Reisebericht: Große Schottland–Rundreise für Genießer

28.06. – 07.07.2024, 10 Tage Genießer–Reise mit Fluganreise: Glasgow – Helensburgh – Ben Nevis – Loch Ness – Black Isle – Whisky Distillery – Aberdeen – Scone Palace – Rosslyn Chapel – Edinburgh


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Wildromantische Natur mit tiefgrünen Tälern und Seen, sagenumwobene Burgen und Schlösser, Geschichten von tapferen Kriegern und epischen Schlachten und natürlich das ein oder andere Tröpfchen Whisky - all das darf auf einer richtigen Schottland-Reise natürlich nicht fehlen. Auf dieser Reise treten wir jedoch auch ein wenig abseits der bekannten Pfade und lernen auch ganz unerwartete Seiten des nördlichsten Landesteil Großbritanniens kennen.
Ein Reisebericht von
Sinah Witzig
Sinah Witzig

28.06.2024 Tag 1 Anreise nach Glasgow

Unsere gemeinsame Reise beginnt am Flughafen in Frankfurt, wo sich unsere gesamte Reisegruppe zum ersten Mal trifft. Zusammen fliegen wir wenig später in die größte schottische Stadt, nach Glasgow. Mit etwas Verspätung kommen wir – und zu unserer großen Freude auch unser vollständiges Gepäck – am frühen Nachmittag an.
Abgeholt werden wir mit dem Bus von unserem sympathischen Fahrer John, der uns vom Westen der Stadt ins Zentrum bringt. Während Edinburgh schon seit Jahrhunderten die Hauptstadt und Stadt des Adels gewesen ist, wuchs Glasgow vor allem ab der Industrialisierung im 18. Jahrhundert zu einer mächtigen Handels- und Arbeiterstadt heran. Die glanzvollen Zeiten des Kolonialhandels, der Textilherstellung und des Schiffbaus sind längst vorbei, doch das Motto ist geblieben – People make Glasgow.
Am George Square treffen wir unsere Stadtführerin Victoria, die uns zunächst eine kleine historische Einführung in ihre Heimatstadt gibt. Dann fahren wir gemeinsam mit dem Bus zu den Ursprüngen der Stadt. Unweit der Glasgow Cathedral soll einst der Heilige Mungo im 7. Jahrhundert eine Kapelle im „Glas Can“ - im lieblichen Grün - gegründet haben. Die dem Heiligen geweihte Kathedrale wurde im 12. Jahrhundert erbaut und ist die älteste erhaltene in ganz Schottland. Wir machen einen Spaziergang durch die oberhalb der Kirche gelegene Nekropole, in der Menschen aller Religionen beigesetzt sind. Außerdem befindet sich dort auch ein Denkmal für den Nationalhelden William Wallace.
Anschließend fahren wir weiter zum riesigen Park Glasgow Green, wo sich der People's Palace befindet. Das beeindruckende Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Zersteuungsort für die Bürger der Stadt eröffnet und sollte einen Rückzugsort aus der lauten und schmutzigen Stadt bieten. Gegenüber können wir den größten Terrakottabrunnen der Welt bestaunen, der die ehemaligen britischen Kolonien zeigt. An die glanzvollen Zeiten des Commonwealth erinnert auch die Teppichfabrik im Hintergrund, die im Stile eines venezianischen Kastells erbaut wurde.
Wir fahren nun am River Clyde, der Lebensader der Stadt, entlang und erreichen das umgestaltete Hafenviertel mit dem weltgrößten Hafenkran und dem modernen Kongresszentrum, welches die Einheimischen aufgrund seiner Form „Gürteltier“ nennen.
Zum Abschluss legen wir noch einen kurzen Stopp ein am Kelvingrove Museum – dem wohl beeindruckendsten Museum Glasgows. In dem 1901 eröffneten Gebäude findet man von ägyptischen Antiken, über Gemälde bis hin zu Möbeln der Arts and Crafts Bewegung wirklich alles. Wir versuchen in der kurzen Zeit so viel wie möglich aufzusaugen, aber es ist klar: alleine hier braucht man eigentlich einen ganzen Tag. Das bedeutet also schon jetzt, dass wir wohl oder übel wiederkommen müssen.
Ganz in der Nähe des schönen Parks, der das imposante Museumsgebäude umgibt, befindet sich auch unser Hotel.
Wir verabschieden uns von Victoria, beziehen unsere Zimmer und treffen uns wenig später zum gemeinsamen Abendessen im Restaurant im Souterrain unseres Hotels. Bei dieser Gelegenheit haben nun alle erstmals die Möglichkeit, die anderen Mitreisenden kennenzulernen und in gemütlichem Ambiente erste Gespräche zu führen.
Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang fallen wir dann nach einem ersten Tag mit vielen Eindrücken erschöpft in unsere Betten und freuen uns auf das, was uns auf der Reise noch erwarten wird.

29.06.2024 Tag 2 Dumbarton Castle, Loch Lomond und Glencoe

Nach dem Frühstück lernen wir unseren Fahrer Joe kennen, der uns in den nächsten Tagen durch seine Heimat chauffieren wird. Wir verlassen Glasgow in Richtung der Mündung des River Clyde im Westen und begeben uns gleichzeitig auf eine Zeitreise.

