Reisebericht: Wanderreise Bretagne – Brise des Atlantiks

06.06. – 16.06.2013, 11 Tage Wandern und Kultur an der Atlantikküste Frankreichs mit Vannes – Carnac – Halbinsel Penmarch – Concarneau – Pointe du Raz – Quimper – Lannion – Ploumanach – Cancale – Mont–Saint–Michel – Rouen (57 Wanderkilometer)


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Die Wanderung in der Bretagne führt durch die Wälder der Artussage, entlang der vor Jahrtausenden errichteten Menhirfelder von Carnac, vorbei an den Steinkolossen der Rosa Granitküste, zum Leuchtturm von Eckmühl und zum „Ende der Welt" an dem westlichsten Cap Mitteleuropas. Türkisblaues Wasser, das dramatische Schauspiel von Ebbe und Flut, die zerklüfteten Küsten, eine steile Brise, schneller Wechsel von Sonne und Wolken - die Bretagne bietet beim Wandern ein besonderes und wunderbares Naturerlebnis.
Ein Reisebericht von
Birgit Janosch

1. Tag: Donnerstag, 6. Juni 2013

Frühmorgens startet die kleine Gruppe in Dresden, um über Chemnitz,  Erfurt, Frankfurt und Saarbrücken nach Troyes, in die ehemalige Hauptstadt der Champagne zu fahren.  Passend zur Region hat das historische  Stadtzentrum mit zahllosen sehr schön restaurierten Fachwerkhäusern die Form eines Champagnerkorkens.  Im Kopf des Korkens rund um die Kathedrale befindet sich das Zentrum des Adels und Klerus, im unteren Teil ist das Viertel der Bürger und der Schauplatz der mittelalterlichen Messen angesiedelt.

2. Tag: Freitag, 7. Juni 2013

Unser Hotel ist in einer ehemaligen Textilfabrik untergebracht, welche erst vor wenigen Jahren für die neue Nutzung umgebaut wurde. Die Zimmer sind sehr geräumig und die gesamte Atmosphäre in dieser Mischung aus Altbau und modernem Innenausbau sehr ansprechend.
Nur ein kurzer Fußweg trennt uns von der Innenstadt, welche wir gleich nach dem Frühstück bei sonnigem Wetter besichtigen. Viele der Fachwerkhäuser sind schief und einige Straßen so eng, dass man sich aus den gegenüberliegenden Häusern die Hand reichen kann.
Die Kathedrale Saint Pierre et Paul beeindruckt durch ihre Größe, die außerordentlich kunstvolle Verzierung und ihr schönes Langhaus. Um 10 Uhr wird sie geöffnet, sodass wir in den eindrucksvollen Raumgenuss kommen.
Auf der Fahrt nach Vannes geraten wir in ein kräftiges Gewitter - zum Glück bleiben wir auf all unseren Wanderungen von solchen starken Regengüssen verschont! Wenn Engel reisen ...

3. Tag: Samstag, 8. Juni 2013

Auch in Vannes haben wir nur einen kurzen Fußweg ins Zentrum und an den langgestreckten Hafen, wo wir unsere örtliche Reiseleiterin treffen. Die Stadt am Binnenmeer von Morbihan verfügt über ein reiches architektonisches Erbe mit Resten der ehemaligen Festung rund um die Altstadt, wo sich auch die Kathedrale befindet. Heute ist Markttag und wir haben nach der interessanten Stadtführung mit der charmanten Salzburger Wahl-Französin die Gelegenheit das erste Picknick einzukaufen.
Die anschließende Busfahrt geht einige Kilometer in Richtung Rennes, denn im bretonischen Sagenwald Brocéliande bei Paimpont findet unsere erste kleine Rundwanderung zum Einlaufen der Wanderschuhe auf den Spuren von König Artus statt. Leider sind die blankgeputzten Schuhkleider aufgrund des teilweise schlammigen Waldweges schnell nicht wiederzuerkennen, obwohl wir manche Pfütze umständlich umklettert haben. Da alle diese erste Herausforderung meistern, steht dem zweiten Wandervorhaben nichts im Weg. Gemeinsam mit einem „echt falschen" Merlin machen wir uns auf die Suche nach dem etwas abgelegenen Haus der Fee Viviane. Da sie nicht zuhause ist geht es weiter, vorbei an Venusnabel und verschiedenen Farnen zum Tagesziel, dem Schloss Trécesson.

