Reisebericht: Rundreise Lago Maggiore – Norditalien erleben

14.04. – 21.04.2017, 8 Tage Rundreise in Italien: Verbania, Baveno oder Stresa am Lago Maggiore – Mailand mit Scala–Besuch – Locarno mit Seilbahnfahrt – Verzasca–Tal – Luganer See – Comer See – Bellagio – Ortasee mit Zug– und Schifffahrt – Centovallibahn – Borromäische Insel


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Allein schon das Hotel mit Blick auf den Lago Maggiore und die Borromäischen Inseln beim an den fortschreitenden Tageszeiten unterschiedlich wirkenden Sonnenlicht wäre den Urlaub wert gewesen. Dazu noch andere Seen und immer das grandiose Alpenpanorama.
Ein Reisebericht von
Andreas Höhn

Anreise am Karfreitag

Die Anfahrt klappte perfekt bis in die Schweiz hinein, eine Mitreisende aus Pforzheim stieg pünktlich noch am Nachmittag in Ulm zu, doch in der Schweiz vor dem San- Bernardino- Tunnel erwischte uns doch der Feiertagsverkehr. Kurz vor dem Tunnel legten wir noch bei herrlichem Sonnenschein im malerischen Milchbauerndörfchen Nufenen eine längere Pause ein. Bis zum Ziel ging es dann eher schleppend voran, allerdings entschädigte auf der letzten Etappe der ständige Blick auf den Lago Maggiore im Abendlicht. Trotz einiger Verspätung erwartete man uns im Hotel mit einem ersten Abendmenu.

Ortasee am Karsamstag

Am Karsamstag ging es nach dem Frühstück zum nahe gelegenen Ortasee. Er bedeckt bei 13,4 km Länge und 2,5 km Breite eine Fläche von 18,136 km². Gemessen an seinem Volumen von 1,286×106 m³ und einer größten Tiefe von 143 Metern ist er in beiden Kategorien der siebtgrößte See Italiens. In der Mitte des Sees liegt die Isola San Giulio, benannt nach dem griechischen Diakon Julius, der hier am Ende des 4. Jahrhunderts lebte und eine kleine Kirche errichtete. Die Insel ist an der längsten Stelle 275 Meter lang, an der breitesten Stelle 143 Meter breit und hat einen Umfang von etwa 700 Meter. Im Mittelalter beherbergte sie vermutlich einen Sitz der Bischöfe von Novara und war als Festung ausgebaut. Auf der Insel thronen die Basilica di San Giulio, ein Nonnenkloster, die Abtei Mater Ecclesiae und ein Glockenturm.
Der Legende nach kamen die griechischen Brüder Julius und Julian aus Ägina in die Gegend und zerstörten mit Einverständnis des Kaisers Theodosius alle heidnischen Tempel, um an ihrer Stelle Kirchen zu bauen. Als sie 99 Kirchen errichtet hatten, wollten sie die Hundertste bauen, in der sie auch begraben werden wollten. Julius ließ seinen Bruder in Gozzano zurück, einer Ortschaft am südlichen Ufer des Sees, und machte sich auf den Weg nach Norden. Sein Ziel war eine kleine unbewohnte Insel auf dem See, die von Schlangen und Drachen heimgesucht war. Er breitete seinen Mantel auf dem See aus und erreichte die Insel, vertrieb die Schlangen und Drachen und baute dort seine hundertste Kirche ungefähr an der gleichen Stelle, wo die Basilika von San Giulio heute ist. 392 wurde er dort begraben.
