Reisebericht: Radreise Provence – Südfrankreich per Rad erleben

19.10. – 28.10.2013, 10 Tage Rundreise mit dem Fahrrad Avignon – Camargue – Olivenroute – Arles – Pont du Gard – Luberon (230 Radkilometer)


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Radeln zwischen Pinien und Zypressen, Olivenhainen, römischen Ruinen, Weinbergen, durch Felsenlandschaften und schmucke kleine Dörfer, unter südlicher Sonne und begleitet vom Gesang der Zikaden - ein spätsommerlicher Aktivurlaub in der Provence
Ein Reisebericht von
Andrea Becker

Reisebericht

Samstag, 19.10.2013
In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages holte uns unser Reisebus mit seinem charakteristischen blauen Radanhänger nacheinander ab, und für uns begann zunächst eine Fahrt quer durch Deutschland, bis wir gegen 18 Uhr die elsässische Stadt Mulhouse erreichten. Unser Hotel befindet sich unmittelbar am Stadtzentrum, so dass wir vor dem Abendessen noch gemeinsam einen  Rundgang durch die interessantesten Viertel der Stadt, die mehrere hundert Jahre zur Schweizer Eidgenossenschaft gehörte, unternehmen konnten. Schließlich konnten wir uns dann in unserem schönen Hotel gut vom ersten Teil unserer Anreisestrecke erholen.
Sonntag, 20.10.2013
Nach unserem ausgiebigen Frühstück verluden wir wiederum unser Gepäck und setzten unsere Reise zu unserem Ferienort Raphèle-les-Arles in der Provence fort. Unterwegs regnete es zum Teil sehr stark - um so besser, dass wir während der Zeit unserer Radreise sonst von solchen Wetterkapriolen verschont blieben! Die rund 700 km lange Fahrt entlang der Vogesen und des Juragebirges, sowie durch das Tal der Rhône bis in den Großraum Arles war dennoch sehr interessant und verstärkte unsere Neugier auf die Provence. Ein malerisches, ländliches Anwesen inmitten von saftig grünen Weiden war unser Domizil für die kommende Woche. In der Mas de la Fenière erlebten wir sehr viel vom regionaltypischen Charme der Provence. Bereits zum ersten Abendessen wurden wir vom Koch mit einem exzellenten Menü verwöhnt, und dies war erst der Auftakt zu einem wahrhaften Gourmet-Aufenthalt mit vier leckeren Gängen jeden Abend! Nun freuten wir uns bereits sehr auf unseren ersten Radausflug, der am nächsten Morgen startete.
Montag, 21.10.2013
Heute nun starteten wir unsere erste Radtour. Ziel der 22 km langen Rundfahrt war eines der kleinen Kalksteinmassive in der Umgebung - die Montagnette. Ideal, um sich nach der langen Busfahrt wieder ans Radeln zu gewöhnen. Jacques, unser örtlicher Radreiseleiter, fuhr mit uns gemeinsam gerade bzw. leicht ansteigende Wege durch die sonnendurchflutete, von weißem Kalkstein und leuchtend grünen Kiefern und Steineichen kolorierte Landschaft. Unsere erste kulturelle Pause legten wir an der Prämonstratenserabtei St. Michel de Frigolet ein, die sich in exponierter Lage befindet, von wo aus wir einen tollen Blick über die sanft hügelige Landschaft genießen konnten. Natürlich besichtigten wir auch die Gebetskirche - wo wir auch kurz dem Stundengebet der Ordenspriester beiwohnen konnten - und die Wallfahrtsbasilika des Heiligen Michael, diemit ihren beiden schlanken Türmen die ganze Anlage dominiert und sie weithin sichtbar macht. Der zweite Teil des Rundkurses begann mit einer tollen Abfahrt, und schließlich gelangten wir über kleinere Straßen und Wege sowie durch den hübschen Ort Boulbon wieder zum Busparkplatz. Diese kurze Tour war sozusagen unser Aufwärmprogramm für die große Camargue-Tour, die uns am kommenden Tag erwartete. Den Nachmittag verbrachten wir in der Stadt Avignon, die im 14. Jahrhundert als Exilort von 7 Päpsten und 2 Gegenpäpsten zu Größe, Macht und Ansehen gelangt war. Ausstiegsort war ein Platz unmittelbar an der berühmten Brücke St. Benezet, der Pont d'Avignon, von deren einstigen Ausmaßen die Hochwasser der Rhone nur wenige Bögen übrig gelassen haben. Nach einer Mittagspause, in der sich jeder individuell in Restaurant oder Boulangerie stärken konnte, unternahmen wir gemeinsam eine Stadtbesichtigung, in deren Rahmen wir den gewaltigen Papstpalast, die päpstlichen Gärten, den Dom und die Kirche St. Agricol in Augenschein nahmen. Der Weg unmittelbar unterhalb der Mauern des Papstpalastes verdeutlichte uns die riesigen Dimensionen dieses Bauwerks. Bis zu unserer Abfahrt aus der Stadt der Päpste hatten wir dann alle noch Zeit, um auf der Einkaufsmeile unser Urlaubsbudget in Lebensmittel und Souvenirs anzulegen.
