Reisebericht: Wanderreise Kalabrien – zu Fuß durch Süd–Italien

26.09. – 03.10.2024, 8 Tage Flugreise Kalabrien mit Tropea – Pizzo – Joppolo – Monte Poro – Nicotera – Palmi – Monte St. Elia – Stilo – Tyrrhenische & Ionische Küste (50 Wanderkilometer)


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September ist der beste Zeitpunkt Süditalien zu besuchen. Stabiles nicht all zu heißes Wetter lädt geradezu zum Wandern und schwimmen im Meer ein. Wir alle sind sehr gespannt, was uns in der Fußspitze des Stiefels erwartet.
Ein Reisebericht von
Dr. Mathias Schirmer
Dr. Mathias Schirmer

Die Lufthansa bringt uns zuverlässig nach Lamezia Therme.

Der frühe Vogel.... - ja das kennen wir doch! Und so treffen sich die ersten Gäste 4:45 Uhr auf dem Flughafen Dresden. In München zwischengelandet, treffen wir auch alsbald die weiteren Gäste aus Berlin und Baden Württemberg. Von da aus sind es keine 2h und wir landen pünktlich in Lamezia Therme. Begrüßt wurden wir nicht nur von der Sonne sondern auch noch durch das Klopfen von abreisenden Eberhardtreisenden. Nach Empfang der Koffer wurden wir von der örtlichen Agentur gegrüßt und zum Hotel Sentido Michelizia nach Tropea gebracht. Obwohl wir bereits gegen 13:00 Uhr im Hotel ankommen, waren alle Zimmer Bezugsfertig und so begann unser gemeinsamer Stadtrundgang 14:00 Uhr. Da der Eberhardtreisbegleiter bereits das vierte Mal in Tropea weilte, wurden wir schnell mit der Stadt vertraut gemacht. Sightseeing, Pasta, Eis, Schwimmen, Aperol, so ungefähr gestaltete sich der erste Nachmittag in Kalabrien.
Eine weitere Überraschung erwartet uns am Abend im Hotel. Es ist kalabrischer Abend und so erwarten uns ganz spezielle einheimische Produkte.
Wir fühlten uns angekommen.

Der erste Wandwertag führt uns in die unmittelbare Umgebung von Tropea

9:00 Uhr treffen wir uns nach einem wirklich sehr reichlichem Frühstück mit Anita unserer Wanderführerin für die nächsten Tage. Wir verlassen Tropea bergaufwärts und erreichen bereits nach einigen Minuten unser erstes Ziel, den auf ca 400 Meter über NN gelegenen Ort Caria. Dabei handelt es sich um ein typisches kalabresisches Dorf, in dem noch ca 600 Menschen leben, mit Kirche, Matkplatz, kleineren aber auch größeren Häusern auch einem Palast (Il castello galluppi). Und sogar einen Tante Emmaladen gibt es noch hier, den wir natürlich aufsuchen. Es gelingt uns auch die Kirche (doch recht früh am Morgen) zu besichtigen, denn Anita weiß, wer den Schlüssel besitzt und wo diese Person wohnt.
Aber nun gehts los, auf Wanderschaft, zuerst durch die Gassen des Ortes aber alsbald durch die Natur. Geprägt vor allem durch die Vielzahl der Olivenhaine. Auch Orchideen entdecken wir und Anita beginnt uns von ihrer vor 16 Jahren gewählter "neuen" Heimat zu erzählen, vom schweren und mühseligen Leben der Bauern, von der Abwanderung der Jugend zum Beispiel. Wir durchstreichen ein Tal, wo bis vor einigen Jahren noch Menschen in totaler Einsamkeit wohnten und Landwirtschaft betrieben. Die heutige Tour beenden wir mit einem Spaziergang durch Tropea. Tropea wurde vor Jahren mit dem Titel „Schönste Stadt Italiens“ ausgezeichnet. Das Bemerkenswerteste sind die Wohnhäuser, die in fast 50 Metern Höhe auf gepresstes Sandstein errichtet wurden. Unbedingt erwähnenswert sind die schönen Sandstrände.