Wir fuhren mit einer kleinen Bahn vom Busbahnhof Orta hinunter zum See und mit einem Boot zur Insel, wo wir direkt vor der alten Klosterkirche anlandeten. Die dreischiffige Kirche mit romanischem Gepräge wurde im 12. Jahrhundert nach dem Vorbild der alten Kathedrale von Novara errichtet. Innen befindet sich ein wertvoller Ambo aus grünem Serpentinmarmor aus Oira, der von vier älteren Säulen getragen wird und ein Meisterwerk der romanischen Bildhauerei des 12. Jahrhunderts darstellt. Der Ambo ist mit den vier Symbolen der Evangelisten und Szenen des Kampfes zwischen Gut und Böse verziert.
Zahlreiche Fresken bedecken einen Großteil der Wände in den Seitenschiffen, wo auch Kapitelle des 12. Jahrhunderts zu sehen sind. Das älteste Bild ist wahrscheinlich das mit dem Martyrium des hl. Laurentius auf einer Seite des zweiten Pfeilers links. Ebenfalls an den Pfeilern erkennt man die Bilder der Heiligen: Antonius der Große, Martin von Tours, Donninus, Christophorus, Elias, Julius, Audentius, Dorothea, Firmus, Apollonia, Nikolaus von Myra und Leonhard. Der Zyklus der Fresken im dritten Joch lässt sich ans Ende des 15. Jh. datieren; er umfasst: in den Kappen der Decke die Kirchenlehrer; unter dem Bogen Figuren von Heiligen; an der Wand in der Lünette die Geburt Christi und weiter unten die Cosmas und Damian an den Halbsäulen der Wand und in der Mitte davon die Figuren der Sebastian, Rochus, Jakob, Katharina von Alexandrien und Blasius, ein Fresko von 1486.
An der Wand des linken Schiffs finden wir ein großes Fresko mit der Darstellung der Dreieinigkeit in den Formen eines Gnadenthrons und im oberen Teil und Geschichten des heiligen Julius in der Form unterhaltsamer volkstümlicher Bilder im unteren Teil. Man konnte dann den so genannten Weg der Stille, der einmal rund um die kleine Insel führt gehen, bevor ein Boot uns wieder in den Hauptort brachte. Hier in Orta San Giulio galt es, den 400 Meter hohen Sacro Monte zu besteigen. Ein Kreuzweg mit zwanzig teilweise qualitätvoll ausgemalten Kapellen führt zum 1583 gegründeten Franziskanerkloster hinauf. In vielen Kapellen finden sich auch Gruppen lebensgroßer Terrakottafiguren, die wichtige Stationen der Passion Christi und aus dem Leben des hei8ligen Franziskus von Assisi darstellen. Fresken und Figuren geben einen interessanten Überblick über die norditalienische Kunst von der Renaissance bis zum Klassizismus. Das ganze Geschehen wurde duch mehrere Gruppen katholischer Pfadfinder aufgelockert. Die Jugendlichen eroberten die Landschaft mit Spiel und Gesang. Wer den ansteigenden Kapellenweg scheute, ließ es sich im hübschen Ort mit seinen engen Gassen und den netten Geschäften und Bars gut gehen oder erfreute sich einfach am Sonnenschein. Zurück in Stresa stiegen viele Gäste im Ortszentrum aus, während es sich andere im Hotel bis zum Abendessen gemütlich machten.

