Reisebericht: Rundreise Jersey und Guernsey – Kanalinseln entdecken

07.09. – 14.09.2024, 8 Tage Flugreise zu den Kanalinseln: Jersey – Guernsey – Sark (fakultativ) – St. Helier in kleiner Reisegruppe


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„Die Kanalinseln sind ins Meer gestürzte Stücke Frankreichs, die England aufgesammelt hat“ sagte einmal der große Romantiker Victor Hugo über die Winzlinge unter den Inseln, die ihm den Schutz und eine neue Heimat boten, wenn er es nötig hatte. Diese und noch abertausende andere Worte und Beschreibungen, tausende Gemälde und Fotos wurden und werden noch verwendet, um die kleinen Paradiese zu beschreiben. Und ich?
„Wo soll ich anfangen?.............“*
Ein Reisebericht von
Marta Rass
Marta Rass

Samstag, 07.09.2024 – Ankunft in Jersey

„……. Wo soll ich anfangen, um eine Geschichte zu erzählen, wie groß eine Liebe sein kann? “…*

summte dieser Refrain aus dem Film Love Story in meinem Hinterkopf, wenn ich durch das kleine Fenster des Fliegers versuchte, durch die Wolken die Konturen Jerseys zu erkennen. Als ob ich tief in meinem Inneren schon ahnte, es wird eine Liebe entstehen, eine ganz persönliche Liebe zwischen diesen Naturperlen und mir.
Ein bescheidender, kleiner Flughafen und ein noch kleinerer Bus, der uns zu unserer alten, viktorianischen Dame mit dem Namen Ommaroo Hotel, in der Hauptstadt St.Helier brachte, ließ uns ahnen, alles wird keine großen Dimensionen und Distanzen haben. Check-in ist zwar ein Muss, aber jeder wollte dies so schnell wie möglich hinter sich haben. Die Verlockung des Strandes direkt vor unserem Hotel war zu groß – plötzlich befand sich fast unsere ganze Gruppe dort, schlendernd über den feinen Sand und schon verschwanden die ersten Muscheln und feine Steine in den Hosentaschen. Es war wie ein roter Faden, der sich durch alle die Tage zog, die wir in Jersey verbringen durften. Wir verstreuten uns wie die Aposteln in alle Richtungen – entlang des Strandes, in die Stadt…… Jeder mochte schon den ersten Tag so viel wie möglich ausnutzen, um die Umgebung zu erkundigen.
Unsere erste Versammlung, um erste zarte Verbindungsfäden zu knüpfen, unser erstes gemeinsames Abendmahl – natürlich mit Fish and Chips, und dann eine verdiente Abendruhe mit einem wunderbaren „Ja, es fühlt sich sehr gut an!“


Sonntag, 08.09.24 – Inselrundfahrt Jersey

„……Die süße Liebesgeschichte, die älter ist als das Meer, die einfache Wahrheit über die Liebe, die sie mir bringt,……*“

Die Insel Jersey wirkte auf mich so nah und vertraut, noch bevor wir sie erkundigt haben. War ich schon einmal hier? In meinem früheren Leben vielleicht? An dem Tag haben wir so richtig begriffen, warum wir so einen kleinen Bus haben – für uns, die an den Blick auf Autobahnen gewohnt sind, waren alle Straßen super schmal, wo wir zuversichtlich durch Jane, unsere Busfahrerin, mehr schlängelten als fuhren. Am Strand entlang östlich bis zum Städtchen Gorey mit seiner imposanten Festung, über Rozel Bay Richtung Nordküste. Wir waren an dem Tag in der Begleitung von Wind und Regen – wie solls auch anders sein! Stehend auf den Klippen, mit der Ruine von Grosnez Castle als Kulisse, fühlte man sich als Hauptfigur des Romans aus viktorianischen Zeiten, vielleicht Jane Eyre, zum Beispiel. Keine Kraft der Natur ist so stark wie die des Wassers und so formte es die bizarren steilen Wände und Klippen. Wie klein ist der Mensch, wenn er so direkt Aug in Aug mit der Natur steht, und unausweichlich den Respekt gegenüber sie lernt.
Die Jersey Kühe standen im Regen; die etwas „energischen“ Geschöpfe, die angeblich die beste Milch geben und wo daraus viele Milchprodukte als Jersey Prädikat angeboten werden.
Der Corbiere Leuchtturm stand in leichten Nebelschwaden eingehüllt; genauso, dass man ihn sehr mystisch empfand.
Weiter bis zum Fisherman´s Chapel – ein besinnlicher Ort auf einem noch besinnlicheren Kirchenplatz samt Kirche und Friedhof. Ja, auch diesen letzten Ruheplatz kann man als schön bezeichnen.
Von St.Aubins Bay sahen wir zum ersten Mal die Festung Elizabeth Castle und dabei schmiedeten wir die Pläne über einem Besuch in den nächsten Tagen.
An dem Tag waren einige von uns die Zeugen von den Gezeiten in Jersey – imposante, fast auf 10 Meter gestiegener Wasserspiegel direkt vor unseren Nasen, ein Naturspiel per se.


Montag, 09.09.2024 – Freizeit auf Jersey

„……….. Sie kam in mein Leben und machte ihn schön, sie erfüllt mein Herz……*“

Ich war bereits verliebt in die Insel. Very british, trotzdem mit den deutlichen Spuren von französischem Einfluss – Briten würden wahrscheinlich sagen: ein bisschen Chi-chi.
Für die Mehrheit von uns war heute Elizabeth Castle an der Reihe. Das witzige Antlitz des Amphibienfahrzeuges und die ernste und graue Gestalt der Festung passten zwar nicht so zusammen aber das Fahrzeug erfüllte allemal den Zweck ??
Die Festung ist im wahrsten Sinne eine riesige Anlage, der Zeuge der fast 500-jährige Geschichte Jerseys, gegangen durch dick und dünn, durch gute und schlechte Zeiten, gebeutelt durch Kriege und Intrigen, durch Tragödien – im Kleinen und im Großen – die man nicht leugnen kann, sich aber trotzdem wünscht, aus der Geschichte zu lernen und die Vergangenheit ruhen zu lassen.
Dann bringt aber ein Bummel durch die Stadt, die bunte Welt der King- oder Queen Street, oder ein Besuch in der Markthalle ein anderes Gefühl zum Vorschein – Lust auf Köstlichkeiten und Freude beim Stöbern durch die Sachen, die man braucht oder auch nicht. So hatte man die Chance, einen Black Butter zu kosten – letztendlich sollte er in keiner Reisetasche als Mitbringsel fehlen - süß, würzig und mit einem Hauch von Lakritze. Und der Spaziergang zurück zum Hotel durch die schnuckligen Straßen erfüllte jemanden mit Glückseligkeit und rundete den Tag ab.


Dienstag, 10.09.2024 – Freizeit auf Jersey

„…… Sie erfüllt mein Herz mit ganz besonderen Dingen
Mit Engelsliedern, mit wilden Vorstellungen…….“*

zB. wie unser Tag ablaufen würde. Aber etwas haben wir mittelweile schon gewusst: wie unser Frühstück ausschaute. Britisch würde ich sagen: mit Ham and Eggs, Porridge, und für uns etwas seltsam, Beans (Bohnen) – letzteren habe ich dann doch nicht genommen, weil ich einen zusätzlichen Antrieb nicht riskieren wollte ??
An dem Tag wusste schon jeder sein Ziel: die Mehrheit von uns wollte den Zoo besuchen – so ging es tierisch herum:
Von kleinen Geschöpfen wie Echsen, Kröten, Schlangen, über die Lemuren, Faultiere bis hin zu majestätischen Berggorillas.

Ganggrab La Hougue Bie liegt auf der Strecke zurück nach St.Helier und ist einen Besuch sehr wohl wert. Man schätzt, Ganggrab entstand vor ca. 3000 Jahren v.C. und die erste Kapelle im 12 Jh. Wie sich in Wahrheit alles so zugetragen hat, gab uns die mystische Stelle nicht Preis, so wie vieles aus der Vergangenheit. Allerdings bin ich der Überzeugung, die heiligen Stellen wurden absichtlich ausgesucht – warum auch immer. Unter anderem hat dies meistens was mit Kräften zu tun. So ein Gefühl bekam ich auch hier.
Ein Spaziergang nach dem üppigen, aber vorzüglichem Abendessen, serviert durch den fleißigen Garcon, war immer eine gute Alternative um den Abend abzurunden.


Mittwoch, 11.09.2024 – Ausflug Guernsey

„………………Sie erfüllt meine Seele mit so viel Liebe
Dass ich überall, wo ich hingehe, niemals einsam bin
Mit ihr, wer könnte einsam sein?............*“

Wenn jemand meint, Jersey ist das Ultimo der Kanalinseln, der muss noch Guernsey erleben: in jeder Hinsicht eine Perle. Sie ist, genauso wie allen anderen Inseln, eine Steueroase und die hat es in sich: was ihr die Natur schon so großzügig beschert hatte, hat der Mensch mit nötigen Mittel vervollständigt: die ab und zu unscheinbaren Herrenhäuser der gutbetuchten Leute, eingebettet in sattem mediterranem Grün, weißen Stränden und mondänen kleinen Ortschaften. Von der verzauberten kleinsten Kirche der Welt, die Scherbenkirche St. Andrew, bis zu den Straßen von St.Peter Port, die Hauptstadt, die wir mit der Fähre erreicht hatten, alles so hinreißend und schön, dass eine Entscheidung, irgendwann wieder hierher zu kommen, fast ein Muss ist. Ich denke, dieser Gedanke pflegte jeder von uns.
An dem Tag bescherte uns der Himmel eine gute Portion Sonne und wir konnten das Ganze rundherum in hellen, kräftigen Farben genießen. Nach der Rückkehr zu unserem Hotel wagten einige Gäste sogar ein kurzes Bad im Naturbecken bei frischen 15 Grad zu nehmen.


Donnerstag, 12.09.2024 – Freizeittag

„……………Wie lange dauert es?
Kann Liebe an den Stunden eines Tages gemessen werden?“*

Strahlende Sonne lockte uns aus dem Bett – schade um jede einzelne Minute zu vergeuden. Am Sonntag badete sich Gorey noch im Regen, heute aber im Sonnenschein. Ein kleiner Ort mit viel Charme und Geschichte. Die Festung ist zwar nicht so groß wie Elizabeth Castle, allerdings sehr angenehm zu besichtigen. Auch ohne Führung konnte man sehr gut nachvollziehen, wie der Ablauf der Geschichte war. Der Falke mit seinen „Untertanen“ war mit Sicherheit eine Bereicherung und die Queen schaute in 3D von Wand auf die Hereinkommenden.
Danach lud uns noch ein gemütliches Coffeehouse ein, eine Kaffeepause zu machen – die Apple pie war ein Gedicht.
Wenn schon, denn schon: ein Besuch von Samares Manor war allemal noch drin: ein schöner botanischer Garten nach der Manier von japanischen Gärten, gepaart mit englischem Stil und mit einem Kräutergarten, wo man Lust bekommt, die Kräuter direkt aus dem Kräuterbeet zu kosten. Unzählige Hummeln, Bienen und anderen summenden „Flattermänner“ (hat mit Manor wahrscheinlich nichts zu tun ??) besuchten noch vorhandene Blüten und sammelten den süßen Nektar – Teile davon kann man, sicher verpackt in Gläsern, in den Läden unter dem Namen
“Jersey Honey“ kaufen.
Was für einige von uns heute auf der Liste stand, war eine Flugzeugshow über der St.Aubins Bay. Und abends gings auswärts: unser Abendessen genossen wir im Pub White Horse, nicht weit von unserem Hotel. Ja, es war ein netter Abend in einer stimmigen Atmosphäre und gutem Essen. Da durfte ein Guinness Bier nicht fehlen.


Freitag, 13.09.2024 – Gartentour

„……………..Wie lange dauert es?
Ich habe jetzt keine Antworten, aber so viel kann ich sagen
Ich weiß, ich werde sie brauchen………….“*

Was wäre all das, was very british ist, ohne englischen Garten?
Nun ja, es wurde nichts übersehen und nichts dem Zufall überlassen: Ernst führte uns zu 2 ausgesuchten Gärten:
den ersten, den wir besucht hatten, bewunderte schon Charles, der jetzige König Englands und natürlich, das Oberhaupt der Kanalinseln, und teilt sich mit dem Besitzer den ein oder den anderen guten Rat. Den Garten darf die Natur mit ihren Vorschlägen mitkreieren, was beim nächsten Garten nicht der Fall war. Da wurde geschnipselt in einer akkuraten Form, wie es so oft in England der Fall ist.
Eine Augenweide war auch der Orchideen Park – so viele Schönheiten auf einem Platz: von üppigen Prachtstücken bis zu unscheinbaren, zierlichen Blüten, die man suchen musste. Man war fast betäubt von den Farben und dem verströmten Duft.
Die Krönung des Tages war eine Tee Zeremonie in Chateau La Chaire: Afternoon Cream Tea. Wenn man bis dato noch keine Scones probiert hat, dann war dies die Chance: ein Gebäckstück mit Erdbeerkonfitüre und Sahne. Und natürlich durfte der Tee nicht fehlen, auch wenn man sich gelegentlich für einen Kaffee entschied. Und noch etwas durften wir an dem Tag genießen: ein Abendbuffet in unserem Hotel. Für alle Fisch- und Meeresfrüchteliebhaber ein Eldorado. Für mich hieß es: endlich Austern essen bis es nimmer ging ??.
Übrigens, dies was auch unser letztes Abendmahl: keiner konnte sich so richtig vorstellen, dass der nächste Tag unser Abschiedstag ist. Ein Glas Wein und Prost, Jersey!!


Samstag, 14.09.2024 – Abschied und Rückreise

„………….. Ich weiß, ich werde sie brauchen, bis alle Sterne wegbrennen
Und sie wird da sein…………“*

Spätestens an dem Tag bekamen wir wieder mal zu spüren, was bedeutet: Die Zeit ist relativ! Abschied vom Hotelpersonal, das uns mittelweile sehr lieb geworden war, Abschied vom Strand, vom Wind, vom Hotel, von St.Heiler…….
Ungewünscht mussten wir am Flughafen eine Stunde länger bleiben – wäre das noch auf Jersey, hätte keiner was dagegen gehabt.
Wir verließen unser Paradies im strahlenden Sonnenschein und kamen in Wolken wieder nach Deutschland. Allerdings muss man nach Hause kommen, um wieder zu verreisen und das ist ein guter Trost.


Schlusswort

Ich denke, ein Teil von unser aller Herzen ist hier auf Jersey geblieben, und so auch die Liebe zu diesem wundervollen Flecken Erde. Die Erinnerung darauf wird uns allen das Leben erhellen und ich wünsche mir nichts sehnlicher als ein Wiedersehen mit euch, meine Lieben Gäste, auf dieser wundervollen Insel.
Ich möchte euch Danken für alle die Momente, die ich als Begleiterin mit euch verbringen durfte und nie vergessen werde.
Aber, wie sagt man so schön: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Na, dann in diesem Sinne ??: ich freue mich auf den zweiten Mal.

Eure Marta

*Andy Williams: Where do I begin (aus dem Film Love Story)

Kommentare zum Reisebericht

Der Bericht von Marta konnte nicht treffender beschrieben worden sein. Eine wunderschöne Reise lädt zum Wiederkommen ein.
Ein kleiner Wermutstropfen war, dass wir nicht nach Sark reisen konnten.
In kleiner Gruppe zu reisen war ein großer Vorteil, man lernte sich schneller kennen. Außerdem war die Insel zu klein für große Busse.

Regina Gall
09.10.2024