eine Marzipan-Schokoladentorte - an Eberhardt-Gäste. Losglück zu Jahresbeginn - ein Zeichen für Glück und Gesundheit im Neuen Jahr?
Im Bericht des Vorjahres stellte ich an dieser Stelle die Frage „Wie wird es mit Europa weitergehen?" und dachte dabei eher noch optimistisch. In diesem Jahr ist es Sprachlosigkeit und Traurigkeit, wenn ich an eine kleiner gewordene Reisewelt und meine Kollegen in der Türkei denke ....

01.01.2017 Neujahrstag auf dem Hrebienok und in Poprad – ein fakultatives Programm

Bei - wie an bisher allen Tagen - blauem Himmel starteten wir zu Fuß den etwa ein Kilometer langen Weg durch das Zentrum von Stary Smokovec zur unteren Bahnstation der Bahn auf den Hrebienok. In wenigen Minuten fuhren wir auf Gleisen hinauf zum Hrebienok in 1.285 Meter Höhe. Im Sonnenschein präsentierten sich die Tatragipfel inder Nähe der Lomnitzer Spitze und über dem Kleinen und Großen Kaltwassertal. Eine spektakuläre Inversionswetterlage schichtete Wolken über dem Poprader Becken und ließ die Gipfel des Slowakischen Paradieses und der Leutschauer Berge daraus hervortreten. Im Südwesten ragten die östlichen Gipfel der Niederen Tara hervor. Die Möglichkeit in wenigen hundert Metern die Bilikova-Hütte zu erreichen nutzen bei sicherem Schneeweg doch einige und mancher bummelte einige hundert Meter auf der Tatra-Magistrale, einem traditionellen Wanderweg unterhalb der Gipfel. Wohl alle Gäste schauten sich die eisige Pracht eines Märchenschlosses und eines überdimensionierten Bären in den Igloos neben der Berghütte an.
Nach einem kurzen Intermezzo wieder im Hotel starteten wir am späten Mittag nach Spisska Sobota / Deutsch Georgenberg, einem Stadtteil von Poprad. Rund um Kirche und Renaissanceglockenturm sind entlang des langen Platzes bestens rekonstruierte regionaltypische Häuser der Handwerker und klassizistische Bauten wohlhabender Händler vereint. In einem traditionellen Haus - heute Pension und Restauration nahmen wir einen „kleinen" typisch Zipser „Imbiss" ein, der sich dann doch als recht üppiges Mahl herausstellte. So verlegten wir die abendliche Tischzeit um zwei Stunden. Das verschaffte uns ausreichend Zeit für einen Bummel durch die Innenstadt von Poprad, wo wir uns an der weihnachtlichen Illumination erfreuten und auch am Denkmal für die Opfer des 21. August 1968, dem Tag des Einmarsches von Armeen der Warschauer Vertragsstaaten in die Tschechoslowakei, stehen blieben.

02.01.2017 im Zipser Land: an der Zipser Burg und in Levoca

An jener Stelle, wo wir noch einen Fotostopp unterhalb des Tatrapanoramas machen wollten, waren wir bereits tief in den Wolken einer Inversionswetterlage verschwunden. Also ging es recht schnell Richtung Zipser Land, zunächst durch Levoca weiter Richtung Osten. Nach einer Fahrstunde erreichten wir Spisska Kapitula, den Bischofssitz mit der altehrwürdigen Kirche St. Martin. Nach der Besichtigung nur mit vager Sicht auf die Zipser Burg fuhren wir über Spisske Podhradie zur Kirche von Zehra. Die romanisch- frühgotisch geprägte Dorfkirche mit jahrhundertealten Fresken ist seit 1993 UNESCO Weltkulturerbe - gemeinsam mit der Burg und dem Kapitel Spisska Kapitula. Mit musikalischer Untermalung aus dem Zigeunerbaron durchfuhren wir auf dem Wege dahin Dörfer, deren Leben heute durch Sinti und Roma bestimmt wird. Zur Mittagsstunde erreichten wir ein Aussichtsplateau gegenüber der Zipser Burg - bestens geeignet für Fotografien mit Strächern und Bäumen voller Rauhreif. Für 13 Uhr hatten wir Einlass in die Kirche St. Jakob von Levoca organisiert, was wir bestens erreichten. Dann hatten wir die Schlüsselgewalt für eine Besichtigung von St. Jacob. Der bekannte spätgotische Hochaltar wurde vor zwei Jahren rekonstruiert, aber auch die zahlreichen anderen Altare wirkten mittlerweile entstaubt - hervorragende Weltkunst des Meisters Paul von Leutschau. Die anschließende Zeit gestalteten wir individuell: Bestaunen der Bürgerhäuser, Einkauf und Restaurantbesuche.
Mit dem Restlicht des Tages fuhren wir über Poprad zurück nach Smokovec - für einen Fotostopp war es jedoch nicht mehr ausreichend, aber die Tatraberge konnten wir noch mit rötlichem Wolkenschleier erahnen.
Mit dem Reisebus fuhren wir am Abend den reichlichen Kilometer zum umfangreichen Abendessen in der Koliba - einer typischen Tatrawirtschaft in Holz, mit viel Arbeitsgerät der Bevölkerung an der Wand und offenem Holzkohlegrill. Tatratee, Schafskäse als Vorspeise, Krautsuppe, Hähnchen vom Grill, ein Stück Torte und recht viel slowakischem Wein bei melancholischer und lustiger Zigeunermusik rundeten den letzten Abend der Reise gastronomisch üppig und kulturell ab.

03.01.2017 Heimfahrt durch Kleinpolen und Schlesien

2014 hatte es gereicht, zu gutbürgerlicher Zeit mit dem Bus unsere fast siebenhundert Kilometer lange Rückfahrt anzutreten. 2015 - offenkundig durch die Sonnabend-Rückfahrt von Individualtouristen - und 2016 durch den Vorstau von LKW zum sonntags fahrverbotenen Deutschland - benötigten wir wesentlich mehr Zeit und kamen mit Verspätung in Deutschland an. Was tun im Jahr 2017? Wir starteten 8:40 Uhr und kamen an Krakau, Katowice und Breslau vorbei mit reichlichen Pausen bestens bis zur deutschen Grenze. Die bekannte Fahrstrecke umspielten wir mit ein wenig leichter Klassik von Johann Strauß und Adaptionen durch Nigel Kennedy.
Leicht überpünklich erreichten wir Dresden am Abend in der Hoffnung, dass es die Thüringer Gäste noch bis Mitternacht nach Hause schaffen.
Es bleiben beste Reiseerinnerungen an eine Silvesterreise mit winterlicher Hoher Tatra unter blaurem Himmel. Bis zum Wiedersehen bei einer Reise mit Eberhardt Travel.

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht