Reisebericht: Schottland aktiv erleben – Großbritannien

28.07. – 09.08.2024, 13 Tage Kultur– & Wanderreise in Schottland: Glasgow – West Highland Way – Glen Nevis – Jacobite Steam Train – Great Glen Way – Loch Ness – Orkney–Inseln – Edinburgh – Hadrianswall


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Für eine gelungene Reise nach Schottland braucht es 15 gut gelaunte Reisegäste, gutes Wanderwetter, ein paar Attraktionen, z. B. den Hogwarts Express, viele schöne Hügel und Berge, romantische Burgen und Schlösser, Wasser, Schafe und nette Einheimische. Dazu ein Weltkulturerbe im Norden auf den Orkney-Inseln, eines im Süden als Grenzbefestigung, eines als Brücke mittendrin. Haggis kann als Zutat nach Belieben hinzugefügt werden, muss aber nicht. Porridge bietet sich an, Whisky unbedingt und in großzügiger Menge. Als Kirsche auf der Sahne auf der Schottland-Reisetorte empfiehlt sich außerdem, ja nahezu zwingend, ein Besuch des Royal Edinburgh Military Tattoo! Nun kann es auch schon losgehen ...
Ein Reisebericht von
Dr. Andreas Wolfsteller
Dr. Andreas Wolfsteller

1. Reisetag (28. Juli 2024): Flug nach Glasgow — Stadterkundung mit Kelvingrove Art Gallery

Schon das erste Treffen mit dem Großteil meiner Reisegäste am Morgen auf dem BER ist fast wie ein Klassentreffen: 10 der insgesamt 15 Gäste, die mit mir das Land jenseits des Tweed wandernd erkunden möchten, kennen mich (und teilweise auch sich untereinander) schon von einer früheren Eberhardt-Reise. In zwei Flugetappen von jeweils etwa einer Stunde gelangen wir via Amsterdam nach Glasgow, wo uns bereits drei weitere Gäste erwarten. Damit sind wir komplett, auch Bus und Busfahrer Donald machen wir ausfindig — und dann beginnt auch schon das offizielle Reiseprogramm mit einer intensiven Erkundung der größten schottischen Stadt, Glasgow, und ihrer Sehenswürdigkeiten! In der Kelvingrove Art Gallery & Museum werden wir mit einem kostenlosen Orgelkonzert und dem Soundtrack von „Herr der Ringe“ in Schottland begrüßt. Gänsehaut pur! Im Museumscafé können wir uns bei einer kleinen Stärkung von der Anreise erholen, bevor wir zu einem großen Spaziergang aufbrechen. Das Wetter ist perfekt dafür. Über das märchenschlossartige Hauptgebäude der University of Glasgow schleuse ich meine Gäste durch (!) das beliebte Kneipenviertel Ashton Lane zur U-Bahn-Station Hillhead. Die drittälteste U-Bahn der Welt ist eine Attraktion an sich und schüttelt und ruckelt uns bis zur Buchanan Street in der Innenstadt ordentlich durch. Von der Fußgängerzone aus machen wir einen Abstecher zum George Square mit dem Rathaus und bewundern die historischen Kaufmannshäuser. Von der St Enoch Station geht es dann mit der Subway zurück ins Uni-Viertel West End, wo Bus und Donald geduldig am Museum auf uns warten. Unterwegs haben wir uns sowohl mit Bargeld als auch Wanderproviant für morgen eingedeckt. Das moderne Courtyard Hotel liegt nur wenige Fahrminuten entfernt am Clyde, neben den markanten Veranstaltungshallen OVO Hydro und SEC Armadillo. Das erste 3-Gänge-Abendessen haben sich meine Gäste nach dem langen Anreisetag und unserem heutigen Ausflug wirklich redlich verdient.


2. Reisetag (29. Juli 2024): Loch Lomond und Wanderung auf dem West Highland Way

Gleich am zweiten Tag teste ich die körperliche Fitness meiner Gäste mit einer Wanderung auf dem West Highland Way. Dafür habe ich mir einen der schönsten Abschnitte ausgesucht, der am Ufer des Loch Lomond entlangführt. Unser heutiger Fahrer heißt James. Er holt uns pünktlich (und das ist heute schon vergleichsweise zeitig) am Hotel ab und bringt uns in rund einer Stunde bis nach Tarbet. Zwei gute Nachrichten: Unser Boot liegt dort bereit (es ist wirklich nur für uns!) und wird gerade betankt — und es tauchen erstmal keine Midges auf! Große Erleichterung bei allen, denn die berüchtigten schottischen Mini-Mücken können ganz schön lästig sein. Jetzt ruft uns der Kapitän an Bord. Leinen los! Unsere erste Fahrt über den berühmten und viel besungenen Loch Lomond dauert etwa 40 Minuten und endet an der Jugendherberge in Rowardennan. Von hier aus wandern wir auf dem West Highland Way bis zum Inversnaid Hotel. Der Weg ist sehr abwechslungsreich und führt mal unmittelbar am Seeufer entlang, mal etwas weiter weg, mal geht es ein Stückchen bergauf, dann wieder bergab. Wir laufen durch einen herrlichen Märchenwald und an kleinen Wasserfällen vorbei. Am Ziel angekommen, können wir uns ausruhen, uns ein kühles Bier gönnen und auch eine Kleinigkeit essen. Ein anderes Boot holt uns wieder ab und bringt uns über den See zurück nach Tarbet. Dabei fahren wir auch am Wasserkraftwerk vorbei, das nach einem deutschen Entwurf errichtet wurde. Auf dem Rückweg bitte ich James noch um einen Fotostopp am Riverside Museum in Glasgow. Es hat leider schon geschlossen, aber durch die großen Glasscheiben hindurch können wir trotzdem einige der Exponate sehen.