Wir beginnen mit den ersten Siedlern, die nach der letzten Eiszeit auf heute schottischen Boden kamen. Von ihnen weiß man heute wenig - nur das, was anhand archäologischer Funde nachweisbar ist. Auch wer die sagenumwobenen und identitätsstiftenden Kelten tatsächlich waren und woher sie gekommen sind ist bis heute unbekannt.
Über den ersten König der Schotten, Kenneth McAlpin, der im 9. Jahrhundert aus Irland kam und es schaffte Pikten und Scoten zu einigen, lässt sich schon ein wenig mehr erzählen. Auch über die Nordmänner, die Wikinger, die aus Skandinavien kamen und den Einwohnern der Britischen Inseln über Jahrhunderte hinweg schwer zu schaffen machten, lässt sich eine ganze Menge berichten
Wir verfolgen außerdem die blutigen Auseinandersetzungen zwischen königlichen Truppen aus England und schottischen Clans, landen bei „Braveheart“ William Wallace und schließlich bei Robert the Bruce, der es im Jahr 1314 schließlich schaffte, Schottland bei der Schlacht von Bannockburn zu einem unabhängigen Königreich zu machen – immerhin für etwa 300 Jahre.
Und schließlich landen wir bei den legendären Stewart-Königen und Mary, Queen of Scots.
All diese historischen Hintergründe haben wir im Kopf, als wir nach einer guten halben Stunde Fahrt eines der taktisch wichtigsten schottischen Castle erreichen: Dumbarton Castle.
Der 73 Meter hohe Felsen im River Clyde wurde schon im 5. Jahrhundert besiedelt und später als Überwachungsposten zum Schutz vor Wikinger-Angriffen ausgebaut. Danach sollen sich so gut wie alle wichtigen Persönlichkeiten der schottischen Geschichte hier aufgehalten haben. Zwei davon lernen wir sogar persönlich kennen: Mary, Queen of Scots, sowie ihren zweiten Ehemann Lord Darnley erzählen uns sehr lebhaft von ihrer nicht ganz so harmonischen Ehe.
Anschließend dürfen wir dann die meisten der 480 Stufen, die auf den Felsen hinaufführen erklimmen. Die oberste Aussichtsplattform ist leider wegen zu starkem Wind geschlossen. Aber die meisten von uns sind darüber tatsächlich nicht ganz so böse.

Unsere Mittagspause verbringen wir im nicht weit entfernten Städtchen Helensburgh. Im ausgehenden 18. Jahrhundert versuchten die ersten, der in Glasgow reich gewordenen Industriellen und Kaufleuten, aus der Stadt hinauszuziehen und somit der schlechten Luft und den immer katastrophaleren hygienischen Zuständen zu entfliehen. Die Sommerfrische wurde modern und schon bald verkehrte das erste kommerziell genutzte Dampfschiff zwischen Glasgow und Helensburgh, um gestresste Reiche hinaus ins Grüne zu bringen.
Heute ist von dieser glanzvollen Epoche nicht mehr allzu viel zu sehen, allerdings sind die Hauspreise hier immer noch mit die teuersten in ganz Schottland.
Schon wenige Kilometer nördlich erreichen wir am frühen Nachmittag die südlichste Spitze des Loch Lomond, dem größten See Schottlands und Großbritanniens. Wir legen einen kleinen Stopp ein in dem pittoresken Örtchen Luss, das etwa in der Mitte des 39 Kilometer langen Sees liegt. Bei herrlichem Sonnenschein ist auch der 974 Meter hohe Ben Lomond gut zu sehen, einer der 282 Munros in Schottland. Munros sind Berge, die über 3000 Fuß hoch sind und sie alle zu besteigen ist schottischer Nationalgeist schlechthin.

Am Nachmittag geht es dann weiter in eine der berühmtesten Regionen des schottischen Highlands. Das Glencoe ist eines der typischen, in der letzten Eiszeit geformten Täler. Aufgrund seiner tragischen Geschichten von Clanfehden, Intrigen und Verrat wird Glencoe auch das „Tal der Tränen“ genannt. Das Spiel aus Licht und Schatten, Wolken und Sonne formt einen herrlichen Hintergrund für die Szenen, die sich in unseren Köpfen abspielen. Kein Wunder, dass man diese wunderbar dramatische Landschaft schon für zahlreiche Filmproduktionen nutzte.

Später legen wir noch einen Stopp am Glencoe Besucherzentrum ein, wo wir die ersten Exemplare der hübschen langhaarigen Highland-Rinder begutachten können und uns in einer nachgebauten Torfhütte lebhaft vorstellen, wie beschwerlich das Leben in den Highlands früher einmal gewesen sein muss.

Ganz in der Nähe, direkt am Ufer des Loch Onich, erreichen wir wenig später unser Hotel für die nächsten beiden Nächte.