Ostersonntag– Lugano und Comer See

Nach dem Frühstück fuhren wir am Nordwestufer des Lago Maggiore entlang auf die Schweizer Seeseite ins Tessin und über Locarno nach Osten zum Luganer See nach Lugano. Die Stadt ist umgeben von den drei Aussichtsbergen Monte Brè (925 m) im Osten, Monte San Salvatore (912 m) im Westen und dem Sighignola (1314 m) am gegenüberliegenden Seeufer, dessen Gipfel bereits auf italienischem Boden liegt. Im Mittelalter war Lugano von Konflikten zwischen Como und Mailand betroffen, die oft auf Schlachtfeldern auf dem Gebiet des heutigen Kantons Tessin ausgetragen wurden. In der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts gelangte die Stadt unter die Herrschaft der Mailänder Visconti. Später wurde sie von französischen Söldnern besetzt, die 1513 ihrerseits von den Eidgenossen vertrieben wurden; seither stand Lugano unter eidgenössischer Herrschaft. Mit dem Einrücken französischer Revolutionstruppen 1798 in das Gebiet der Eidgenossenschaft endete der Untertanenstatus des Tessins, und Lugano wurde für ein paar Jahre zum Hauptort des Kantons Lugano der Helvetischen Republik. 1803 kam Lugano zum Kanton Tessin, dessen Hauptort bis 1878 alle sechs Jahre zwischen Bellinzona, Locarno und Lugano wechselte.
Die Gäste schlenderten durch den Ort oder zum Parco civico mit seiner üppigen südlichen Vegetation und der Villa Ciani. Westlich des Parks schließt sich die Seepromenade an, die bis nach Paradiso führt. In der Altstadt sind vor allem die Flaniermeile Via Nassa und die Piazza Riforma einen Besuch wert gewesen.
Viele gingen in die Kathedrale San Lorenzo, die das erste Mal 875 erwähnt wurde. Die prachtvolle Renaissancefassade wurde 1517 abgeschlossen. Leider wird der Dom innen noch restauriert und ist deshalb nicht zugänglich. Noch interessanter bot sich die Pfarrkirche Santa Maria degli Angioli dar. In dieser 1500 fertig gebauten Kirche findet man die schönsten Fresken der Meister der Renaissance. Die Darstellungen «Kreuzigung Christi», «Das Abendmahl» und «Die Muttergottes mit Kind» im Innern der Kirche wurden von Bernardino Luini gemalt, einem Schüler Da Vincis.
Nach dem Aufenthalt in dieser eher mondän wirkenden Stadt fuhren wir nach Cadenabbia, um von dort mit dem Fährschiff ans andere Ufer nach Bellagio zu gelangen. Leider fand unser Bus keine Parklücke und konnte später auch nicht wenden, zudem wurde der Feiertagsverkehr immer dichter, so dass wir uns entschlossen, dem Stau zu entgehen und die Freizeit im namensgebenden Hauptort des Sees, in Como zu verbringen. Como liegt mit 84.495 Einwohnern in der italienischen Lombardei und Hauptort der gleichnamigen Provinz.
Das Gebiet auf den Hügeln südlich des Comer Sees wies seit dem 10. Jahrhundert v. Chr. eine dichte dörfliche Besiedlung auf. Nach einer Blütephase im 5. Jahrhundert v. Chr. kam es nach den Einfällen der Kelten zu einem Niedergang. Seit augusteiischer Zeit war die Stadt ein durch die Eisengewinnung wohlhabendes Municipium. Die Ufer des Sees waren mit Villen übersät. Es war der Geburtsort sowohl Plinius des Älteren als auch des Jüngeren. Letzterer gründete hier Bäder und eine Bibliothek und spendete Geld zur Unterstützung von Waisen. Noch heute zeigt die Stadt den planimetrischen Grundriss des römischen castrum. Reste der römischen Umfassungsmauer verlaufen unterirdisch parallel zu den noch sichtbaren mittelalterlichen Stadtmauern.
Como litt erheblich unter den frühen germanischen Invasionen. Viele der Einwohner nahmen auf der Isola Comacina bei Sala Zuflucht, kehrten aber in der langobardischen Zeit zurück. In dieser Zeit begannen die Magistri Comacini, eine privilegierte Zunft der Architekten und Steinmetze zu gründen, die auch in anderen Teilen Italiens beschäftigt wurden. Como kam dann unter die Herrschaft der Erzbischöfe von Mailand, gewann gegen Ende des 11. Jahrhunderts aber seine Freiheit wieder. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts brach zwischen Como und Mailand Krieg aus, und nach zehn Jahren wurde Como eingenommen und seine Befestigungen wurden 1127 geschleift. 1154 zog es aus der Ankunft Friedrich Barbarossas Vorteil und blieb ihm während des ganzen Krieges mit dem Lombardenbund treu. 1183 erhielt Como im Konstanzer Frieden wie alle lombardischen Kommunen die Unabhängigkeit. Nach häufigen Kämpfen mit Mailand fiel Como von 1335 bis 1447 unter die Macht der Visconti. Nach einer kurzen Zeit der Unabhängigkeit als Repubblica di Sant'Abbondio unterwarf sich Como 1450 Francesco Sforza, dem Herzog von Mailand. 1521 wurde Como von den Spaniern belagert und geplündert und fiel wie der Rest der Lombardei unter die spanische Herrschaft. Im Frieden von Rastatt kommt Como zusammen mit dem Gebiet Mailands 1714 an Österreich, später dann zur Cisalpinischen Republik, zum napoleonischen Königreich Italien und wieder zu Österreich. In der napoleonischen Ära war es die Hauptstadt des Départements Lario. Seine Seidenindustrie und die Lage am Eingang der Alpenpässe verliehen ihm selbst da einige Bedeutung. Como trug in den „Fünf Tagen" im März 1848 (Cinque giornate) zusammen mit Mailand wesentlich zu den nationalen Aufständen gegen die österreichische Garnison bei. 1859 empfing Como Giuseppe Garibaldi nach dem Sieg von San Fermo als Befreier von der österreichischen Herrschaft.
Unser Busfahrer ließ uns nahe der Kathedrale aussteigen, die wir gemeinsam mit dem Reiseleiter anschauen konnten. Der Bau wurde erst 1396 begonnen, die Fassade stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, hat aber noch gotische Züge. Der plastische Schmuck des Comer Domes, der deutlich zur Renaissance gehört, wurde von Tommaso Rodari und seinen Brüdern um 1500 herum geschaffen. Zu beiden Seiten des Hauptportals sind, ungewöhnlich genug für eine christliche Kirche, die zwei heidnischen, in Como geborenen Schriftsteller Plinius der Ältere und der Jüngere verewigt, die beide in Como im 1. und 2. nachchristlichen Jahrhundert geboren wurden. Die Kuppeln wurden erst im 18. Jahrhundert vollendet. Damit gehört der Comer Dom zu den vielen bedeutenden Kirchen, an denen jahrhundertelang gebaut wurde, insgesamt von 1396 bis 1744.
San Fedele liegt nicht weit weg vom Dom an derselben Straße und die meisten Gäste nahmen den Weg dorthin. Erbaut wurde diese Kirche im ausgehenden 12. Jahrhundert und von der mittelalterlichen Dekoration der Kirche sind noch einige Reste erhalten. Das imposant wirkende Nordportal liegt direkt zu der Straße vom Dom. Ganz links ist Daniel in der Löwengrube dargestellt, darüber Habakuk mit einem Engel. Das geflügelte Tier rechts wird teilweise als kämpfender Drache gedeutet, manchmal aber auch als geflügelter Löwe.
Einige Mitreisende wagten auch den Weg durch das alte Stadttor zur Kirche Sant'Abbondio, die älter ist, als der Dom. Ihr Langhaus wurde von 1022 bis 1095 errichtet, also zur Zeit der Ottonen, weshalb die Ähnlichkeit mit deutschen romanischen Gebäuden offensichtlich ist. Die Ornamentik erinnert sehr an die des Domes zu Speyer, der gleichzeitig gebaut wurde, so dass man hier von der gleichen Bauschule sprechen kann. Die beiden Türme weisen ebenfalls auf nordeuropäische Vorbilder hin, denn italienische Kirchen hatten zu dieser Zeit längst Campanile, also getrennte Glockentürme neben der Kirche. Der Innenraum mit seinen auffallenden Rundstützen verweist auf sein Vorbild Tournus in Burgund. Der Chor wurde über 100 Jahre nach dem Langhaus gebaut. Sein umfangreiches Freskenprogramm stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts und seine Themen sind das Leben Christi und der Apostel Petrus und Paulus. Diese Malerei erinnert an die Giottos in der Toskana und in Umbrien, und tatsächlich werden diese Fresken einem Sieneser Meister zugeschrieben, der um 1350 diesen Stil in den Norden gebracht hat.
Nach diesem kunsthistorisch überaus ergiebigen und durch das lebendige Stadtleben kurzweiligen Aufenthalt fuhren wir zurück nach Stresa, um das Ostermenu zu genießen.

