Reisebericht: Aktivreise Rumänien– Wanderungen & Kultur in Siebenbürgen

19.09. – 26.09.2024, 8 Tage Aktivreise in Rumänien mit Flug nach Bukarest – Schloss Peles – Bärenreservat Zarnesti – Schloss Bran – Brasov – Biertan – Sighisoara – Sibiu – Bukarest (ca. 30 Wanderkilometer)


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Wir erkunden auf dieser Reise die rumänischen Klassiker . Nach dem Start in Bukarest durchqueren wir die Walachei. Danach geht es es in die Karpaten und wir sehen im Nordwesten auch den Europäischen Braunbären. Auch das Schloß Bran was Vorlage war für die Geschichte von Dracula werden wir eine Besuch abstatten .
Danach werden wir, gespickt mit fast täglichen kleineren Wanderungen, Siebenbürgen die schönste Gegend von Rumänien entdecken ! Diese Region mit ca. 250 Wehrkirchen ist gespickt von 600 Jahren deutscher Einwanderungshistorie und gehört zu den bekanntesten Regionen der Welt.

Bekannte Ortschaften mit den deutschen Namen Hermannstadt, Kronstadt und Schäßburg..um nur einige zu nennen führen uns auf eine Zeitreise deutscher Geschichte.
Wir sehen großartige Städte und hübsche kleine Dörfer mit Wehrkirchen...und übernachten bei rumänischen Familien in Pensionen.
Man bekommt einen Einblick in die landschaftliche und kulturelle Vielfalt dieses schönen EU Mitgliedslandes.

Ein Reisebericht von
Bernd Lahmann
Ein Reisebericht von
Bernd Lahmann
Bernd Lahmann

Anreise über Bukarest nach Predeal

Während fünf Gäste unserer Gruppe am Morgen mit Lufthansa von Dresden nach Frankfurt fliegen, starten vier Personen aus der Gruppe von Berlin und fliegen ebenfalls mit Zwischenstopp in Frankfurt nach Bukarest ! Ein Herr kommt mit dem Zug direkt zum Frankfurter Flughafen und am Gate des Weiterfluges sind wir bereits zu elft. Alle Teilnehmer der Gruppe treffen sich schließlich in Frankfurt auf dem Flughafen am Abfluggate ! Unser rumänischer Reiseführer Gabor empfängt uns am Ausgang in Bukarest, wo wir ca. 14 Uhr landen. Nachdem wir in einem Supermarkt etwas gegessen haben, ging es sofort weiter.

Am späten Nachmittag geraten wir in den Feierabendverkehr und stecken 20 Kilometer vor dem Ziel in einem schleppenden im Verkehrsstau,
der sich über ca. 3 Stunden hinzieht !

Erst am Abend treffen wir uns alle beim Essen in Predeal. Hier, im höchstgelegenen Luftkurort Rumäniens, werden wir drei Tage in reinster Bergluft verbringen und sind umgeben von den Bergmassiven Postavarul, Piatra Mare und Bucegi. Der Wintersportort liegt in der Region Siebenbürgen und wir sind schon sehr gespannt auf die berühmten Siebenbürgen-Städte, die wir in den nächsten Tagen besuchen werden.

Morgen warten Sinaia, das Schloß Peles und eine Wanderung auf uns, aber jetzt haben wir erstmal Hunger und müssen uns ausschlafen ...


Schloß Peles in Sinaia, Fahrt mit der Seilbahn und Wanderung zurück ins Tal

Ausgeschlafen und erholt treffen wir uns zum morgendlichen Frühstück. Danach fahren wir zum berühmten Schloß Peles in der Nähe der Kleinstadt Sinaia. Dieser Besuchermagnet wurde zwischen 1873 und 1883 unter der Schirmherrschaft von Carol I. erbaut, dem ersten König Rumäniens. Nach der Entstehung dieses prunkvollen Schlosses wurden in der Umgebung die ersten Villen errichtet und sogar eine Eisenbahnstrecke gebaut, der Halt in Sinaia gehörte zur Route des Orient-Express. Der König hatte bis 1914 hier in den Bergen seine Sommerresidenz.

Nach der Abschaffung der Monarchie und der Umwandlung Rumäniens in eine Volksrepublik im Jahre 1947 wurde das Anwesen vom kommunistischen Regime beschlagnahmt.

Für Besucher öffnete man 1993 nach der Umgestaltung in ein Museum die Tore und für die nahe gelegene Stadt Sinaia ist das Schloß heute die wichtigste Toursitenattraktion und Haupteinnahmequelle.