Anspiel-Tipp: Steam Jenny – Loch Lomon; Steam Jenny – Glencoe

30.06.2024 Tag 3 Rund um Fort William: Nevis Range und Glenfinnan

Im morgendlichen Dunst verlassen wir unser Hotel am nächsten Morgen. Unsere Route führt uns Richtung Norden, entlang des Great Glen. Das Tal teilt die schottischen Highlands in die Northwest Highlands und die Grampian Mountains.
Nach einer knappen halben Stunde Fahrt entlang des Loch Linnhe erreichen wir die „Outdoor-Hauptstadt“ Schottlands, Fort William. Am Morgen ist es hier noch sehr ruhig, aber das wird sich im Laufe des Tages ändern.
Wir fahren zunächst einmal weiter, zur Talstation der einzigen Gondel-Bahn Großbritanniens. In etwa 15 Minuten bringt diese uns an der Nordseite des Aonach Mòr auf eine Höhe von 650 Metern über dem Meer. Die Nevis Range ist mit dem höchsten Gipfel Ben Nevis (1345 m) die höchste Gebirgskette Schottlands und Großbritanniens. Der Blick auf die hohen Gipfel bleibt uns heute leider wegen tiefhängender Wolken verwehrt, dafür werden wir jedoch mit einer herrlichen Aussicht ins Tal belohnt. Im Westen blicken wir auf Fort William, Loch Shiel und Glenfinnan, im Norden auf den Great Glen mit Loch Lochy und Loch Oich.
Im Winter befindet sich hier einiges der wichtigsten Skigebiete Schottlands, im Sommer werden die steilen Pisten von Mountainbikern genutzt. Wir entscheiden uns jedoch für die ungefährlichere Variante und wanden zu den beiden ausgewiesenen Aussichtspunkten. Im Anschluss gibt es dann als Belohnung eine Tasse Kaffee und ein leckeres Stück Kuchen.
Gegen Mittag machen wir uns dann wieder auf den Weg ins Tal, wo Joe uns bereits erwartet.
Bevor wir jedoch nach Fort William zurückfahren, machen wir noch einen kleinen Abstecher:
Von hier aus ist es nicht weit zum berühmten Glenfinnan, wo wir den Jacobite Steam Train am berühmten Glenfinnan-Viadukt erwarten werden. Der Zug, und vor allem auch das Viaduct erhalten seit den Kinoerfolgen der Harry Potter-Verfilmungen so extrem viel Zulauf, dass Tickets über Monate hinweg ausgebucht sind. Glenfinnan ist allerdings auch historisch sehr spannend, denn hier soll Bonnie Prince Charlie während des letzten Jakobiten-Aufstandes 1745 angeblich das schottische Festland erreicht haben, vermutlich auf selber Strecke floh er auch, nicht einmal ein Jahr später, nach seiner Niederlage in Culloden und wurde von Flora MacDonald nach Skye gebracht. Daher hat der Zug auch seinen aktuellen Namen.

Das 30 Meter hohe Glenfinnan-Viadukt wurde 1897-98 erbaut als Teil der Bahnstrecke zwischen Fort William und Mallaig. Wir sind natürlich rechtzeitig da, um unsere Beobachtungsposten für die Ankunft es Zuges zu beziehen und sind damit wahrlich nicht alleine. Relativ pünktlich kündigt sich dann auch der Zug an. Wie er sich erst langsam und dann immer schneller über das 380 Meter lange Viadukt schiebt und dann nur wenige Meter unter uns vorbeirauscht ist wirklich ein tolles Erlebnis.

Auf dem Weg zurück nach Fort William legen wir noch einen letzten kleinen Stopp ein. Der Great Glen wird durchzogen von den Seen Loch Lochy, Loch Oich und Loch Ness. Ebendiese Seen hat man zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter der Leitung Thomas Telfords zum Kaledonischen Kanal verbunden, um so eine kurze Verbindung zwischen Nordsee und Atlantik zu ermöglichen.
Nur ein Drittel des 97 Kilometer langen Kanals mussten so künstlich geschaffen werden. Nichtsdestotrotz ist er ein technisches Meisterwerk, denn man musste eine Scheitelhöhe von 42 Metern mit insgesamt 29 Schleusen überwinden. Die erste und längste der entstandenen Schleusentreppen befinden sich ganz in der Nähe und so machen wir noch einen kleinen Abstecher zum sogenannten „Neptune's Staircase“. Wir haben Glück, denn es schiebt sich gerade ein Schiff in eine der insgesamt acht Schleusen.

Den Nachmittag verbringen wir mit einem Bummel durch die Fußgängerzone in Fort William, kaufen die ersten Souvenirs oder trinken ein Pint Bier in einem der vielen Pubs.
Die Rückfahrt zum Hotel gestaltet sich dann leider umständlicher als erwartet: aufgrund eines Unfalls ist die Straße zeitweilig gesperrt und wir sind gezwungen zu warten, denn Umleitungen gibt es in Schottland eher selten.
Wir sind froh, als wir mit einer Stunde Verspätung endlich unsere Unterkunft erreichen und unser Abendessen schon auf uns wartet.

Anspiel-Tipp: The Corries - The Skye Boat Song

01.07.2024 Tag 4 Entlang des Kaledonischen Kanals zum Loch Ness, weiter nach Inverness und Grantown–on–Spey

Auf der gleichen Route wie gestern fahren wir heute noch ein mal – glücklicherweise ohne Stau, dafür aber mit einer aufregenden Begegnung mit einem lebensmüden Hirsch – in Richtung Fort William. Dann biegen wir ab nach Norden und folgen dem Great Glen.
In Spean Bridge statten wir dem „Commando Memorial“, einer Gedenkstätte für die Soldaten des zweiten Weltkrieges, einen kurzen Besuch ab. So langsam scheint sich glücklicherweise der Regen etwas zu verziehen und der Himmel klart auf.
In Fort Augustus legen wir dann noch einmal eine kleine Pause ein. Auch hier gibt es am Kaledonischen Kanal eine besonders schön angelegte Schleusentreppe und zahlreiche kleine Geschäfte und Cafés. Dann haben wir auch schon das Südende des sagenumwobenen Loch Ness erreicht.
Die Geschichten über das Monster im See sind jahrhundertealt. Aufgrund der bis heute unbekannten Tiefe des Sees und des trüben und kalten Wassers sind um Loch Ness schon zu keltischen Zeiten Mythen um Kelpies und andere Wesen entstanden. Frühchristliche Missionare wollen dann im 8. Jahrhundert ein Seeungeheuer gesichtet haben und seit dem ersten Foto von „Nessie“ aus den 1930er Jahren versuchen immer wieder neue Glücksritter es hier zu Ehre und Reichtum zu bringen – bisher vergeblich.
Zunächst besuchen wir jedoch die bekannteste Ruine Schottlands, Urquhart Castle. Aufgrund der strategisch günstigen Lage direkt am See ist es über Jahrhunderte stark umkämpft gewesen. Bereits der Heilige Columban soll auf seinen Missionarszügen hier Unterschlumpf gefunden haben, der Clan Urquhardt ließ sich dann nieder und erbaute ein Lager, das dann im 14. Jahrhundert befestigt und vom Clan MacDonald verwaltet wurde. 200 Jahre später hatte die Burg an Bedeutung verloren und wurde schlussendlich von ihren Besitzern, den Grants, zerstört, damit sie nicht als Unterschlupf im Kampf der Jakobitern dienen konnte. Nach unserer Besichtigung und einer Mittagspause starten wir dann zu einer Schifffahrt auf dem Loch Ness. Anschließend sind es nur noch wenige Minuten mit dem Bus bis zur Mündung des Flusses Ness in den Moray Firth, wo auch die „Hauptstadt der Highlands“ liegt. Inverness ist vor allem auch Hochburg der Kiltmaker und so lässt sich bei einem Bummel durch die Innenstadt auch eine ganze Menge entdecken.