4. Tag: Sonntag, 9. Juni 2013

Das heutige Ziel sind die Menhirfeldern von Carnac. Tausende von Menhiren und Dolmen aus der Jungsteinzeit bilden in der Bretagne ein einzigartiges Erbe der Megalithkultur. Nach einem kurzen Besuch des Informationszentrums wandern wir entlang der Steinfelder von Kerlescan. Über einen schönen, etwas abgelegenen Weg erreichen wir die baulichen Reste einer Mühle. Von dort hat man einen guten Blick über die Steinreihen bis zum Tumulus Saint Michel, welcher allerdings gerade saniert wird, deshalb können wir nicht hinaufsteigen. Aber in Carnac ist Markt und somit bietet sich die perfekte Gelegenheit, das Mittagessen einzukaufen. Baguettes und getrocknete Würste stehen hoch im Kurs!
Anschließend haben wir eine kurze Busfahrt nach Locmariaquer zum Freiluftmuseum „La Cité des Megalithes". Ein kurzer Film gibt eine sehr informative Einführung, dann bestaunen wir den größten in der Bretagne gefundenen Menhir - welcher allerdings längst nicht mehr aufrecht steht, aber zerbrochen in seiner Falllalge nicht weniger imposant ist.
Die zweite Wanderung des heutigen Tages führt an mehreren Megalith-Stätten vorbei; wir machen Abstecher zum Coet-er-Bei und Mané-Braz und erreichen nach 80 Wanderminuten die Giganten von Kerzerho.

5. Tag: Montag, 10. Juni 2013

Heute steht zuerst die „Besichtigung" eines französischen Supermarktes auf dem Programm. Ein „must" für jeden, der Frankreich kennenlernen möchte! Natürlich bekommt man auf den Märkten und in den Markthallen die frischesten Lebensmittel, aber die großen Supermärkte haben alle eine sehr gute Käseabteilung und frischen Fisch. Obst und Gemüse kauft man besser auf den Märkten. Auch die Weinauswahl ist im Supermarkt grandios - auf jeden Fall ist das Picknick für heute gesichert!
Wir fahren nach Tronoen und beginnen unsere Wanderung am ältesten Kalvarienberg der Bretagne. Das erste Ziel ist die Pointe de la Torche, eine Landspitze der Halbinsel Penmarc'h, welche wir auf nicht ganz direktem Wege, dafür aber mit Besichtigung der interessanten Chapelle de Beuzec, welche auf unserem kleinen Umweg liegt,  nach 75 Gehminuten erreichen.  In der Bucht an der Landspitze nehmen zwei mutige Schwimmerinnen ein kurzes, aber sehr erfrischendes Bad in den herrlichen Wellen des Atlantik.
Ein gutes Stücke des Weges können wir wegen der Ebbe am Strand entlanglaufen, nicht ohne über manchen Priel zu springen oder einen großen Bogen landeinwärts machen zu müssen, um trockene Schuhe zu behalten.
Wir kommen an gigantischen Felskolossen vorbei, die schon eine Ahnung von der Granitküste vermitteln, besichtigen eine kleine, direkt am Meer gelegene Kirche und verzichten am Ziel unserer Wanderung darauf, die 307 Stufen zum Leuchtturm von Eckmühl hinaufzusteigen. Schließlich brauchen wir noch etwas Kraft für den Spaziergang auf der Stadtmauer der „Ville Close" von Concarneau, einer Festung im Meer, welche ihre heutige Gestalt vom bekannten Festungsbaumeister Vauban im 17.Jh. erhielt und nur durch eine einzige Brücke mit dem Festland verbunden ist.
Im Bus gibt es einen Ricard als Apéritif, bevor wir uns auf den Rückweg nach Quimper machen.