Wir besichtigen die Räume der ersten Etage im Schloß und sind begeistert von der prunkvollen Möblierung, den vielen Schnitzereien, den üppig verzierten Decken und den Bankettsälen mit ihrer opulenten Ausstattung. Die Gebrüder Klimt wurden einst vom König beauftragt, das Schloß mit Wand- und Deckengemälden und Porträts zu verschönern und diese Werke zählen heut zu den berühmtesten Kunstschätzen Rumäniens. Leider können wir sie nicht sehen, da sie sich allesamt in den oberen Stockwerken und im nicht zugänglichen Theater befinden.

Danach genießen wir die waldreiche und hügelige Landschaft rund ums Schloß und laufen ins Zentrum der Kleinstadt Sinaia. Sie liegt etwa 50 Kilometer südlich von Brasov im Tal des Flusses Prahova mitten in den Karpaten. Besucher schätzen vor allem die heilende Wirkung der Mineralquellen in der "Perle der Karpaten", wie Sinaia liebevoll genannt wird. Am imposanten Casino staunen wir erneut über die wunderschöne Architektur, heutzutage ist ein Tagungszentrum darin und gerade findet eine Fachtagung von Medizinern statt und es herrscht reges Treiben.

Wir genießen ein wenig Freizeit auf der Fußgängerpromenade, einige Gäste bummeln auf der Geschäftsstraße entlang und andere suchen sich ein gemütliches Plätzchen zum Mittagessen.

Im Anschluss fahren wir mit der Seilbahn hinauf auf den Hausberg und steigen aus der Gondel in über 1400 Metern Höhe aus. Hier müssen wir erstmal den Talblick fotografieren, bevor wir auf einem abenteuerlich steilen und schmal gewundenen Pfad wieder ins Tal zurück wandern.

Da der Weg sehr steinig ist, müssen wir uns sehr auf den Pfad konzentrieren.

Auf dem Rückweg ist es ca 20 km vor Predeal wieder der normale zähe Feierabendverkehr !

Zum Abendessen holen wir die schon seit zwei Tagen geplante Vorstellungsrunde nach und endlich lernen wir die Namen und Herkunftsorte unserer Mitreisenden kennen, erholen uns ein wenig von der Wanderstrapaze und sind mächtig gespannt auf morgen ...


Bärenreservat Zarnesti, Schloß Bran, Fahrt mit dem Pferdewagen nach Moieciu

Die Sonne strahlt am kühlen Morgen und nach dem Frühstück ist es nun endlich soweit: Wir werden Bären aus nächster Nähe erleben im Bärenreservat Zarnesti. Auf einer Fläche von 70 Hektar leben hier in der Nähe des Nationalparks Piatra Craiului etwa 120 Braunbären, mittlerweile auch Hunde, Katzen, Schildkröten und Wölfe. Die meisten dieser schönen Tiere haben eine leidvolle Geschichte hinter sich, sie vegetierten unter unsäglich schlimmen Bedingungen, in Käfigen, die an Tankstellen oder Restaurants standen zum Amüsement des Menschen.

Durch internationale Förderungen konnte die Journalistin Cristina Lapis im Jahre 2005 zusammen mit ihrem Ehemann und Spenden etlicher reicher Stars wie Brigitte Bardot oder Piere Brice sowie einiger Filmsternchen dieses Reservat eröffnen und ermöglicht den Bären nun ein artgerechtes Leben.

Am Nachmittag fahren wir weiter nach Bran, wo das berühmte Schloß , die so genannte Törzburg, steht. Mächtig erhebt sich dieses alte Gemäuer über der gleichnamigen Ortschaft in Transsilvanien. Tatsächlich umgibt diese Burg eine düstere Athmosphäre und durch viele Draculafilme ausgelöst, läuft beim Anblick des Anwesens so manchem Besucher ein eiskalter Schauer über den Rücken. Alle haben die berühmte Romanfigur des irischen Schriftstellers Bram Stoker in bester Erinnerung. Stoker hatte bei seinen Recherchen zu seinem Roman eine Zeichnung dieser Burg gefunden und siedelte seinen Roman hier an.

Als historische Vorlage für seinen Dracula diente ihm Vlad III. Draculea, ein walachischer Fürst, der Angst und Schrecken unter seinen Feinden durch seine Vorliebe für das Pfählen verbreitete.