Am späten Nachmittag fahren wir weiter zu unserem Domizil für die nächsten beiden Nächte. Nach einer Stunde erreichen wir den nördlichen Teil des Cairngorms-Nationalparks. Der zweitjüngste ist mit seinen 3800 km² auch gleichzeitig der größte Nationalpark des Vereinigten Königreichs und wurde 2003 gegründet. Der Nationalpark wird geprägt vom Gebirgszug der Cairngorms, einem Teil der Grampian Mountains, heidebewachsenen Hochmooren und zahlreichen Seen. Neben etwa 20.000 Rothirschen lebt auch eine halbwilde Rentierherde im Nationalpark.
Grantown-on-Spey liegt mitten in den Cairngorms und ist der Innbegriff eines typischen Dorfs. Im ersten Hotel am Platz, dem 1765 eröffneten Grant Arms Hotel, beziehen wir unsere Zimmer und dürfen uns zum Abschluss des Tages ein leckeres Abendessen schmecken lassen.

Anspiel-Tipp: Runrig - The Story

02.07.2024 Tag 5 Culloden Battlefield, Chanonry Point und Black Isle Distillery

Innerhalb von nur 25 Minuten entschied sich am 16. April 1746 das Schicksal Schottlands unwiederbringlich. Bonnie Prince Charlie und seine Jakobiter verloren den Kampf gegen die königlichen Truppen und die mit ihnen verbündeten Clans und es folgte fast ein Jahrhundert der brutalen Unterdrückung und Vernichtung aller Dinge, die zum schottischen Kulturgut gehörten. Erst Königin Victoria etablierte schließlich alles, was wir heute mit Schottland verbinden, wie den Tartan oder den Dudelsack.
Noch eindrücklicher lässt sich das Geschehen der Schlacht von Culloden nach einem Besuch im angegliederten Visitor Centre nachvollziehen, wo man sich unter anderem per Videoinstallation mitten in das Schlachtfeld hinein versetzen lassen kann. Danach wirkt ein Spaziergang durch die tatsächlichen Örtlichkeiten umso nachdrucksvoller.
Das wechselhafte Wetter ist durchaus passend zur dramatisch belegten Kulisse, allerdings wünschen wir uns für den frühen Nachmittag durch ein bisschen beständigeres Wetter. Auf unserem Programm heute steht nämlich noch der Spaziergang zum Chanonry Point. Die Landzunge, die in den Moray Firth hineinragt und einer der besten Orte sein soll, um Delfine zu beobachten. Unser Fahrer Joe ist nicht ganz überzeugt von dem Plan, mit dem Bus so nah wie möglich an den Küstenpfad heranzufahren, meistert es aber schließlich doch mit Bravour, uns abzusetzen. Von hier aus spazieren wir etwa 20 Minuten entlang es Örtlichen Golfplatzes durch die schöne Strandvegetation bis zum Leuchtturm am Chanonry Point. Die dramatische Kulisse gibt zwar ein gutes Fotomotiv ab, aber eine Flasche Whisky erweist sich doch als recht praktisch, um dem Wind und dem leichten Nieselregen, der jetzt auch noch einsetzt, etwas entgegenzuwirken. Die Delfine lassen jedoch leider auf sich warten. Auch Robben sehen wir leider keine und so entscheiden wir uns, den Rückzug anzutreten und uns lieber wetterunabhängigen Dingen zu widmen.

Nicht weit entfernt liegt die Blick Isle Brewery, wo seit 1998 Bier in Bioqualität gebraut wird. Nach einer abenteuerlichen Anfahrt, die zuerst durch eine Schafherde und dann durch uneinsichtige Autofahrer erschwert wird, lernen wir das kleine Unternehmen bei einer Führung besser kennen. Hier wird noch fast alles in Handarbeit gemacht. Es gibt einen kleinen Crash-Kurs der Braukunst und im Anschluss dürfen wir das Endprodukt dann natürlich auch probieren. Jeder hat schnell seinen Favoriten gefunden und so werden natürlich auch hier ein paar kulinarische Souvenirs eingekauft. Gut gelaunt machen wir uns dann am späten Nachmittag wieder auf den Weg zurück nach Grantown-on-Spey.
Unterwegs legen wir noch einen Stopp ein im Örtchen Carrbridge. Hier befindet sich die vermutlich älteste Steinbrücke Schottlands. Erbaut wurde sie 1717, um Trauerzüge zur Kirche in Duthil zu ermöglichen.