Ostermontag– Verzascatal und Locarno

Gleich nach dem Frühstück fuhren wir ins noch urtümlich schroffe Verzascatal, eine wilde ursprüngliche Gegend mit steilen Hängen und unzähligen Wasserfällen. Die Rustici aus grauem Stein mit weißen Umrandungen an den Fenstern und schweren Steinplattendächern sind typisch für das Tal. Kapellen entlang der Wege zeugen vom religiösen Glauben der Bewohner.
Das Tal ist das geometrische Zentrum des Tessins. Es ist das einzige, das nur an Tessiner Täler grenzt. Es liegt zwischen der Leventina und dem Maggiatal und erstreckt sich über eine Länge von 25 km in Süd-Nord-Richtung nördlich des Lago Maggiore. Der Talboden liegt auf 500-900 m ü. M. Die Berge, die das ganze Tal umrahmen, haben eine durchschnittliche Höhe von 2400 m. Das Tal wird vom Fluss Verzasca durchflossen, der am Talausgang gestaut wird und den Lago di Vogorno bildet, bevor er in der Magadinoebene in der Nähe des Ticino in den Lago Maggiore fließt.
Der zur Elektrizitätserzeugung genutzter Speichersee befindet sich am Ausgang des Tals bei der Gemeinde Gordola. Zwei Kilometer flussabwärts mündet die Verzasca in den Lago Maggiore. Der See wird aufgestaut durch den 1965 fertiggestellten Verzasca- oder Locarnodamm. Mit einer Höhe von 220 Metern ist hier die vierthöchste Staumauer der Schweiz. Mehrere Actionfilme wurden an der Staumauer gedreht, so der James Bond- Krimi „Golden Eye". Bungeespringer nutzen den Damm für ihren adrenalinintensiven Sport.
Nach einer Pause in dem hübschen Ort Sonogno, der malerisch am Talende direkt am Fluß liegt, fuhren wir weiter nach Locarno, das zusammen mit Lugano und Grono der wärmste Ort der Schweiz ist. Es gilt als die nördlichste Ortschaft mit mediterranem Klima an einem See.
Daher gedeihen in Locarno viele südländische Pflanzen wie Palmen oder Zitronenbäume. In der nahe gelegenen Magadinoebene wird erfolgreich Reis angepflanzt. Nicht zuletzt aufgrund des milden Klimas ist der Ort stark vom Tourismus geprägt.
Der Ort, wo sich heute Locarno befindet, war schon in der jüngeren Bronzezeit (circa 14. Jahrhundert v. Chr.) besiedelt, wie man dank einer 1934 entdeckte Nekropole weiss. Spätere Besiedlungen lassen sich aufgrund von Nekropolen der Latène- und der Römerzeit nachweisen. 866 wird ein königlicher Hof urkundlich genannt. Kaiser Barbarossa gewährte Locarno 1164 ein neues Marktrecht und 1186 die Reichsunmittelbarkeit. 1342 eroberten die Visconti die Stadt, die es von 1439 bis 1503 den Rusca als Lehen vergaben. Die Eidgenossen eroberten die Stadt 1503, erhielten das Schloss allerdings erst 1513 aus der Hand des französischen Königs Ludwig XII. Die Reformation fasste in Locarno zeitig Fuß, 1555 mussten die Reformierten die Stadt jedoch verlassen und zogen nach Zürich, wo sie Bedeutendes zu dessen wirtschaftlichem Aufschwung beitrugen.
Nach dem Zusammenbruch des französischen Königtums kam Locarno 1798 zum neu geschaffenen helvetischen Kanton Lugano und gehört seit 1803 dem neugeschaffenen Kanton Tessin an. In den 1870er Jahren, als die Verkehrsverbindungen sowohl nach Norden wie nach Süden besser wurden, begannen sich in der Region Locarno die Hotellerie und der Tourismus zu entwickeln, die bis heute das wirtschaftliche Rückgrat der Stadt bilden. Das Filmfestival von Locarno fand erstmals 1946 statt und gehört zu den wichtigsten der Welt.
Am 16. Oktober 1925 wurden die Verträge von Locarno zwischen Deutschland, Belgien, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Polen und der Tschechoslowakei geschlossen, die den völkerrechtlichen Status Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg neu regelten. Gemeinsam fuhren wir mit dem Bus zum Bahnhof und schlenderten zur nahe gelegenen Standseilbahn, die uns zur Wallfahrtskirche Madonna del Sasso brachte, die auf einem Felsen oberhalb der Stadt liegt. 1480 soll dort ein Franziskanermönch aus Ivrea eine Muttergotteserscheinung gehabt haben, die den Bau von Kapellen und einen Pilgertourismus auslöste. Wie in Domodossola schuf man auch hier Skulpturenensembles, die zum Beispiel ein Abendmahl mit überlebensgroßen Figuren zeigen. Zudem bietet der Berg ein tolles Panorama. Nach der Rückfahrt ging die Gruppe gemeinsam bis zur Piazza Grande, dem Hauptplatz von Locarno. Die meisten Mitreisenden besichtigten anschließend die nahe gelegene Franziskanerkirche, sowie die Santa Maria Assunta mit der imposanten Christophorusfigur am Eingang. Gleich hinter dem Busparkplatz am Bahnhof war noch ein Kleinod der Romanik zu finden, die Chiesa San Vittore aus dem 11. Jahrhundert. Ein Juwel die Krypta mit gut erhaltenen Kapitellen, sowie mittelalterliche Fresken. Auf der Heimfahrt legten wir noch einen kleinen Stopp im Nachbarort Baveno ein, wo die den Heiligen Gervasius und Protasius geweihte romanische Kirche die Ortsmitte bildet. Eine lange Seepromenade lädt zum Flanieren ein. Beim Abendessen konnten alle auf ein sonniges und erlebnisreiches Osterfest blicken.