Dienstag, 22.10.2013
Die Camargue, das flache Schwemmland im Rhônedelta, und eines der großen Naturparadiese Europas, Heimat der weißen Pferde, der schwarzen Stiere und unzähliger Vogelarten, war das Ziel unserer heutigen Fahrt.  Vorbei an abgeernteten Reisfeldern, sumpfigen und mit dichten Baumreihen und Schilfgürteln umfriedeten Wiesen und Feldern, fuhren wir zunächst in die „Stadt des toten Wassers", Aigues Mortes, die ihren Namen den zahlreichen Salzgärten und Salinen vor ihren Mauern verdankt. Aigues Mortes ist berühmt für seine 1,6 km lange mittelalterliche Stadtmauer, die die Stadt in alle Himmelsrichtungen absicherte, und an deren Ecken mächtige Türme aufragen. Jacques wusste hierüber eine Menge interessanter Geschichten zu erzählen. Wir hatten alle auch noch Zeit, uns frisches Baguette für unser geplantes mittägliches Picknick zu zu kaufen, bevor wir gegen 11 Uhr zu unserer ausgedehnten Radtour aufbrachen. Vorbei an den rietgedeckten Häusern der Manadiers und Gardians, an Herden friedlich grasender schwarzer Stiere und weißer Pferde und inmitten von Pappelalleen gelangten wir zunächst an einen Vorposten der Stadt Aigues Mortes, die jene jahrhundertelang vor unliebsamen Besuchern schützte oder zumindest warnte - dem Tour Carbonnière.  Weiter ging unsere Fahrt quer durch Feld und Flur, bis wir schließlich im Gehöft eines mit Jacques befreundeten Manadiers an großen Tischen genüsslich picknickten. Alle durften - als kleine Aufmerksamkeit von Eberhardt Travel - den hier angebauten und gekelterten Sandwein sowie Oliven und Tapenade genießen.
Weiter ging unsere Radtour entlang des Rhône-Sète-Kanals, durchs Gelände und über Straßen  bis nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Auf dieser Strecke bekamen wir zu spüren, was Mistral bedeutet: ein starker Wind machte uns das Strampeln ganz schön schwer und forderte unsere ganze Kraft und Ausdauer heraus. Aber Aufgeben kam gar nicht in Frage!!! Wir kämpften uns bis Saintes Maries durch und waren stolz und glücklich, es am späten Nachmittag endlich geschafft zu haben! Heute hatten wir uns selbst übertroffen, und das leckere 4-Gänge-Menü am Abend schmeckte uns noch einmal so gut!!!
Mittwoch, 23.10.2013
Die heutige Tour stand ganz im Zeichen der Frucht, die schon seit ewigen Zeiten in der Provence kultiviert wird und in den Alpilles, einem hiesigen Gebirge aus weißem Kalkstein,  in besonders hoher Qualität heranwächst: Die Rede ist natürlich von der Olive. Hier hatte gerade die Erntezeit begonnen, und so konnten wir zwischen  Maussane-les-Alpilles, dem Ausgangsort unserer Radtour, und  Les Baux de Provence, dem ersten Etappenziel, die Verarbeitung von frisch geernteten Oliven in einer Ölmühle live und hautnah erleben. Das war sehr interessant! Les Baux de Provence befindet sich auf einem Felssporn, und so hatten wir einen ganz netten Anstieg, bevor wir die Räder anschließen und uns selbst in die Mauern dieser bekannten und vielbesuchten Stadt begeben konnten. Die aus dem Muschelkalk gebaute, romantische Unterstadt ist sehr romantisch, außerdem hat man von den Aussichtspunkten einen phantastischen Blick auf die ganze Gegend! Jeder konnte für sich gemütlich bummeln gehen und die Besichtigung somit individuell fortsetzen. Viele von uns suchten sich für die Mittagspause eines der gemütlichen Restaurants und Cafés. Am frühen Nachmittag setzten wir unsere Radtour fort in Richtung Fontvieille. Die „Mühle von Daudet" , die hier in ganzer Pracht auf von Wind und Wetter abgeschliffenen Kalksteinen steht, diente vor über 150 Jahren dem provenzalischen Schriftsteller Alphonse Daudet als Inspiration für seine humorvollen Erzählungen, die in Frankreich sehr bekannt sind. Wir konnten hier auch einer ganzen Schulklasse beim Zeichenunterricht zusehen, was für uns sehr interessant war.