Anspiel-Tipp: The Royal Scotts Dragoon Guards - Highland Cathedral

03.07.2024 Tag 6 Dalwhinnie Distillery, Cairngorms Nationpark und Aberdeen

Nun ist die Hälfte unserer Reise schon vorbei und wir haben uns noch gar nicht ausführlich mit Whisky beschäftigt – das kann natürlich nicht so bleiben. Also verlassen wir nach dem Frühstück unser gemütliches Hotel in Grantown-on-Spey und begeben uns auf die Fahrt in die südlicheren Gebiete der Cairngorms. Auf 354 Metern über dem Meer liegt, Dalwhinnie, die höchste Destille Schottlands. Sie wurde wurde 1897 von John Grant, George Sellar und Alexander Mackenzie unter dem Namen Strathspey gegründet, an einem Ort, an dem sich schon seit Jahrhunderten Viehhändler aus allen umliegenden gebieten trafen um Markt abzuhalten.
Bei einer Führung erfahren wir ein wenig über die Geschichte der Destille selbst und dann natürlich auch, wie die Herstellung des schottischen Single-Malt-Whiskys abläuft und unter welch strengen Auflagen er danach mindestens drei Jahre lang fassgelagert werden muss, um sich überhaupt so nennen zu dürfen. Die meisten Whiskys werden sogar noch viel länger gelagert, was dann natürlich auch die höheren Preise verständlich macht.
Am Ende dürfen wir dann natürlich auch einen der edlen Tropfen probieren. Besonders gut gefällt uns die Verkostung in Kombination mit der eigens für die Brennerei hergestellten Schokolade.
Gut gelaunt und mit zahlreichen Souvenirs im Gepäck fahren wir dann schließlich weiter Richtung Süden. Im pittoresken Örtchen Pitlochry legen wir unsere Mittagspause ein, bevor es dann durch die spektakulär schöne Landschaft des Cairngorms Nationalparks wieder ein Stückchen Richtung Norden geht. Joe hat sichtlich Spaß an den engen und kurvenreichen Landstraßen und wir bestaunen die stimmungsvollen Eindrücke im wechselhaften Wetter. Letztendlich kämpft sich dann doch die Sonne durch die Wolken und wir nähern uns langsam dem Aberdeenshire und der sogenannten „Royal Dee-Side“. Ganz in der Nähe liegt die königliche Sommerresidenz Balmoral. 1842 war Königen Victoria als noch sehr junge Königin, frisch verheiratet mit Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, zum ersten Mal nach Schottland gekommen und hatte sich hals über Kopf verliebt. Das junge Königspaar beschloss, sich in den Highlands einen Familienwohnsitz einzurichten und kaufte das Balmoral Estate im Jahre 1848 ohne es vorher besichtigt zu haben. Schnell realisierte man, dass das £31.500 (heute etwa vier Millionen) teure Anwesen für royale Zwecke zu klein sei und ließ unter der Leitung Alberts einen Neubau mit 70 Zimmern errichten.
Am Nachmittag erreichen wir schließlich Aberdeen. Im alten Teil der drittgrößten Stadt Schottlands treffen wir unsere Stadtführerin Yvonne. Mit ihr zusammen besichtigen wir zunächst die St Machar's Cathedral. Der Heilige soll hier schon im 6. Jahrhundert eine Kapelle gegründet haben, welche dann ab dem 12. Jahrhundert weiter ausgebaut wurde. Wir sind beeindruckt von dem historischen Gebäude mit der ungewöhnlichen Holzdecke. Unweit entfernt liegt das King's College, die erste Universität Aberdeens welche schon 1465 gegründet wurde. Noch immer sind die historischen Gebäude Teil der University of Aberdeen, an der heute ungefähr 17.000 Studierende eingeschrieben sind. Nach einem Spaziergang über das Gelände fahren wir weiter in Richtung des Hafens. Aberdeen ist bis heute einer der wichtigsten Häfen Schottlands mit einer der größten Fischereiflotten und Versorgungsschiffen für die Ölplattformen in der Nordsee. Wir sehen uns gemeinsam die ehemalige Fischersiedlung Footdee an, wo sich bunte Häuschen aneinanderreihen und einen beeindruckenden Kontrast zum umliegenden Industriehafen bilden. An der Mündung des Flusses Dee erwartet uns dann noch eine Überraschung: während wir gestern vergeblich gewartet haben, bekommen wir heute tatsächlich doch noch Delfine zu Gesicht!
Auf dem Weg zu unserem Hotel fahren wir nun noch durch die Neustadt, welche vollständig aus Granit erbaut wurde und Aberdeen somit auch den Namen „Silver City“ verschafft hat – in der Sonne glitzert der Glimmeranteil im Gestein nämlich sehr schön. Wir machen noch einen Stopp am Marischal's College, einem der größten Granitgebäude der Welt und der zweiten Universität in der Stadt. Über die Union Street, vorbei am Rathaus, geht es nur in Richtung Unterkunft. Wir verabschieden uns von Yvonne und beziehen unsere Zimmer bevor wir uns dann zum Abendessen im Hotelrestaurant treffen.