Dienstag, den 18. April – Mailand

In der Morgensonne ging es um halbneun los nach Mailand, wo wir vor dem Monumentalfreidhof unsere Führerin Freda trafen, die uns zunächst mit der Geschichte der riesigen Anlage vertraut machte und uns zu schönen und interessanten Gräbern führte. Der Cimitero Monumentale von Mailand ist ein 1866 eröffneter Zentralfriedhof mit zahlreichen künstlerisch interessanten oder sonst berühmten Gräbern. Als Architekt fungierte Carlo Maciachini (1818-1899). Ein Ruhmestempel dient als Grabstätte für einige der berühmtesten Italiener. Von Interesse sind allerdings auch zahlreiche andere Grabstätten, in denen das Mailänder Großbürgertum sich gegenseitig an Prunk und Pomp zu übertreffen suchte. Zu nennen sind etwa die Gräber der Familien Falck, Bocconi, die Gründer des Warenhauskonzerns La Rinascente, sowie das der Familie Campari, die sich ein komplettes Abendmahl in Lebensgröße als Bronzeskulptur auf ihre Grabstätte stellen ließen. Ein weißer Jugendstiltempel aus Carraramarmor steht für die Familie des berühmten Dirigenten Arturo Toscanini, sowie sein Schwiegersohn Wladimir Horowitz. Für eine Zeit lang nahm die Grabstätte auch den Leichnam Giacomo Puccinis auf.
Mit dem Bus fuhren wir weiter ins alte Stadtzentrum zur Mailänder Scala. Der klassizistisch nüchterne Bau enttäuscht zunächst alle, die von diesem weltberühmten Opernhaus eine grandiose Architektur und vor allem reichlich Schmuck erwarten. Bei den sächsischen Gästen liegt der Vergleich mit dem Bau, wo laut TV-Werbung das Radeberger herkommt, recht nahe und fällt natürlich sehr zugunsten der Semperoper aus. Aber die Scala ist eines der bekanntesten und bedeutendsten Opernhäuser der Welt an der Piazza della Scala, der den Namen von der Kirche Santa Maria della Scala erhalten, die hier 1381 errichtet worden war und nach der Stifterin Beatrice Regina della Scala, der Frau von Bernabò Visconti, benannt wurde. Die Scala bietet Platz für rund 2.000 Zuschauer und ist der Nachfolgebau des 1776 abgebrannten Teatro Regio Ducale. Kaiserin Maria Theresia ließ in der Hauptstadt der damals österreichischen Lombardei für den Neubau die Kirche Santa Maria alla Scala abreißen und durch den klassizistischen Architekten Giuseppe Piermarini das eher schlicht wirkende neue Opernhaus in nur 23 Monaten errichten. Nach der schweren Beschädigung im Zweiten Weltkrieg war das legendäre Opernhaus in Rekordzeit wieder aufgebaut worden. Am 11. Mai 1946 wurde es mit einem Konzert unter Arturo Toscanini wiedereröffnet.
Von 2002 bis Anfang Dezember 2004 war die Mailänder Scala geschlossen, um Akustik und Bühnentechnik auf den neuesten Stand zu bringen und dabei doch den Stil der ursprünglichen Inneneinrichtung weitgehend zu erhalten. Mit der Renovierung wurde der Schweizer Architekt Mario Botta beauftragt. Er schuf ein Theater mit modernster Bühnentechnik, aber Foyer und Zuschauerraum erhielten ihre originale Ausstattung von 1778. Seither kann auf drei Bühnen gleichzeitig geprobt werden. Wieder eröffnet wurde das Opernhaus am 7. Dezember 2004 mit derselben Oper wie zur Ersteröffnung: L'Europa riconosciuta. Dirigent war Riccardo Muti, die Hauptrolle sang die deutsche Sopranistin Diana Damrau. Unter den 2000 geladenen Gästen waren Sophia Loren und Giorgio Armani, sowie Angehörige mehrerer europäischer Königshäuser.
Architekturhistorischer Höhepunkt der Reise überhaupt war der Mailänder Dom als eines der berühmtesten Bauwerke Italiens und Europas. Er ist die Kathedrale des Erzbistums Mailand und nach dem Petersdom im Vatikan und der Kathedrale von Sevilla flächenmäßig die drittgrößte Kirche der Welt. Der fünfschiffige Bau ist 157 Meter lang und 109 Meter breit. Die hohen, farbenprächtigen Glasfenster des Chors gehören zu den größten der Welt und stellen eine Sehenswürdigkeit für sich dar. Das durch den hellen Marmor und die knapp 4000 Statuen einmalige Bauwerk wurde 1572 durch Karl Borromäus auf den Namen Santa Maria Nascente geweiht und trägt somit das Patrozinium Mariä Geburt. Der Stil des Kirchenbaus ist gotisch und stellt damit innerhalb der italienischen Architektur eine Ausnahme dar. Allerdings ist die Fassade, die erst unter Napoleon abgeschlossen wurde, eher als Mischung aus barocken und neugotischen Stilelementen anzusehen. Der große, repräsentative Domplatz wurde erst 1865-1873 geschaffen. Die Seitenwände des Domes stammen aus dem 15. bis 18. Jahrhundert und werden durch rhythmische fialengekrönte Strebepfeiler und hohe Fenster unterbrochen. Bei den Querschiffen sind die Strebepfeiler doppelt ausgeführt, hier führen im Inneren Treppen empor. Die Spitze ist mit feinem Zierwerk versehen und die Wände sind mit über 2000 Skulpturen und 135 Fialen ausgeschmückt, die einen Überblick geben über die Bildhauerkunst der Künstler und Handwerker dieser Zeit.
In der Freizeit hatte jeder Gelegenheit, Dom und Altstadt nach seinen Neigungen zu erkunden. Anschließend traf man sich nahe der Scala am Bus. Die Heimfahrt wurde recht stürmisch. Orkanböen rissen Bäume um, die auch auf die Autobahn fielen. Zum Glück behielt unser Fahrer André immer die Ruhe und brachte uns zügig und wohlbehalten zurück ins Hotel.