6. Tag: Dienstag, 11. Juni 2013

Da es heute doch ein wenig regnet, beginnen wir den Tag mit dem Besuch der Kirche „Notre-Dame-de-Confort" in dem kleinen Ort Meillars, welcher an der Straße zur Pointe du Raz liegt.  Das Besondere an dieser Kirche ist ein Glöckchenrad, welches „Rad der wundertätigen Madonna" genannt wird. Viele taubstumme Kinder wurden hierher gebracht, da das Erklingen der Glöckchen Heilung bringen sollte und wohl einige Male erfolgreich war.
Bei der Kapelle Notre Dame de Bon Voyage beginnt unsere 13-Kilometer-Wanderung zur Pointe du Raz. Zunächst auf von blühendem Ginster gesäumten Wegen, dann immer entlang der schroffen Küste mit der heute sehr wilden See. Das Wetter wird mit jedem Meter besser, die Mittagsrast verbringen wir bei Sonnenschein und die durch das hohe Gras bis zur Hüfte nassen Hosenbeine der beiden tapferen Vorhut-Damen trocknen schnell. An der Landspitze angekommen, befinden wir uns am westlichsten Punkt nicht nur der Festland-Bretagne sondern auch von Mitteleuropa. Hier wurde bis ins 16. Jahrhundert das Ende der Welt vermutet und der lateinische Name Finis Terrae stand Pate für das heutige Bezeichnung Finistère.
Bevor wir nach Quimper zurückfahren, statten wir der Bilderbuch-Ortschaft Locronan einen Besuch ab. Das winzige Nest besteht ausschließlich aus schönen Renaissance-Häusern aus Granit. Den reichsten Bauschmuck haben die Häuser am Dorfplatz, wo sich auch die Kirche befindet, welche dem heiligen Ronan gewidmet ist. Durch Hanfverarbeitung und den Export von Segeltuch in die ganze Welt war Locronan zu unermesslichem Reichtum gekommen, sodass alle Häuser aus dem haltbaren Granit gebaut werden konnten.

7. Tag: Mittwoch,12. Juni 2013

Für die Stadtführung in Quimper brauchen wir zwar ab und zu einen Regenschirm, trotzdem gefällt uns das historische Zentrum mit den schiefen Fachwerkhäusern. Die älteren ragen mit ihren Obergeschossen weit in den Straßenraum und boten im Mittelalter den offenen Läden im Erdgeschoss einen gewissen Wetterschutz. In der Kathedrale Saint-Corentin sehen wir die Glasfenster, welche die Legende vom Heiligen Corentin erzählen: Täglich schnitt sich der Einsiedler von einem Fisch ein Stück ab und warf ihn ins Wasser zurück. Am nächsten Tag war das fehlende Stück wieder nachgewachsen und Corentin konnte sich so täglich von einem einzigen Fisch ernähren. Es heißt, dass 7777 Heilige in der Bretagne verehrt werden und zu jedem Heiligen gibt es Dutzende von Legenden!
Die Fahrt geht nun nordwärts nach Guimillau. Dort erwartet uns der größte Pfarrhof der Bretagne. Der Kalvarienberg ist reich mit Skulpturen geschmückt, welche den Pfarrern als Anschauungsmaterial für die Verbreitung der christlichen Lehre dienten.
Zum Abschluss des Tages folgt in Lannion eine Führung mit anschließender Verkostung in der Whisky-Brennerei Warenghem- eine Seltenheit in der Bretagne! Aber auch Cidre und Pommeau, der Lieblingsapéritif der Frauen dieser Reise wird hier hergestellt und darf probiert (und gekauft!) werden.

8. Tag: Donnertstag, 13. Juni 2013

Wer noch nicht in der Bretagne war, weiß womöglich nicht, dass es dort nicht nur gigantische Megalithen aus der Steinzeit gibt, welche von den Keltern in ihren Götterkult einbezogen wurden, sondern auch sehr viele christianisierte Menhire, zum Beispiel in Uzec. Dort hat ein Priester ein großes Steinkreuz ganz oben auf dem prachtvollen Stein anbringen lassen.
Unser fünfter Wandertag startet in Trégastel und führt uns über die Île Renote nach Ploumanac'h zu den bizarren Felsblöcken der Rosa Granitküste. Am Strand von Saint Guirrec erkennen wir in einem gigantischen Granitblock Napoleons Hut, in anderen Steingiganten eine Schildkröte oder was immer die Phantasie gerne sehen möchte
Fast alle Wanderer aus unserer Gruppe gehen Muscheln oder Galettes essen, die Restaurantauswahl ist hier recht groß - diese Chance wollen wir nutzen!
Auf dem Weg in Richtung Saint Malo machen wir einen kurzen Halt am größten Gezeitenkraftwerk Europas: La Marmotrice de la Rance, mit Blick auf die Festungsstadt Saint Malo,  bevor wir in die Austernhauptstadt der Bretagne, nach Cancale fahren.