Anspiel-Tipp: Steam Jenny - Whisky in the Jar

04.07.2024 Tag 7 Highland–Rinder, Dundee und der Stein des Schicksals

Nach dem Frühstück verlassen wir unser Hotel in Aberdeen und begeben uns zurück aufs Land. Etwa 30 Kilometer außerhalb der Stadt hat sich Grace niedergelassen. Die sympathische Umweltökonomin kam als Studentin von einer kleinen Hebriden-Insel nach Aberdeen, hat jedoch nie den Traum aufgegeben, wie in ihrer Jugend wieder auf einem Bauernhof zu leben. Vor sieben Jahren konnte sie diesen Wunsch tatsächlich verwirklichen und was mit 6 Kühen begonnen hat, ist heute mit 100 Zuchtkühen ist größte Herde Highland-Rinder in Schottland. Die flauschigen Maskottchen der Highlands sind perfekt angepasst auf das Leben draußen in der Natur und trotzdem jedem Regen und Schnee. Eingeführt wurden sie schon im 9. Jahrhundert durch die Wikinger und wurden aufgrund ihrer Fleischqualität stets geschätzt. Da die Tiere jedoch mit den modernen Standards eines Mastrinds nicht mithalten konnten, haben viele Bauern von der Haltung abgesehen und andere Rassen eingeführt. Das Interesse an den Highland-Rindern blieb lange Zeit rein ästhetisch. Queen Victoria soll beispielsweise eine Vorliebe vor allem für die rothaarigen Kühe gehabt haben und Queen Elizabeth II. hat in Balmoral eine große Herde herangezüchtet. So hat auch das Königshaus relativ schnell von der mutigen Frau in der Nachbarschaft windbekommen, die versuchen wollte, das schottische Rind wieder auf die Teller in der Region zu bringen. Mittlerweile hat Grace sogar Charles III. und Camilla kennengelernt und in einigen ihrer Rinder fließt Balmoral-Blut. Stolz zeigt uns Grace einige ihrer schönsten Tiere und wir sind begeistert, einmal so nah heranzukommen. Mit Kuh-Model Duchess dürfen wir sogar ganz nah auf Tuchfühlung gehen und sie streicheln und kämmen. Die Kuh scheint die Aufmerksamkeit sehr zu genießen – sie ist ja mittlerweile auch ein Profi und hat schon vor unzähligen Kameras gestanden.
Im Anschluss an das Kennenlernen gibt es dann noch Tee, Kaffee und Shortbread für uns – und wer möchte, kann auch ein Stück Wurt vom Highland-Rind probieren und sich selbst von der Qualität überzeugen.
Von ihrer Leidenschaft hat uns Grace jedenfalls absolut überzeugt und wir sind beeindruckt von ihrem Durchhaltungsvermögen, das sie sogar durch die Pandemie getragen hat. Nach dieser tollen Begegnung geht es für uns weiter auf unserer Reise nach Süden.

Gegen Mittag geht es dann weiter für uns, an die Mündung des Flusses Tay in die Nordsee. Hier liegt die Universitätsstadt Dundee, die sich in den letzten Jahren auch zum Kulturzentrum entwickelt hat. Hier findet sich neben dem Expeditionsschiff RRS Discovery auch die kleine Schwester des Londoner Victoria & Albert Museums, das erste schottische Design-Museum. Hier lässt sich auch sehr gut die Mittagspause verbringen, bevor es dann für uns, dem Tay entlang, nach Perth weitergeht.
Über Jahrhunderte war die alte Königsstadt ein wichtiges Handels- und Handwerkszentrum, heute ist sie vor allem Verwaltungszentrum für die umliegende Region.
Unser Ziel liegt etwas außerhalb der Stadt: Scone war einst der wichtigste Ort der schottischen Könige, denn hierher auf den sogenannten Moot Hill, soll Kenneth McAlpin den mystischen Stein der Vorsehung gebracht haben, der fortan, bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, fester Bestandteil des Inthronisierungsrituals geblieben war – bis der englische König Edward I. ihn stehlen ließ. Bis 1996 wurde der Stein in der Westminster Abbey aufbewahrt und war dort weiterhin Bestandteil des, mittlerweile britischen, Throns. Inzwischen ist der sagenumwobene Sandsteinblock zurück in Schottland, seit diesem Jahr in einem eigens dafür eingerichteten Museum. Der Palast von Scone verlor nach dem Verlust des Steins und der immer größeren Beliebtheit Stirling Castles an Bedeutung, sodass das Anwesen 1600 an die Familie Murray, die heutigen Earls of Mansfield, weitergegeben wurde. Der heutige Palast aus dem 19. Jahrhundert ist noch immer Familiensitz und die Ausstellung zeigt interessante Sammlungen und Fotografien aus der Familiengeschichte.
Nach der Besichtigung dürfen wir es uns dann in der alten Küche gemütlich machen, und typisch britischen Cream Tea genießen: Tee und Scones mit Marmelade und Clotted Cream – lecker!

Dann geht es für uns weiter nach Süden: wir überqueren den Firth of Fourth, einen Meeresarm, der sich 80 Kilometer ins Land hineinschlängelt und können dabei die drei eindrucksvollen Brücken bestaunen, die den Norden mit der Hauptstadt Edinburgh verbinden.
Es wird nun auch Zeit, unseren Busfahrer Joe zu verabschieden, denn unsere gemeinsame Zeit ist nun leider vorbei. Am frühen Abend erreichen wir unser letztes Hotel der Reise.
Unser Abendessen nehmen wir heute ganz stilecht in der Edinburgher New Town ein und haben so die Möglichkeit, die ersten Eindrücke von der Stadt zu sammeln, bevor wir uns morgen ausführlicher mit allem beschäftigen werden.