Mittwoch, den 19. April– Bootsfahrt zu den Borromäischen Inseln

Nach dem Frühstück spazierten alle die paar Schritte zur Pizza di Lido hinter dem Hotel, wo bereits ein Boot wartete, um uns auf die Isola Bella zu bringen.. Sie gehört zu den Borromäischen Inseln, einer Gruppe von fünf Binneninseln im italienischen Teil des Lago Maggiore. Sie liegen im Golf von Verbania, zwischen Verbania im Norden und Stresa im Süden und haben eine Gesamtfläche von 18 Hektar. Ihr Name leitet sich von der Familie Borromeo ab, in deren Besitz die Inseln seit dem zwölften Jahrhundert waren. Die Isola Bella, benannt nach der Comtesse Isabella Borromeo, war ursprünglich ein hauptsächlich unfruchtbarer Felsen. Zwischen 1650 und 1671 baute Vitaliano Borromeo auf der Insel einen attraktiven Sommerpalast. Er ließ große Mengen Erde auf die Insel bringen, um ein pyramidenartiges System von zehn Terrassen für den Garten zu errichten. Das unvollendete Gebäude beherbergt Gemälde von lombardischen Künstlern und flämische Teppiche. Von einem prächtigen Treppenhaus gelangt man in den Raum der Medaillen, der nach den runden Bildern an der Decke benannt ist. Dann folgen das Musikzimmer, ein Konferenzraum und das prächtige napoleonische Zimmer. Dort hat Napoleon eine Nacht verbracht. Ebenfalls sehenswert ist der große Bankettsaal. Auch die „Grotten" des Schlosses sind berühmt für die vielen Steine und die ausgestellten Korallen. Eine Führung machte uns mit den Details der Anlage vertraut und anschließend konnte man individuell das Gartenreich erkunden. Ußer einem hübschen Kirchlein bietet die Insel pittoreske Gassen und viele kleine Bars und Gaststätten und genau das nutzten wir zur Mittagspause.
Das Boot brachte uns dann zur Isola Madre, der größten Insel im Lago Maggiore. Die 220 Meter breite und 330 Meter lange Insel ist von einem historischen Gebäudeensemble, dem Palazzo Madre, und einer Parkanlage im Stil eines botanischen Gartens bedeckt. Ursprünglich hieß die Insel Isola di San Vittore und historische Quellen erwähnen im 9. Jahrhundert eine Kirche auf der Insel, die dem heiligen Viktor geweiht war, sowie einen Friedhof. Zu dieser Zeit wurde auf der Insel auch Olivenöl zu sakralen Zwecken gewonnen.
Ab 1501 begann Lancilotto Borromeo, einer der fünf Söhne von Giovanni III Borromeo und Cleofe Pio di Carpi, auf der Insel Zitrusfrüchte zu züchten, die er zusammen mit einem Gärtner aus Ligurien kommen ließ. Er befahl außerdem den Bau eines Herrenhauses, das zum Kern der Palastanlagen werden sollte, die ab 1580 unter Renato I. Borromeo im Renaissancestil erweitert wurden. Ab etwa 1823 bis 1825 wandelten Giacomo und Francesco Rovelli, Gartenbauer aus Monza, die kultivierten Teile der Insel in einen Landschaftsgarten im Englischen Stil um und bewahrten damit auch den ursprünglich erhaltenen Wald im Nordwesten der Insel. Dies geschah auf Anregung der Grafen Giberto V Borromeo und Vitaliano IX Borromeo Arese. Der Englische Garten auf der Isola Madre gilt als herausragendes Beispiel von Gartenbaukunst in Italien. Nach einer humorvollen Palastführung konnte man den Garten mit seinen seltenen Gehölzen und den exotischen Vögeln noch kurz individuell erkunden, bevor das Boot wieder zurück nach Stresa fuhr.