9. Tag: Freitag,14. Juni 2013

Heute steht mit dem Mont-Saint-Michel ein kultureller Höhepunkt der Reise auf dem Programm, welchem wir mit Bangen entgegensehen, denn die Belegschaft am Mont streikt und wir wissen nicht ganz genau, welche Auswirkungen das auf unseren Besuch haben wird. Vorsichtshalber hat sich die Reiseleitung darauf vorbereitet, die Führung durch das Kloster selbst zu übernehmen, was sich als die richtige Strategie herausstellt. Der gesamte Klosterberg ist geöffnet, nur werden keine Führungen angeboten. Wir kommen also doch in den Genuss dieses „Wunder des Abendlandes" ausgiebig besichtigen zu können.
Die Rückfahrt nach Cancale erfolgt durch die Polder und weit draußen in der Bucht kann man die Austernbänke erkennen. Am Markt von Cancale erstehen wir einige Teller Austern, die von der Marktfrau vor unseren Augen geöffnet werden. Frische ist das oberste Gebot bei dieser Delikatesse. Geöffnet müssen sie sofort verspeist werden, im geschlossenen Zustand leben sie etwa zwei Wochen außerhalb des Meeres weiter, solange Sie nicht austrocknen. Das heißt, sie müssen mit der gewölbten Seite nach unten kühl und dunkel gelagert werden, am besten abgedeckt mit einem feuchten Tuch. Nicht alle Wanderfreunde, jedoch sogar einige der Skeptiker probieren die nach Meer schmeckende Köstlichkeit.
Mittlerweile zeigt uns sich die Bretagne von ihrer sonnigen Seite und auf der anschließenden Wanderung kommen wir schon etwas ins Schwitzen. Vor allem die Reiseleiterin auf der Suche nach drei verlorenen Schäfchen, die trotz längeren Wartens nicht zur Gruppe aufschließen. Wo der heimliche Überholprozess stattgefunden hat ist noch zu klären - denn lange vor der restlichen Gruppe waren die „Überholer" am Bus angelangt ... kein Wunder, hatten sie sich doch die ganze Zeit beeilt um die vermeintlich vor ihnen Gehenden einzuholen!

10.Tag: Samstag, 16. Juni 2013

Heute geht es -es ist bereits ein Teil des Heimwegs- in die Normandie zu einer Stadtführung in Rouen. Hunderte von Segelschiffen erwarten uns dort, denn am Hafen wird ein großes Fest gefeiert: Die Armada. Alle vier Jahre gibt es hier eine Schau der größten Segelschiffe der Welt und das Treiben am Hafen ist tatsächlich sehr verlockend. Doch uns zieht es ins historische Zentrum, welches vor allem wegen der Verbrennung der Heiligen Johanna von Orléans in jedem Geschichtsbuch erwähnt ist. Die Retterin Frankreichs fand hier ein ungerechtes Ende! Wir bewundern die Westfassade der gotischen Kathedrale, die der impressionistische Maler Claude Monet in einem umfangreichen Bildzyklus in verschiedenen Lichtstimmungen gemalt hat.
Da wir die Nacht in Reims verbringen, haben wir auch dort Gelegenheit, die Kathedrale zu besichtigen. Zunächst bei wunderschön goldenem Abendlicht  und dann noch einmal gegen Mitternacht, wenn das Westwerk mit einer phantasievollen Lasershow zu neuem Leben erweckt wird.

11.Tag: Sonntag, 17. Juni 2013

Heute nehmen wir Abschied: Zunächst von der Champagne und schließlich von „La Douce France", wie die Franzosen ihr Land gerne selbst nennen. Via Metz machen wir uns auf den Heimweg und erreichen spätabends pünktlich den Flughafen Dresden.
Ich grüße alle Wanderfreunde dieser Reise recht herzlich und hoffe, dass Sie noch oft und gerne an unsere gemeinsamen schönen Tage denken!
Ihre B. Janosch alias BRIGITTE

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