Anspiel-Tipp: George Donaldson: The Parting Glass

05.07.2024 Tag 8 Die glanzvolle Hauptstadt: Edinburgh

Nun wird es aber höchste Zeit, Schottlands Hauptstadt richtig kennenzulernen. Wir werden von einem bekannten Gesicht begrüßt: Fahrer John, den wir schon aus Glasgow kennen, holt uns heute morgen ab. Gemeinsam fahren wir los, um unsere Stadtführerin Beryl abzuholen.
Mit der Stadtrundfahrt starten wir in der Edinburgher Neustadt, die jedoch älter als so manche Stadt in den USA ist. Erbaut wurde sie im 18. Jahrhundert, als die Altstadt aus allen Nähten zu platzen drohte und viele wohlhabende Bürger begonnen hatten aus Angst vor Krankheiten und Baufälligkeit ihrer Häuser die Stadt zu verlassen. Konzipiert wurde die New Town als reines Wohnviertel ohne gewerbliche Nutzung, das führt bis heute dazu, dass hier tatsächlich viele (wenn auch wohlhabende) Menschen wirklich mitten in der Stadt wohnen. Wir überqueren die prächtige Princes Street und haben einen guten Blick auf das Ehrenmonument für den Nationalliteraten Sir Walter Scott und das Balmoral Hotel, wo J.K. Rowling den letzten Band ihrer Harry Potter-Reihe zuende geschrieben hat.
Wir fahren nun entlang der einzigen Frischwasserquelle der Stadt, dem Water of Leith durch die ehemaligen kleinen Vorstädte, die heute zwar selbstverständlich mit der Stadt verwachsen sind, sich aber ihren dörflichen Charakter bewahren konnten. Einen Stopp legen wir ein am Fettes College, einst gegründet als Schule für Waisenjungen, heute eine Talentschmide für die künftige Elite. Es geht nun weiter zum Botanischen Garten und dann zurück ins Zentrum.
In der hügeligen Altstadt geht es für uns zum befahrbaren Teil der Royal Mile, die die Burg mit dem Palace of Holyrood House verbindet. Hier ist heute einiges los, denn der Duke of Edinburgh Preis soll heute verliehen werden und daher sind einige Mitglieder des Königshauses anwesend. Über uns thront nun der Arthur's Seat, der Hausberg der Stadt. Ganz in der Nähe können wir das schottische Parlamentsgebäude betrachten, das keinen deutlicheren Kontrast zur restlichen Altstadt bilden könnte.
Über die Cowgate geht es nun zum Grassmarket, wo einst der Galgen gestanden hat. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf die bunten Häuser der Victoria Street und hinauf zum Castle – unserem nächsten Ziel. John bringt uns noch ein wenig näher, dann verabschieden wir uns von ihm und setzten den Rest des Weges zu Fuß fort. Vorbei an Dudelsackspielern und anderen Glücksrittern geht es für uns auf die Castle Esplanade. Hier deutet schon alles auf die Festival Season hin: zunächst Konzerte und dann im August das Royal Edinburgh Military Tattoo.
Wir verabschieden uns von Beryl und betreten dann die ehrwürdigen Mauern des Edinburgh Castle. Schon mindestens seit dem 12. Jahrhundert befindet sich auf der höchsten Stelle des vulkanischen Bergkamms eine königliche Befestigung, die seit jeher aus- und weitergebaut wurde. Noch heute untersteht die Burg dem britischen Militär und so ist es nicht verwunderlich, dass sich in den historischen Gebäuden auch Militär-Museen, sowie eine große Gedenkhalle für im Krieg gefallene Soldaten befinden. Das große Highlight ist jedoch für die meisten Besucher die Besichtigung der schottischen Kronjuwelen, die jedoch nur aus einer Krone und einem prächtigen Schwert – wohin der Rest im 17. Jahrhundert verschwunden ist, das ist leider bis heute ungeklärt.
Mit dem Abfeuern der One O'Clock Gun, welche traditionell als Zeitsignal für die Segelschiffe im Hafen von Leith abgefeuert wird, verlassen wir das Castle und begeben uns nun auf individuelle Erkundungstour durch die Stadt. Bei dem herrlichen Wetter heute macht es besonders großen Spaß durch die belebten Gassen der Altstadt zu flanieren oder in den Princes Gardens zu sitzen, und das bunte Treiben zu beobachten.
Am Abend treffen wir und gemeinsam am Haymarket um den Tag bei traditionellem Fish & Chips ausklingen zu lassen. Und obwohl der Abend für die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft nicht besonders gut ausgeht, lassen wir uns davon die Laune nicht verderben. Nichts ist schließlich so schlimm, dass ein Gläschen Whisky es nicht wieder gutmachen könnte.

Anspiel-Tipp: The Pipes and Drums Of The Royal Tank Regiment - Scotland the Brave