Es ist viel los, als wir aussteigen. Auf dem Markt am Fuß der Törzburg bieten unzählige Händler ihre Waren feil und natürlich darf da ein Shirt mit dem Abbild des Fürsten der Dunkelheit nicht fehlen, oder unzählige Fledermäuse aus Kunststoff zwischen bestickten Blusen und Obst und Gemüse aus der Region.

Wir erklimmen die schmale Treppe zum Eingang und laufen durch die verschiedenen Räume, die von der königlich rumänischen Familie bewohnt waren. In der Folterkammer kann man sich tatsächlich beim Anblick der "Instrumente" gruseln, nur Dracula ist außerhalb der Burgmauern präsenter als drinnen. Er soll nie hier gewesen sein, behaupten Historiker, andere wiederum wollen herausgefunden haben, daß er eine Weile hier gefangen gewesen sein soll. Genaueres weiß man nicht...

Als wir uns alles angesehen haben, fahren wir weiter nach Moieciu, einem kleinen Örtchen in den Bergen, welches, wenn wir es nicht besser wüßten, genauso gut in Österreich oder dem Schwarzwald sein könnte. Ein Flüßchen schlängelt sich durch den Ort, der rechts und links der hohen Berge von schönen weißen Villen im Bauernstil geprägt wird, die sehr einladend aussehen, und oft ein Schild mit der Aufschrift "Gästezimmer frei" im gepflegten Vorgärtchen stehen haben. Mitten auf der Straße des Ortes warten zwei Kutschgespanne mit jeweils einem Pferd auf uns und in Windeseile sind wir auf die Kutschböcke verteilt. Entlang der gewundenen Dorfstraße holpern wir entlang schöner Kulissen mit Heuhaufen, bildhübschen Landhäusern,, weidenden Kühen, Schafen und Pferden und landen vor einem Bauernhof vom Feinsten. Manche Gäste vermissen gar die Vorjahrhundertidylle ohne Strom, mit Kühen und Hühnern. Unser Ziel heute sieht eher aus wie das gut herausgeputzte Gemeindezentrum mit schickem Holztanzsaal in dem riesige Kronleuchter hängen. Parallel zu unserer Gruppe findet in Nachbarsaal eine rumänische Hochzeit statt.
Die Gemüsesuppe mit dem Krautwickeln und Polenta sowie Schnitzel mundet uns vorzüglich, der Hauswein stimmt uns heiter und eigentlich würden wir am liebsten dableiben und nicht wieder ins soooo zivilisierte und laute Predeal zurückfahren. Aber die Betten sind nun mal dort gebucht und morgen ziehen wir ja ohnehin um.
Brasov und eine erneute Kutschfahrt erwarten uns ...


Stadtrundgang in Brasov, Kirchenburg Boian und Bazna, Orgelkonzert

Früh am Morgen verlassen wir Predeal und fahren nach Brasov, zu deutsch Kronstadt. Sie ist die meistbesuchte der Siebenbürgenstädte. Heutzutage leben knapp 300.000 Einwohner in der 1234 erstmals urkundlich erwähnten Stadt. Kronstadt wurde von den Deutschen Rittern als südöstlichste Stadt in Siebenbürgen unter dem Namen Corona (Krone) gegründet und war über mehrere Jahrhunderte hinweg das kulturelle, geistige und religiöse Zentrum der Siebenbürger Sachsen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bildeten sie in der Region die Mehrheit der Bevölkerung. Kurzzeitig zwischen 1951 und 1961 nannte man die Stadt zur Ehrung von Stalin Orasul Stalin (Stalinstadt).

Seit 1987 gingen von hier die ersten Demonstrationen gegen die Diktatur Ceausescus aus. Neben den Siebenbürger Sachsen leben heute auch etliche Ungarn in der Stadt. Durch Deportationen schrumpfte die Zahl der deutschsprachigen Einwohner nach dem Zusammenbruch des Ostblocks von 800.000 in der Blütezeit ende des 19 Jahrhunderts auf aktuell 22.000 in ganz Rumänien. Heute leben in Kronstadt nur noch etwa 2.000 deutschsprachige Einwohner in Kronstadt.

Wir schauen uns zuerst den beeindruckenden Marktplatz mit dem Rathaus an und werfen einen Blick in die versteckte orthodoxe Kirche Maria Himmelfahrt. Gleich danach besichtigen wir die berühmte Biserica Neagra (die Schwarze Kirche). Diese gotische Hallenkirche ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler Rumäniens. In der Kirche gibt es die größte Sammlung an orientalischen Teppichen in Europa, die von der handelsgeschichtlichen und kulturellen Vernetzung des siebenbürgischen Patriziats zeugt. Ursprünglich wurde der Bau der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet und war einst eine katholische Kirche. Mit der Reformation in Siebenbürgen wurde das katholische Patrozinium aufgegeben und heute ist sie ein evangelisches Gotteshaus. Den Namen schwarze Kirche verdankt sie einem Stadtbrand im Jahre 1689.

Nun bekommen wir ein wenig freie Zeit und die meisten Gäste verschwinden schnell in den schmalen Altstadtgassen und suchen sich ein gemütliches Café.

Im Anschluss daran treten wir die knapp vierstündige Fahrt nach Bazna an und Gabor erzählt uns einiges über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen.

Wir sehen auf dem Weg wunderschöne Kirchenburgen, die so typisch für diese Region sind. Die Dörfer, die wir erblicken, bestehen zumeist aus bunten zur Straße weisenden Fassaden und die kleinen Häuser ziehen sich sehr lang in einen u-förmigen Hof, in dem oft ein Ziehbrunnen steht. Auf der Straße begegnen uns Pferdekutschen und bunt gekleidete Romafrauen.

Am Nachmittag kommen wir in Bazna an, dieses Dorf liegt mitten im Koketal. Umgeben ist es von sanften Hügeln und dem größten Weinanbaugebiet Siebenbürgens. Bereits im Jahre 1302 wurde Baaßen, wie der Ort auf deutsch heißt, erstmals urkundlich erwähnt und aus dieser Zeit stammte auch die erste Kirche. Im 14. Jahrhundert, später wurde die Kirche im Stile der Gotik umgebaut und wegen der ständigen Bedrohung durch die Osmanen ab dem Beginn des 16. Jahrhundert zu einer Wehrkirche mit Außenmauern erweitert.

Mitten im Dorf sind wir in einem gemütlichen Gasthof untergebracht und als wir ankommen, wartet bereits unsere Kutsche auf uns, die uns ins benachbarte Boian bringt. Dort schauen wir uns eine recht verfallene Wehrkirche an, deren Gründung aufs 14. Jahrhundert zurück geht. Im Chor gibt es ein Kreuzgewölbe, das Schiff dagegen hat eine flache Decke. Im Obergeschoß des Turms sehen wir einen Wehrgang mit hölzernem Geländer. Über der Einfahrt des Turms und über dem Nordportal befinden sich je ein Wappen mit dem moldauischen Wappen: einem Ochsenkopf mit Stern und Halbmond zwischen den Hörnern. Wir trinken in den alten Mauern einen Rotwein und schwingen uns wieder auf die Pferdekutsche, um das abendliche Orgelkonzert in der Kirche von Bazna nicht zu verpassen.

Als wir ankommen, schließt die nette Siebenbürgerin Christel Hermann mit einem riesigen Schlüssel auf, sie ist hier geboren, mit ihren Eltern jedoch nach Deutschland ausgewandert. Jedes Jahr kehrt sie für ein paar Monate in ihre alte Heimat zurück und kümmert sich liebevoll um die alte Kirche mit ihrer gut erhaltenen Orgel. Wir bekommen Werke von Bach, Händel und sogar das Musicalstück vom Phantom der Oper von der siebenbürgischen Komponistin vorgespielt und lauschen andächtig. Nach dem Konzert spazieren wir durchs Dorf zurück zu unserem Gasthof, wo uns bereits die Familie mit dem Abendessen erwartet.

Morgen sind wir gespannt auf Schäßburg und das Dörfchen Biertan ...


Kirchenburg Biertan, Wanderung nach Copsa Mare, Sigishoara, Weinverkostung in Seuca

Nach einer klaren Sommernacht ist es am Morgen frisch und angenehm kühl. Geweckt wurden wir vom Krähen der Hähne.

Heute steht der Besuch der Kirchenburg Biertan auf dem Programm. Sie zählt seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe und befindet sich zwischen Sighishoara und Medias. In den Jahren 1492 bis 1515 erbaute man sie im gotischen Stil und wir erblicken sie auf dem Hügel schon von weitem über der kleinen Siedlung. Nachdem 1572 der Birthälmer (deutscher Name von Biertan) Pfarrer Lukas Unglerus zum Bischof der evangelischen Kirche gewählt worden war, wurde diese Kirche zum Bischofssitz und blieb bis zur Verlegung 1867 geistlicher Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen. Wir treffen in der Kirche eine Siebenbürgerin, die uns ein riesiges Türschloß aus dem 16. Jahrhundert zeigt und uns einige Sätze in ihrer eigentlichen Muttersprache sagt, was wie Luxemburgisch klingt.

Direkt am Fuße der Wehrkirche beginnen wir unsere heutige Wanderung auf der Via Transsilvanica, einem insgesamt 600 Kilometer langen Wanderweg, der durch ganz Rumänien führt. Zu Beginn erklimmen wir den Dorfhang und erhaschen noch einmal wunderschöne Ausblicke auf den Ort mit seinen Kirchen. Etwas später biegen wir in einen dichten Buchenwald ab und nach eineinhalb Stunden erreichen wir Copsa Mare, zu deutsch Großkopisch. Hier lebten bis 1238 die ungarische Minderheit der Szekler , also die Siebenbürger, die ungarisch sprachen. Die Wehrkirche hier wird allerdings gerade restauriert und wir stehen vor verschlossenen Toren.

Auf holprigen Dorfstraßen schaukeln wir in unserem Bus weiter nach Sigishoara, zu deutsch Schäßburg und machen zuerst eine kleine Mittagspause. Nun sind wir gestärkt genug für den steilen Aufstieg auf mittelalterlichen Steinen durchs Stadttor. Die von sanften Hügelketten der Karpatenausläufer umgebene Stadt hat heute etwa 30.000 Einwohner und ist dreisprachig. Ein Fünftel der Bevölkerung gehört zur ungarischen Volksgruppe und noch etwa 500 Bewohner sind Siebenbürger Sachsen, der restliche Teil sind Rumänen. Wir steigen hinauf in die Oberstadt und passieren eines der eindrucksvollen Stadttore mit dem markanten Stundturm.

Gleich dahinter liegt das Geburtshaus des einstigen Fürsten der Walachei, Vlad III. Wir kennen diese Person nur aus Bram Stokers Roman "Dracula", bildete er doch das historische Vorbild für die Figur des Blutsaugers. Es ist ein kleines verwinkeltes Haus mit engen Aufgängen und einigen Waffen und Rüstungen aus dem Mittelalter. Von Gruseln keine Spur.

Nun wird es anstrengend. Wir erklimmen die 176 Stufen der sogenannten "gedeckten Schülertreppe", die zum Gipfel des Schulberg-Hügels führt, wo sich das Josef Haltrich Lyzeum befindet, in dem seit Anfang des 17. Jahrhunderts auf deutsch unterrichtet wird. Die Schüler und Lehrer dieses Gymnasiums müssen alle sportlich sein, sie legen diesen Weg mehrmals täglich zurück! Auf der Spitze des Hügels thront die Bergkirche, der wir ebenfalls einen Besuch abstatten. Danach laufen wir über den Friedhof wieder nach unten und können ein wenig Freizeit in dieser pittoresken Stadt, die seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, genießen. Die meisten Gäste suchen sich ein schattiges Plätzchen in einem der zahlreichen Cafés und Restaurants und lassen die Eindrücke Revue passieren.

Von dem ganzen Auf und Ab sind wir ganz schön geschafft, zumal das Thermometer 27 Grad im Schatten zeigt. Also kommt es gerade recht, daß jetzt eine Weinverkostung auf dem Programm steht. Unser Weg führt uns nach Gänesti, zu deutsch Gallenburg. Im eingemeindeten Dorf Seuca werden wir schon von der Siebenbürgerin Winzerin Annemarie erwartet, der uns zuallererst die Schätze seines Kellers zeigt. Hier lagern noch Flaschen, die eigentlich für den Diktator Ceausescu gedacht waren. Heute sind die verbliebenen Flaschen zu Sammlerstücken avanciert und erreichen auf Versteigerungen Preise bis zu 1.000 Euro.

Wir steigen wieder ans Licht und probieren zwei Weißweine und einen leichten Rotwein. Alle Gäste sind ganz interessiert, den schwarzen Knoblauch und den vom Weingut gewonnenen Honig zu verkosten. Beides schmeckt vorzüglich und etliche Mitbringsel aus dem biologischen Anbau werden erworben, bevor wir gut gelaunt wieder zurück nach Bazna fahren und ein Abendessen mit einem schmackhaften Gulasch & Knofi Gericht auf uns wartet. Wir genießen die Stille in der Dörflichen Idylle auf dem Land.

Morgen erwarten uns Sibiu und ein weiterer Wanderabschnitt auf der Via Transsilvanica ...


Stadtrundgang in Sibiu, Ausflug ins Hirtendorf, Wanderung und Glasikonenmuseum

Wir haben die ländliche Stille letzte Nacht sehr genossen und vorzüglich geschlafen. Da es heute erst zehn Uhr los geht, können wir uns sogar noch im Dorf umschauen, bevor wir nach Sibiu fahren.

Bereits im 12. Jahrhundert siedelten sich die ersten Siebenbürgisch-Sachsen in der Gegend um Hermannstadt, wie Sibiu auf deutsch heißt, an und sie sind heute die älteste noch existierende Siedlergruppe in Osteuropa. Siebenbürgen gehörte zu dieser Zeit zum Königreich Ungarn und nach der Teilung Ungarns 1540 wurde es zum Fürstentum Siebenbürgen. Obwohl dieses Gebiet zur Oberhoheit des Osmanischen Reiches gehörte, blieben die Bewohner weitgehend autonom. 1699 wurde die Region mit dem Vertrag von Karlowitz der Habsburger Monarchie angegliedert.

Im ersten Weltkrieg nach der Niederlage Österreich-Ungarns kam das Gebiet zum rumänischen Altreich und 1920 wurde die Zugehörigkeit zum Rumänischen Staat im Vertrag von Trianon fest verankert. Um 1930 zählte man 300.000 Siebenbürger Sachsen, nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes von Ceausescu waren es nur noch knapp 15.000. Die große Mehrheit war ab den 1970er Jahren in die BRD oder nach Österreich emigriert, kleine Gemeinden gibt es heute ebenfalls in Kanada und den USA.

Sibiu, zu deutsch Herrmannstadt, ist eine der repräsentativsten Städte ganz Rumäniens vor allem aus wirtschaftlicher und kultureller Sicht. 2007 war sie zusammen mit Luxenburg Kulturhauptstadt Europas und seitdem wurden Reisen nach Siebenbürgen immer populärer und der Tourismus in Rumänien entwickelte sich kontinuierlich.

Das malerisch am Fuße der Südkarpaten gelegene Hermannstadt betritt man auch heute noch durch die alten Stadtmauern vorbei an einem sehr dicken Turm, dem Turnul gros.

Die ersten deutschsprachigen Bewohner hatten sich im 12. Jahrhundert auf dem Hügel über dem Zibin-Fluß, der heutigen Oberstadt angesiedelt. Die Siedlung wuchs aufgrund ihrer günstigen Lage an der Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen stetig an und im Jahre 1878 berief man das erste siebenbürgisch-sächsische Parlament ein. Wir laufen zuerst zum großen Markt, wo wir unseren Stadtbummel beginnen. Der wundervolle Marktplatz mit seinen schmucken Häusern beeindruckt uns. Danach laufen wir weiter und schauen uns den Turm des alten Rathauses, die beeindruckende Stadtpfarrkirche und die orthodoxe Kathedrale an, die besonders schöne Kuppeln, Ikonen und Malereien hat.

Die Straßen der Stadt sind sehr gepflegt, liebevoll saniert und die Gäste sind begeistert von den vielen schönen Fotomotiven, die sich reichlich bieten.

Nun ist es wieder Zeit für eine kleine Wanderung und erneut sind wir auf der Via Transsilvanica unterwegs. Wir umrunden das Dörfchen Sibiel, erblicken immer wieder den weißen Kirchturm mit der roten Spitze und laufen begleitet von zwei Hunden über Wiesen die von Apfel- und Nussbäumen gesäumt werden. An unzähligen Gärten sind wir ganz grün vor Neid, dort wachsen die Auberginen, Lauch, Kürbisse, Bohnen, Kartoffeln, Tomaten und Sellerie üppig, groß und dick.

Am Abend erreichen wir Sibiel, zu deutsch Budenbach. Einige Häuser erinnern uns an die guten alten russischen Märchenfilme mit ihren geschnitzten Holzgiebeln, die Ziehbrunnen sind allesamt noch funktionsfähig und wir fühlen uns, wie ein Jahrhundert rückversetzt. Zuerst statten wir dem Friedhof und der Kirche einen Besuch ab und schauen uns das dorfeigene Glasikonenmuseum an. Danach wartet im Bauernhof bereits der Selbstgebrannte Hochprozentige auf uns und bei der Zimmerzuteilung sind wir schon recht heiter.

Am Abend erwartet uns die Familie, die alle hausgemachten Leckereien bereits aufgetischt hat. Die Tomaten und Gurken sind frisch aus dem Garten gepflückt worden, der Käse ist handgemacht, die Leberwurst schmeckt wie zu Omas Zeiten und das Brot ist selbst gebacken. Dazu werden Schnaps und Wein kredenzt und wir lachen von Gang zu Gang und Glas zu Glas lauter und ausgelassener. Die Suppe mundet uns, danach gibt es eine Art Sauerkraut mit fleischgefüllten Krautwickeln und zum Abschluss Kräppelchen. Wir sind so satt und fühlen uns laufunfähig. Alle fühlen sich hier auf dem Land bei einer rumänischen Bauernfamilie blenden aufgehoben und würden sehr gerne mehr Zeit in dieser authentischen Umgebung verbringen !


Walachei, Kloster Cozia, Stadtrundfahrt in Bukarest mit Dorfmuseum, Folkloreabend

Früh am Morgen frühstücken wir auf dem Bauernhof und starten heute recht früh in diesen langen Tag. Wir verlassen das romantische Sibiel und blicken mit Wehmut auf diese ländliche authentische Idylle mit sehr freundlichen Gastgebern.

Unser Weg führt uns durch die Walachei. Diese Region befindet sich im Süden Rumäniens und ist in die Kleine und Große Walachei unterteilt, deren Grenze der Fluß Olt bildet. Im Norden dieser historischen Region liegen die Südkarpaten und im Süden die Donau, die gleichzeitig die Grenze zu Bulgarien ist.

Nach etwa anderthalbstündiger Fahrt erreichen wir das Kloster Cozia, welches 24 Kilometer vom der Stadt Ramnicu Valcea am Fluß Olt liegt. Es ist eines der ältesten Klöster Rumäniens und macht einen sehr gepflegten Eindruck auf uns. Auf Anraten des Mönchs Nicodem Tismana, des späteren Beraters des Woiwoden, förderte Mircea I. von der Walachei zwischen den Jahren 1386 und 1388 den Bau dieses Klosters und nach seinem Tod ruht sein Leichnam im Mausoleum des Klosters. Das Kloster diente vor allem dazu, das Gebiet zu verwalten, die theologische Kultur zu bewahren und dazu, das Territorium zu kontrollieren und im Falle eines Falles zu verteidigen. Die Fresken stammen aus den Jahren um 1390 und sind fantastisch erhalten geblieben. Die Kirche wurde 1517 unter der Herrschaft des Woiwoden Neagoe Basarab und zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter dem walachischen Herrscher Constantin Brancoveanu renoviert, wobei die Nartexgalerie vor dem Eingang der Kirche, eine Kapelle, Brunnen und der Uhrenturm hinzugefügt wurden. Wir sehen die Bildnisse beider Fürsten an den Wänden des Klosters, als wir uns umschauen. Beeindruckt sind wir von den starken Mauern, die das Kloster umgeben, die von der einstigen Angst vor den osmanischen Angriffen zeugen.

Nach dieser interessanten Besichtigung machen wir uns auf Weg in die Hauptstadt.
Bukarest erwartet uns mit hochsommerlichen 28 Grad und dem alltäglichen Verkehrschaos. Fahrräder fahren zwischen den Autos wild herum, LKWs und Busse fahren zwischen endlosen Autoschlangen, die Grünphasen sind kurz und wir haben genügend Zeit, uns die häßlichen Zweckbauten aus der kommunistischen Ära am Stadtrand aus dem Bus raus anzuschauen.

Heutzutage leben hier etwa zwei Millionen Einwohner. Die Innenstadt hat sich dem Zusammenbruch des Kommunismus wirklich gemausert ! Nach Pariser Vorbild sind die Alleen üppig grün, die Parks liebevoll gepflegt, viele Gebäude sind saniert und erstrahlen in neuem Glanz.

Danach spazieren wir durchs Dorfmuseum Dimitrie Gusti. Mitten in der Stadt gelegen, hat man hier alte Bauernhäuser, Kirchen, Windmühlen und Ställe aus allen Gegenden Rumäniens gesammelt und wieder aufgebaut, um einen Eindruck zu vermitteln, wie das ländliche Leben in Rumänien um die Jahrhundertwende war. Die Häuser sind entweder mit Stroh oder Ried gedeckt, alles ist hübsch bepflanzt und da nicht viel los ist, können wir in aller Ruhe durch das Museum spazieren.

Danach geht es nachmittags weiter , wir fahren um den Triumphbogen herum, der zu Ehren des Sieges im Ersten Weltkrieg errichtet wurde. Am Piata Revolutiei (dem Platz der Revolution) bestaunen wir die Bibliothek der Universität und das sogenannte Denkmal der Wiedergeburt, eine 25 Meter hohe Marmorpyramide mit einer metallenen Krone. Auf diesem Platz hielt Ceausescu im Dezember 1989 seine letzte Rede, tags darauf flüchteten er und seine Frau vom Dach des damaligen Zentralkomitees der Kommunistischen Partei mit dem Helikopter aus der Hauptstadt und wurden wenig später vor ein Tribunal gestellt, zum Tode verurteilt und erschossen. Heutzutage befindet sich in dem Gebäude das rumänische Innenministerium.

Das imposanteste und vermutlich auch das bekannteste Gebäude der Hauptstadt ist mit Abstand der Parlamentspalast. Mit diesem Bau waren über fünf Jahre mehr als 20.000 Arbeiter und 500 Architekten beschäftigt. Die bebaute Grundfläche beträgt 65.000 m². Die größte Galerie im Inneren ist sage und schreibe 150 Meter lang und der größte Saal mißt 16 Meter Höhe. Die Baukosten schätzt man auf 3,3 Milliarden Euro. Allerdings erlebte der Diktator die Fertigstellung seines überbordenden Palastes nicht mehr. Heute ist es der Sitz der Abgeordnetenkammer.

Am Ende unserer Rundfahrt schauen wir uns die Patriarchen-Kathedrale mit dem Patrozinium der Heiligen Konstantin und Helena an. Es findet gerade ein orthodoxer Gottesdienst statt und uns umweht ein leichter Weihrauchduft.


Danach erwartet uns wieder der zähe Hauptstadtverkehr, wir fahren so nah an die Altstadt heran, wie es geht und laufen zur alten Karawanserei, dem Hanul Manuc. 1769 durch Manuc Bey gegründet, diente der Hof einst als Herberge für Reisende. Hier lagerte man Wein in 15 unterirdischen Weinkellern und beherbergte über 20 Läden im Erdgeschoß, zehn Hütten und im ganzen Areal konnte man bis zu 500 Fremde unterbringen. Heute ist der Hof ein Restaurant, als wir ankommen ist es rappelvoll und wir bekommen die Plätze genau vor der Bühne, wo eine Kapelle zünftige rumänische Musik spielt und Tänze aufgeführt werden.

Nach unserem umfangreichen Programm und den vielen Eindrücken sind wir müde und froh, daß wir direkt nach dem Essen ins Hotel gebracht werden. Geschafft sinken wir in die Hotelbetten, morgen schon müssen wir abreisen ...


Heimreise

Früh am Morgen starten wir nach dem Führstück um 10 Uhr alle gemeinsam zum Flughafen Otopeni. Am Flughafen angekommen verabschieden wir usn alle von Gabor und unserem tollen rumänischen Busfahrer Florins. Für alle geht es zuerst nach Frankfurt und wir verbschieden uns alle gegenseitig bevor jeder seinen Heimflug bzw . Heimreise ab Frankfurt antritt und unsere Wege sich wieder teilen.

Schlusswort
Eine spannende Reise durch wildes, ländliches und teils romantisches Rumänien liegt hinter uns. Nur einen kleinen Teil haben wir kennengelernt. Wir waren erstaunt, wie touristisch es einerseits an den Hotspots wie Bran und Peles zugeht und andererseits verschlafen und ruhig in den Dörfern. Dort glaubt man sich um ein Jahrhundert in der Zeit zurückversetzt. Viele Vorurteile über Rumänien müssen wir revidieren, Roma haben wir nur vom Bus aus an ihrer bunten Kleidung erkannt, sonst sieht man sie nur ab und an auf Märkten stehen und Schnitzereien oder Nüsse verkaufen. Die meisten Häuser und Bauten in den Städten sind heutzutage renoviert und frisch gestrichen. Auf den Bauernhöfen geht es da noch traditioneller zu. Ein Gärtchen am Haus darf nicht fehlen, wir haben mehrere Familien bei der Ernte und beim Einkochen beobachten können. Gefeuert wird hier noch mit Holz und die Lebensweise ist weit weniger luxuriös als in den großen Städten.


Schlusswort

Ich freue mich, dass wir alle ohne Zwischenfälle wandern konnten, gesund und munter wieder in Bukarest gelandet sind. Ich wünsche Euch eine gute Heimreise und hoffe, dass Euch die lieblichen Landschaften Siebenbürgens in guter Erinnerung bleiben werden.
Alles Gute, vor allem Gesundheit, wünscht Euch
Eurer Reisebegleiter Bernd

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