An der Abtei von Montmajour sollte unsere heutige Radtour enden. Da aber einige von uns noch viel Kraft verspürten und gern noch einige Kilometer an die 26 bis dahin absolvierten dranhängen wollten, verlängerten wir die Tour fakultativ um 12 Kilometer, indem wir über winzige Straßen bis zu unserem Hotel nach Raphele mit dem Rad fuhren. Das machte Spaß, insbesondere, weil der Wind sich heute ausruhte und dafür der Sonne den Vortritt gelassen hatte. Der Ausblick auf die Alpilles war gewaltig! In Raphele wanderten die Räder dann wieder in den Radanhänger, und auch am heutigen Abend verwöhnte uns der Koch der Mas de la Fenière mit einem leckeren 4-Gänge-Menü aus frischen Zutaten aus der Region.
Donnerstag, 24.10.2013
Heute hatten unsere Fahrräder Pause, ein radfreier Tag stand an. Wir fuhren also mit dem Bus zu einem Ausflug zum Pont du Gard, der in römischer Zeit Teil eines großen Aquädukts war, das die Stadt Nîmes mit Wasser versorgte. Dieses gewaltige fast 50 Meter hohe Bauwerk, das mit seinen in drei Etagen errichteten Bögen ein ganzes Tal überspannt, ist sehr beeindruckend aufgrund seiner Größe und seiner Einbettung in die Flusslandschaft. Gemütlich spazierten wir am Flussufer entlang und nutzten die Gelegenheit, dieses Meisterwerk römischer Baukunst von allen seiten  und auch aus der Höhe zu betrachten. Neben dem Pont du Gard entdeckten wir außerdem drei außergewöhnlich schöne und jeweils tausend Jahre alte Olivenbäume! Nachdem wir uns sattgesehen hatten, fuhren wir nach Arles, um uns auch - es war schließlich Mittagszeit - satt zu essen. Wir starteten also unseren Arles-Besuch mit einer individuellen Mittagspause. Danach trafen wir uns alle wieder und begaben uns gemeinsam auf einen Spaziergang durch diese von den Römern sehr geschätzte und von römischer Architektur geprägte Stadt, die zu Zeiten der Römer Arelate hieß und sogar kurzzeitig Hauptstadt des römischen Reiches war! Wir besichtigten gemeinsam eindrucksvolle Bauwerke wie z.B. die Arena, das antike Theater und die Konstantinthermen. Aber auch die romanisch-gotische Kirche St. Trophime, die wie der Pont du Gard zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, besonders das schöne Portal, waren im Blickpunkt unseres Interesses. So auch das von Maler Vincent van Gogh, der viele Jahre seines Lebens hier verbrachte, in einem berühmten Gemälde verewigte Nachtcafé, auf dem Place du Forum. Bevor wir gegen 18 Uhr die Rückfahrt antraten, hatten wir zwei Stunden zum Schauen, Bummeln, Shoppen - sprich Freizeit zur Verfügung. So endete der radfreie Tag, wie er begonnen hatte, sehr erholsam.
Freitag, 25.10.2013
Endlich wieder Fahrrad fahren! Unser Zielgebiet heute war ein weiteres schönes Stück Provence, das Luberongebirge. Wir fuhren mit dem Bus bis kurz vor Lacoste. Ingo lud unsere Räder aus, und wir begannen die Tour mit einer kleinen Strecke bergan. Oben im Ort angekommen, genossen wir die herrliche Aussicht auf die malerische Umgebung. Weiter ging unsere Fahrradtour durch die schmalen Straßen und Gassen von Lacoste, und zu unser aller Freude rollten wir bis zum nächsten Ziel viele Kilometer bergab. Schließlich erreichten wir Ménerbes. Eine von herrlichen Olivenbäumen gesäumte Allee führte uns zu einem Weingut, dessen Besitzer eine sehr originelle Sammlung von Korkenziehern zusammengetragen hat. Manches Staunen und Schmunzeln war angesichts der vielen ungewöhnlichen Exponate auf den Gesichtern zu lesen. Da wir uns auf einem Weingut befanden, bekamen wir große Lust, einige der hier gekelterten Rebensäfte einmal zu probieren. Also ließen wir uns auf der sonnigen Terrasse nieder und genossen im Rahmen einer Verkostung einen weißen und zwei rote Weine. Oppède-le-Vieux, das wir bald darauf mit den Rädern erreichten, lud uns zum Picknicken ein. Nachdem Jacques für uns zehn Baguettes besorgt hatte, konnten wir es uns schmecken lassen. Besonderer Höhepunkt war hierbei die aus dem Fleisch von Camargue-Stieren hergestellte Wurst. Wir