Donnerstag, den 20. April– Fahrt auf den Stresaer Hausberg Mottarone

Weil wegen Überfüllung der Orte und Straßen am Comer See die geplante Bootsfahrt ausfallen musste, spendierte Eberhardt Travel die fast dreimal so teure Fahrt mit der Seilbahn auf den Mottarone, den Hausberg von Stresa. Zum Glück hatte sich das stürmische Wetter vom Vortag beruhigt, so dass der Fahrt nichts im Wege stand. Nach halbzehn schlenderten alle entspannt die paar Meter zur Piazza di Lido, wo der Reiseleiter schon mit den Karten für die Bahn wartete.
Der 1.491 Meter hohe Monte Mottarone liegt zwischen Omegna am Lago d'Orta und Stresa am Lago Maggiore im Piemont und ist seit 1970 durch eine Luftseilbahn von Stresa, der Funivia Stresa-Alpino-Mottarone und von beiden Seen durch steile Bergstraßen erschlossen. Von der Bergstation der Pendelbahn auf 1385 Metern Höhe erreicht man den Gipfel in etwa 20 Minuten zu Fuß. Von 1911 bis 1963 verkehrte eine schmalspurige, etwa zehn Kilometer lange Zahnradbahn von Stresa bis auf den Gipfel des Monte Mottarone.
Als höchster Punkt der Region bietet er eine weite Rundumsicht über die sieben umliegenden oberitalienischen und Schweizer Alpenseen und Bergmassive, darunter der Monte Rosa.
Der Berg wird touristisch sehr stark genutzt, unter anderem zum Skifahren, Wandern, Mountainbiken und Gleitschirmfliegen. Auf dem Gipfel befinden sich aufgrund der Lage zahlreiche Antennenanlagen. In der Nähe der Mittelstation der Seilbahn kann man einen botanischen Garten mit zahlreichen Alpenpflanzen und guter Aussicht über den Lago Maggiore besuchen, den Giardino Botanico Alpinina, was mehrere Gäste auch taten. Einige fuhren auch mit der im Gipfelbereich gebauten kurvenreichen Sommerrodelbahn und ein paar ganz sportliche taten es dem Reiseleiter gleich und wanderten die gut gekennzeichneten Wege bergab nach Stresa.
Der letzte Tag stand ganz im Zeichen der Heimfahrt. Während fast die gesamte Reisezeit ein herrlicher Sonnenschein unser Begleiter war, weinte nun ab Sachsen der Himmel in zunehmendem Maße über unsere Heimreise, doch kamen diesmal alle Gäste nahezu pünktlich bei ihren Ausstiegsstationen an und freuten sich nach der schönen sonnigen Woche doch auch auf ihr trautes Heim.

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