06.07.2024 Tag 9 Die Borderlands: Melrose Abbey und Rosslyn Chapel

Nach dem Frühstück verlassen wir heute Edinburgh noch einmal und fahren Richtung Süden, in die sogenannten Borderlands. Während der letzten Jahrhunderte war diese hügelige Landschaft, die heute quasi direkt an die südlichen Vororte der Hauptstadt anschließt starkt umkämpft und die Grenze zu England hat sich mehrmals verschoben.
Schon die Römer haben hier im 2. Jahrhundert n. Chr. eine Befestigungsmauer gebaut, um den Handels- und Personenverkehr in die Gebiete außerhalb der Provinzen von Britannia zu überwachen. Während die Römer ab dem 5. Jahrhundert wieder verschwanden, blieben die Handelsruten zwischen Süd und Nord bestehen und so durchqueren wir auf der Hauptverkehrsstraße Richtung Süden mehrere Kleinstädte mit der Auszeichnung Royal Burgh. Sie waren einst die Zwischenstationen, wo Reisende eine Mahlzeit und einen Schlafplatz finden konnten. Eine davon ist Melrose, bekannt vor allem wegen seiner Abtei, die im 12. Jahrhundert auf Wunsch des Königs David I. durch den Orden der Zisterzienser errichtet wurde. Die Reformation überlebte das Kloster jedoch nicht, es wurde zunächst enteignet, dann geschliffen und schlussendlich dem Verfall überlassen. Noch heute zeugen die erhaltenen Ruinen von der einstigen, für ein Zisterzienserkloster untypischen, Pracht des Klosters. Auch das Zentrum des kleinen Städtchens ist einen Besuch wert und so entscheiden wir uns, hier unsere Mittagspause zu verbringen.
Vorbei am beeindruckenden Leaderfootviaduct wandeln wir dann weiter auf den Spuren des Nationaldichters Sir Walter Scott. Der in Edinburgh geborene Schriftsteller wählte die Borderlands um Melrose herum als seine Heimat und ließ sich in Abbotsford ein prächtiges Herrenhaus erbauen. In die umliegenden Hügel des Tweedtals kam er um sich inspirieren zu lassen. Wir tun es ihm gleich, und wählen den berühmten „Scott's View“, um uns mit einem Tröpfchen Whisky gebührend von Schottland zu verabschieden. Ganz nebenbei bekommen wir auch noch eine gratis Vorführung wie ein Bordercollie unten im Tal eine Schafherde zusammentreibt. Auch wenn die Wolle, die der Gegend einst zu Wohlstand verholfen hat, heute kein lohnenswertes Geschäft mehr ist, sind die Schafe im Tweedtal geblieben. Heute verdienen die Schäfer ihr Geld jedoch vor allem mit Lammfleisch.
Entlang idyllischer Landstraßen, immer den River Tweed im Blick, fahren wir weiter bis nach Peebles, wo wir nochmals einen kleinen Stopp einlegen. Dann geht es weiter zur wohl sagenumwobensten Kapelle in ganz Schottland: Rosslyn Chapel ist nicht erst durch die Romane von Dan Brown zum Mysterium geworden. Sir William Sinclair ließ dieses Meisterwerk der gotischen Architektur im 15. Jahrhundert, unter anderem als letzte Ruhestätte für seine Familie, erbauen. Große Rätsel gibt die vermutete Umbettung einiger längst verstorbener Verwandter auf, denn ihnen wurden Verbindungen nach Frankreich und vor allem auch zum legendären Templer Orden nachgesagt. Einige Forscher vermuten daher, dass die Kapelle als Versteck für den Schatz der Templer, oder sogar für den Heiligen Gral, errichtet wurde. Dafür spricht, dass die Krypta versiegelt worden war – gefunden hat man jedoch nichts. Ein offensichtlicher Schatz ist die Architektur selbst, die in Schottland ihres Gleichen sucht. Das berühmteste Beispiel der raffinierten Steinmetzkunst sind die Meistersäule und die Lehrlingssäule. Über die Letzte wird berichtet, dass ein Lehrling in der Nacht eine Vision hatte und diese sofort in seiner Steinmetzarbeit an der Säule verwirklichte. Am Morgen sah der Meister diese und tötete aus Neid den Lehrling.
Diese besondere Säule zeigt den Lebensbaum, an dessen Wurzeln mehrere Drachen nagen. Dieses Motiv ist bekannt aus der nordischen Mythologie und könnte auf mögliche Verbindungen der Familie Sinclair nach Skandinavien deuten.
Mythos hin oder her – wir sind begeistert von diesem einmaligen Bauwerk und können uns kaum sattsehen.
Zurück in Edinburgh geht es dann später für uns zu unserem letzten gemeinsamen Abendessen im Pub Ghillie Dhu. In der ehemaligen Kirche ist heute Ausnahmezustand: England spielt in der Fußball-Europameisterschaft gegen die Schweiz und der Pub ist natürlich voll mit Engländern. Wir nehmen also den ersten Gang mitten im Trubel ein, bis sich dann das Spiel endlich beim Elfmeterschießen entscheidet. Der restliche Abend wird dann durch zurückhaltendere Live Musik untermalt, was den meisten von uns deutlich besser gefällt.
Beim Spaziergang zurück zum Hotel müssen wir uns dann leider so langsam schon einmal von Edinburgh verabschieden...

Anspiel-Tipp: Dougie MacLean - Auld Lang Syne

07.07.2024 Tag 10 Heimreise

Die letzten neun Tage sind vergangen wie im Flug. Insgesamt ungefähr 1350 Kilometer durch Schottland haben wir zusammen zurückgelegt und dabei viele verschiedene Facetten dieses wunderschönen Landes kennengelernt. Das Wetter war zwar sehr abwechslungsreich, hat es aber doch meistens sehr gut mit uns gemeint.
Mit einem Koffer voll Souvenirs und einem Kopf voll Erinnerungen, geht es nach unserem letzten gemeinsamen Frühstück in Edinburgh auf in Richtung Glasgower Flughafen. Die blinden Passagiere in unserem Bus können wir gerade noch rechtzeitig belehren - sonst wäre deren Reise vielleicht schneller zu Ende gewesen, als ihnen lieb gewesen wäre.
Angekommen am Flughafen geben wir schnell unser Gepäck auf und ein letztes Whisky-Tasting versüßt uns ein wenig den bitteren Abschied.
Dann ist der Moment des Abschieds gekommen, denn für einige von uns endet die gemeinsame Reise schon am Flughafen in Frankfurt, während die anderen noch den berüchtigten Frankfurt-Flughafen-Marathon absolvieren müssen, um die Anschlussflüge nach Dresden und Leipzig zu erreichen.
So geht eine schöne und ereignisreiche Reise zu Ende, die hoffentlich noch lange im Gedächtnis bleiben und vielleicht auch Lust auf mehr machen wird - denn es gibt noch so Vieles zu erkunden...

Schlusswort

Meine liebe Reisegruppe,

ich möchte Euch ganz herzlich Danken für diese schöne Reise und für Euren tollen Gruppenzusammenhalt. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, Euch allen Schottland zum ersten Mal zu zeigen und ich hoffe sehr, dass ein paar Funken übergesprungen sind und Ihr meine Liebe zu diesem Land nun auch teilen könnt.
Ich würde mich sehr freuen, Euch mal wieder auf einer anderen Reise zu begegnen - nach Schottland, oder auch woanders hin :)

Sláinte und beannachd leat,
Eure Sinah

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