probierten auch Ailoli, die berühmte Knoblauchmayonnaise. Dazu gab es vollmundigen Rotwein aus den Anbaugebieten des Luberon, das wir ja gerade bereisten. So gestärkt und ausgeruht, setzten wir unsere Fahrt bei herrlichem sonnigen Wetter fort und freuten uns besonders, dass unser Weg auf den letzten 9 Kilometern über einen wunderschönen Radweg führte, immer am Fluss entlang. Über diesen führt die noch von den Römern errichtete Bogenbrücke Pont Julien, an welcher uns Ingo bereits mit dem Bus erwartete. Nachdem wir die Räder wieder im Radanhänger verstaut hatten, nutzten wir die Möglichkeit, ins nahegelegene Roussillon zu fahren, einem der farbenprächtigsten Orte der Provence. Diese Farbenpracht rührt von den natürlichen Farbstoffen aus den Ockerfelsen her, auf denen Roussillon gebaut wurde. Auf einer kleinen Wanderung durch einen ehemaligen Steinbruch sahen wir ein Farbenmeer von goldgelb, orange und rot, in denen die bizarren steinernen Gebilde leuchten. Den Abschluss dieses zusätzlichen Ausfluges bildete ein Bummel durch den farbenprächtigen Ort. Wie an jedem Tag, brachte uns Ingo sicher und zügig mit dem Bus  in unser Landhotel nach Raphèle zurück, wo wir den Abend mit einem regionaltypischen Menü ausklingen ließen.
Samstag, 26.10.2013
Das römische Vasio, heute Vaison-la-Romaine, war heute der Ausgangspunkt unserer Radtour. Dort angekommen, unternahmen wir als erstes einen Spaziergang zum Fluss Ouvèze, über den eine noch aus römischer Zeit stammende Steinbrücke zur mittelalterlichen Stadt führt. Durch verschlafene, hübsche Gassen erklommen wir schließlich die Festungsruine und ließen unsere Blicke über das hügelige Land streifen, in dem auf ausgedehnten Flächen Wein angebaut wird. Vaison-la-Romaine ist die größte archäologische Ausgrabungsstätte Frankreichs, und wir nutzen die Gelegenheit, die Ausgrabungen am Puymin-Hügel zu besichtigen, wo sich ehemals elegante römischen Villen befanden, deren Grundmauern und interessante Details zu sehen sind. Schließlich waren wir auch noch im römischen Amphitheater. Bei wunderbarem Wetter und Temperaturen um die 25 Grad stiegen wir auf unsere Fahrräder und fuhren durch das farbenfrohe Weinbaugebiet bis kurz vor den Ort Gigondas. Dort warteten bereits schöne Picknicktische auf uns, so dass wir uns kulturvoll stärken konnten. Nach einem rasanten Anstieg erreichten wir den Weinkeller in Gigondas. Endlich hatten wir die Gelegenheit, die edlen Tropfen ausgiebig zu probieren. Hier wurde auch sehr leckerer Ziegenkäse mit Kräutern und Olivenöl zum Wein gereicht. Wir kosteten uns kreuz und quer durch das Sortiment, und so manche Kiste Wein ging über den Ladentisch und landete in Jacques Kofferraum...
Unsere Radtour führte uns nun über 24 Kilometer durch weitläufige Weingärten bis in den bekanntesten Winzerort dieser Gegend - Chateauneuf-du-Pape.  Hier verabschiedeten wir uns von Jacques und dankten ihm für die gute Begleitung auf unseren Radtouren. Nun verlud Ingo unsere Räder wieder  - und wir nahmen das letzte Mal Kurs auf unser Hotel. Das Abendessen bot uns heute wieder ein regionaltypisches Menü der Extraklasse, so dass wir den Koch gern mitgenommen hätten... Nun ging es ans Kofferpacken... leider!
Sonntag, 27.10.2013
Heute hieß es Abschiednehmen von der Provence. Durch das schöne Rhônetal, Teile Burgunds und die Bresse erreichten wir das Elsass und damit unseren Übernachtungsort Mulhouse. Unterwegs hatten wir ziemlich viel Regen - es wird eben doch Herbst!!! Wie schon auf der Hinfahrt, übernachteten wir im Hotel Mercure in unmittelbarer Zentrumsnähe. Beim Abendessen wurden Erinnerungen an die zurückliegenden Tage ausgetauscht.
Montag, 28.10.2013
Quer durch Deutschland fuhren wir heute zurück in unsere Wohnorte, begleitet nochmals von fotografischen und filmischen Erinnerungen an unsere schöne und erlebnisreiche Radreise Südfrankreich, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird!

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