Sero San Bruno heißt das heutige geänderte Wanderziel

Es muß umgeplant werden. Die Haupurlaubszeit neigt sich dem Ende zu und so finden vermehrt Bauarbeiten statt, die unser Busanreisen durcheinander bringen. Wir verständigen uns schnell und folgen dem Vorschlag von Anita nach Sera San Bruno zu fahren. Wir wandern schön schattig im Wald und es sollten dann gemütliche 6 km werden, jedoch mit fast 300 Höhenmeter bergauf und wieder bergab. Auch einen Forstbotanischen Garten besuchen wir. Der Diensthabende zeigt uns stolz das Ergebnis seines Morgenspazierganges: eine Kiste leckerster Speisepilze. Alsbald haben wir uns eine Mittagsrast verdient. Diese verbringen wir unweit des Teiches in dem eine Statue von Sein Ziel uns diese Pilze zu verkaufen, schlug fehl. Wir brauchten zu unseren guten Beköstigung im Hotel keine Ergänzung. Bruno stammte aus Köln und gilt als Begründer der Kartäuser. Diese gehören zum Orden der römisch katholischen Kirche und deren Wahlspruch lautet: „Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht.“. Bruno zog sich 1084 mit Weggefährten in die Charteuse, einem Gebirgszug bei Grenoble zurück. Dort wurde ihnen Land überlassen und sie gründeten das erste Kartäuserkloster in Italien. Zusätzlich wurde Bruno vom damaligen Pabst motiviert dies hier zu tun.
Mittagseinkehr ist auf einer solchen Wanderreise obligatorisch und das ist, vor allem in Süd-Italien immer ein besonderer Genuß.
Anschließend schlendern wir noch durch den Ort San Bruno, besichtigen zwei der sieben Kirchen (bei 6.500 Einwohnern…), kosten regionales Backwerk und entdecken diverse Wandmalereien.

Wieder gibt es Plan B.

Erneut müssen wir ändern, es wurde aber glaube ich noch besser als geplant. Wir fahren wieder in die Berge nach Mottzo Filocastro, das wir nach 35 Minuten erreichen. Nach einer kurzen Pause, natürlich vom Cafe unterstützt, bekam Anita Verstärkung. Angelo ein Bauernsohn begleitete uns den heutigen Tag. Und das hat seinen Grund. Zuerst laufen wir durch den Ort und ein weiterer "Wandergeselle" wird uns die ganze Zeit begleiten, ein süßer Hund. Der Ort ist besonders geschmückt und hat mehrere Eigenheiten. Etliche Wand- und Türmalereien gibt es zu entdecken und zahlreiche künstlerisch gestaltete Abstreicher. Der Hintergrund ist, niemand soll vom Feld kommend den Ort verschmutzen.
Dann laufen wir durch Olivenhaine, wo bereits von einigen Bauern die Netze zum Einsammeln der geschüttelten Oliven ausgebreitet sind. Wir erreichen alsbald das erste Zwischenziel, eine Kirche auf einem Berg. Nun übernimmt Angelo die Führung. Wir streben eines seiner Felder an. Kurze Aufregung: Frieder entdeckt eine schwarze Schlange und präsentiert uns diese mit einem Stock, zum Glück war sie nicht mehr am Leben. Zwischendurch holten wir noch extra für uns eingelegte Oliven vom Nachbarhof eines Freundes. Alsbald erreichten wir ein Feld der Bauernfamilie. Strohballen dienten als Sitzbank und wir spürten deutlich die Entschleunigung. Angelos Mutter und sein Bruder trafen ein. Die Bäuerin demonstrierte uns die Zubereitung von Seife, natürlich Olivenseife. Inzwischen wurde für uns eingedeckt und manch leckere Speisen wurden uns kredenzt.
Der Hund legte sich inzwischen mit den zwei Ziegen an und es endete glaube ich Unentschieden. Am Bus angelangt mussten wir ihm dann das Einsteigen verweigern. Anita erklärte uns glaubhaft, dass er ganz sicher heim findet.

Küstenwanderung

Heute nutzen wir den Bus etwas länger und steuern als erstes Rosarno (15.000 Einwohner) an. Diese Stadt ist etwas mehr von der Industrie geprägt. Viele Logistikunternehmen sind hier ansässig, denn es gibt hier einen größeren Hafen. Rings um die Stadt liegen riesige landwirtschaftlich genutzte Flächen, sogar werden hier neuerdings auch Kiwis angebaut. Dies haben weitgehend die Orangen verdrängt, da diese anderswo besser und preiswerter geerntet werden. So sind hier auch viele Nordamerikaner als Erntehelfer ( bis zu 5.000) sesshaft geworden. Der Tageslohn soll bei ca 30 € liegen. Von Rosarno aus gibt es eine Busverbindung zu 99 € nach Süddeutschland. 26 Stunden ist man bis München unterwegs.
Weiter fahren wir Richtung Aspromontegebirge. Der höchste Berg ist der Montalto. Hier kann man auf knapp 2.000m Metern gelegentlich Ski fahren (Lift vorhanden). Der Nationalpark Aspromonte ist 80.000Hektar groß. Der Italienische Alpenverein hat hier in den letzten Jahren 66 Wanderwege angelegt. Boshaft wird zwar erzählt das Wort wandern gibt es im Italienischen nicht.
Wir haben unseren Aufstieg genossen, immer parallel zur Küste, nur am Anfang durch bewohntes Gebiet. Da die Sicht heute besser war, erkannten wir 5 der 7 Liparischen Inseln. Dies gehören zu Sizilien und die markanteste ist Strombolie mit gleichnamigen Vulkan. Dieser darf leider seit dem letzten Ausbruch nicht mehr erstiegen werden. Wer so etwas möchte, kann das auf Sizilien mit dem Ätna versuchen.
Oben angekommen hatten wir eine besonders schöne Aussicht und wir konnten uns kaum satt sehen, bleiben länger dort sitzen als geplant. Jedoch rief eine wieder gigantische Mittagsrast. Der Abstieg blieb uns erspart, den der Bus stand hinter dem Lokal.

Wandern und Eis

Heute geht es Richtung Norden. Hinter Pizzo biegen wir rechts ins Landesinnere ab. Wir erreichen einen Stausee, der als Trinkwasserspeicher angelegt ist.
Wieder geht es bergauf aber nur seicht. Als wir den Wald verlassen, erreichen wir eine Hochebene und wir haben einen herrlichen Blick sowohl ins Landesinnere als auch aufs Meer, welches übrigens noch 24 Grad warm ist. Auch sehen wir bereits unser heutiges Ziel: die Stadt Pizzo.
Pizzo ist bekannt für das Tartufoeis. Italien zu besuchen ohne Pizza zu essen geht gar nicht und so steht es für uns heute auf dem Programm. Das Eis ist eher zufällig entstanden. Der Schöpfer hatte den Auftrag für ein Fest ein Dessert zu erstellen, was gehörig schief ging. Aus der Not verfeinerte er vorhandenes Eis mit einem Schokoladenkern und betäubte es mit Kakaopulver. Fertig war etwas, was später zu Weltruhm kam.

Rund um Joppolo

Heute geht es in den Heimatort von Anita in die 2.000 Einwohnergemeinde Joppolo. Auch hier die gewöhnlichen Probleme, die Schule schließt, der Lebensmittelladen hat schon zu und die Bar öffnet nur noch verkürzt.
Wieder get es Bergauf, diesmal etwas heftiger und es ist warm. Wir laufen durch Wiesen und Olivenhainen und streifen Dörfer. In einem gibt es sogar einen Tante Emmaladen, den wir natürlich besuchen. Auch die Kirche erwartet uns. Heute besuchen wir, hatten es uns und hatten es fest vorgenommen einen Friedhof. Und das ist wirklich ein Ereignis. Erd- und Urnenbestattungen gibt es nicht, jedoch Familienbegräbnisstätten. Diese sind in Form von Mausoleen errichtet und oft sehr prunkvoll.
Es klingt trivial, aber eines der Höhepunkte ist wieder das Mittagessen. Für uns wurde eine Tafel gestellt und der Tisch ist zu klein für all das, was uns angeboten wird. Auch das ist ein Grund, warum einige Gäste sagen: Wir kommen wieder.

Es heißt Abschied nehmen....

... jedoch bleibt noch Zeit für ein ausgiebiges Frühstück. 8:20 Uhr starten wir zum Flughafen nach Lamezia Therme. Zuerst nehmen wir die Landstrasse, die immer parallel zum Meer führend uns noch ein paar schöne Ausblicke ermöglicht. Dann geht es geschwinder ab Pizzo die Autobahn durch riesige Olivenfelder entlang. Wir hatten uns alle am Vortag eingecheckt und beim Koffer aufgeben dauerte es auch nicht lange. Um so länger mussten wir auf den Abflug warten. mit drei Stunden Verspätung ging es los. Wie wir im Flieger erfuhren, war der Grund ein Defekt an der geplanten Maschine ab München und der Austausch dauerte halt. Natürlich waren die Anschlussflüge nach Berlin und Stuttgart ohne die Eberhardtgäste längst gestartet. Jedoch hat das automatische Umbuchen seitens der Lufthansa perfekt funktioniert und so erreichte jeder am frühen Abend die Heimat.
Resüme:
War es jetzt Wanderurlaub mit guten Essen oder sehr gute Einkehrmöglichkeiten mit wandern als Alibi?

Schlusswort

Italien geht immer und Süditalien, wo alles noch etwas gemütlicher und noch entschleunigter ist sowieso. Wir werden jedenfalls nicht das letzte Mal hier gewesen sein.

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