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Der Göta-Kanal – Schwedens etwas andere Touristenattraktion

Von Dr. Michael Krause, 12.06.2023
historischer Dampfer Wilhelm Tham auf dem Göta-Kanal in den Schleusen von Berg  – © Martin Büchner - Eberhardt TRAVEL
Einmal quer durch Schweden mit dem Boot – direkt von dem zur Nordsee gehörenden Skagerrak in die Ostsee oder umgekehrt – das klingt unglaublich, ist aber möglich! Schwedens größtes Bauvorhaben der Geschichte schafft diesen unerwarteten Höhepunkt in dem skandinavischen Land.

Eine Kanalfahrt der besonderen Art im südlichen Teil Schwedens bietet unter anderen Schiffen die "Juno", ein traditionsreicher, 1874 in Dienst gestellter, Dampfer, der zu den ältesten noch aktiven Passagierschiffen der Welt zählt. In einer geruhsamen, vier Tage dauernden Reise durchquert man Schweden von der Ostsee bis zur Nordsee.

Der Göta-Kanal, in über 20-jähriger Arbeit Anfang des 19. Jahrhunderts von 58.000 schwedischen Soldaten gegraben, ermöglicht diese besondere Fahrt. Auf einer Länge von knapp 191 km legt man die Wasserstrecke von der Ostseemündung des Kanals bei Linköping bis zur Mündung des Göta-Kanals in Schwedens größten See, den Vänern zurück. Komplettiert wird die Durchquerung Schwedens dann durch die Fahrt über den Vänern-See und den Trollhätte-Kanal, der dem dort austretenden Göta-Älv folgt und ihn mit Schleusen und Umgehungskanälen schiffbar macht, jenen Fluss, der ein paar Kilometer hinter dem bedeutenden Hafen von Göteborg ins Skagerrak mündet. Insgesamt sind es etwa 390 km Fahrt auf Wasserstraßen, bei denen immerhin über 91 m Höhenunterschied überwunden werden.

Die Juno - das berühmteste Schiff des Göta-Kanals (Foto: Eberhardt TRAVEL)

Über 87 km des Göta-Kanals sind künstlich angelegte Strecke, die mehrere Seen – unter anderem als größte davon den Roxensee, den Vikensee und Schwedens zweitgrößten See, den Vättern untereinander und schließlich mit dem Vänern-See verbinden. 58 Schleusen, 50 Brücken und zwei Trogbrücken sind dabei die technischen Lösungen für den Kanalbau trotz Höhendifferenzen gewesen.

Als man 1810 den Plan für den Kanalbau fasste, waren es vor allem wirtschaftliche Erwägungen: man wollte den von Dänemark bei der Durchfahrt der Schiffe um Südschweden herum, die von Skagerrak und Kattegat durch den Öresund in die Ostsee führten, erhobenen Sundzoll umgehen, der für jedes Schiff entrichtet werden musste. Niemand konnte bei der 1832 erfolgten feierlichen Eröffnung des zumindest für kleinere Schiffe (durch die Schleusengröße war ja eine Maximallänge vorgegeben) gut passierbaren Göta-Kanals ahnen, dass nur ein Vierteljahrhundert später die Eisenbahn als wirtschaftlicheres Transportmittel auftauchen und dann sogar – 1857 – der Sundzoll ganz wegfallen würde.

So war der Göta-Kanal nicht der ursprünglich erwartete gewaltige Wirtschaftsfaktor, sondern ihm kam danach vorrangig strategische Bedeutung in einem etwaigen Kriegsfall sowie Relevanz für Freizeitkapitäne zu. Ähnliche Bauwerke waren und sind in Europa rar gesät – allenfalls der Kaledonische Kanal des britischen Ingenieurs Telford – zwei Jahrzehnte früher als der Göta-Kanal, aber wesentlich kürzer angelegt, sind damit vergleichbar. Dieser schottische Kanal mit seinen Schleusentreppen und insgesamt 29 Schleusen verfolgt ähnliche Prinzipien als Verbinder natürlicher Seen und Flüsse und auch er führt durch herrliche Landschaften.

Göta Hotel in Borensberg am Göta-Kanal

Was den Schauwert betrifft, ist auch der Göta-Kanal eine Augenweide. Nicht umsonst gelten er, seine Seen und die Schleusen mit Sommerattraktionen wie Gasthäusern, Biergärten und Eiscafés als eines der beliebtesten schwedischen Ferienziele. Yachthäfen und Badeplätze säumen den Kanal, seine Ein- und Ausfahrten in die Seen und sogar an den Schleusen und den dazwischenliegenden Kanalabschnitten. Insbesondere die Schleusen bei Berg nahe Linköping und dem malerischen Roxen-See erfreuen sich großer Beliebtheit und gehören zu den am häufigsten aufgesuchten Orten am Kanal, der jedes Jahr vom Mai bis September für Freizeit-Kapitäne geöffnet ist und auf dem auch Schiffstouren á la Flusskreuzfahrt angeboten werden.

Übrigens ist der Kanal auch in die Literaturgeschichte eingegangen, zumindest in die der Kriminalliteratur. 1965 eröffnete das renommierte schwedische Autorenpaar Maj Sjöwall und Per Wahlöö seine zehnbändige Krimi-Reihe um den schwedischen Kommissar Martin Beck mit einem spektakulären Fall, bei dem man eine tote Frau im Götakanal findet. In Schweden als „Roseanna“ veröffentlicht, wurde der Krimi in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Tote im Göta-Kanal“ bekannt - erschienen auf Deutsch 1968 in der BRD und 1981 in der DDR.

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