3. Reisetag (Dienstag, 30. Juli 2024): Schlachtfeld von Bannockburn — Stirling — Glen Coe — Wanderung im Glen Nevis

Nach dem gestrigen ersten Schnuppertag in den südlichen Highlands am Loch Lomond fahren wir heute mit unserem Stammfahrer Matthew via Stirling so richtig in die Highlands hinein. Am Nachmittag wollen wir dann sogar noch eine kleine Wanderung unterhalb des höchsten Berges Großbritanniens unternehmen. Darüber hinaus steigen wir am Vormittag mit der Besichtigung des Schlachtfelds von Bannockburn außerhalb von Stirling richtig tief in die schottische Geschichte ein. Robert the Bruce und William Wallace sind die Nationalhelden der Befreiungskriege, und auch das Stirling Castle, das wir in der Ferne bereits auf dem Lavahügel thronen sehen können, spielte eine wichtige Rolle. Wir parken dann auch direkt vor dem Castle und spazieren gemütlich durch die Altstadt bis zur Fußgängerzone. Nach der Mittagspause setzen wir unsere Reise in die Highlands fort. Den Höhepunkt der Fahrt durch landschaftlich wunderschöne Gegenden und hübsche kleine Ortschaften bilden zwei Fotostopps vor und im Glen Coe. An den Three Sisters erwartet uns sogar ein einsamer Dudelsackspieler und bringt uns ein Ständchen. Kurze Zeit später erreichen wir den Loch Linnhe, Fort William und schließlich das Glen Nevis. Und haben wettertechnisch wieder großes Glück: Der Gipfel des Ben Nevis ist trotz einiger weißer Wölkchen am Himmel gut zu sehen, der Pfad hinauf in seinem zickzackförmigen Verlauf klar erkennbar. Wir wandern jedoch lieber unten im Tal am Fluss entlang, unterhalten uns dabei mit Einheimischen (= Schafen) und Touristen (= hauptsächlich anderen Deutschen) gleichermaßen und gehen später auf der anderen Seite durch den Wald zurück, wo wir auch wieder auf den West Highland Way treffen. (Es muss ja niemand erfahren, dass wir zwischen gestern und heute ein paar Etappen übersprungen haben!) In unserem nächsten Hotel am Loch Linnhe werden wir herzlich empfangen und bewirtet — und genießen die traumhafte Aussicht auf Wasser und Berge. Die Sammlung an erlesenen Whiskys an der Hotelbar muss ebenfalls unbedingt erwähnt und verkostet werden!


4. Reisetag (Mittwoch, 31. Juli 2024): Eilean Donan Castle – Fähre von Armadale nach Mallaig – Fahrt mit dem Jacobite Steam Train

Ein abwechslungs- und ereignisreicher Tag liegt vor uns. Erstmal dürfen meine Gäste aber wieder in Ruhe frühstücken. Anschließend fährt uns Matthew über Fort William zum berühmten Eilean Donan Castle. Unterwegs machen wir einen Fotostopp am Commandos-Denkmal, bewundern die Landschaft und den Blick auf den Ben Nevis (der sich nun aber doch schüchtern hinter einem leichten Wolkenschleier versteckt) und fahren dann auch schon ein Stück durch das beeindruckende Great Glen. Bei der technischen Pause treffen wir ein junges Studentenpaar aus Karlsruhe, das uns freudestrahlend ihren zum Wohnmobil umgebauten Renault Kangoo zeigt. Musikalisch untermalt wird unsere Anfahrt zur Isle of Skye durch ein „Best of“ der schottischen Band Runrig, deren Sänger von der Insel stammt. Das Eilean Donan Castle liegt allerdings noch auf dem schottischen Mainland auf einer Gezeiteninsel am Treffpunkt dreier Sea Lochs und sollte die Küste vor den Wikingerangriffen schützen. Mit Audioguides ausgestattet dürfen meine Gäste das wohl berühmteste Fotomotiv Schottlands, den Stammsitz des Clans Macrae, von außen und innen erkunden. Auch heute ist das Wetter ein Traum für alle Foto-Enthusiasten. Viel blauer Himmel und nur wenige weiße Wolken, die sich während unseres Besuchs sogar noch verflüchtigen. Obwohl die Burg „nur“ eine Rekonstruktion ist, vermittelt sie einen guten Eindruck vom Clan-Leben in einem Tower House. Ein kleiner Schockmoment erwartet uns zurück am Bus, denn der will nicht mehr anspringen. Dafür erleben wir auf diese Weise die Hilfsbereitschaft der Schotten aus erster Hand, denn schnell sind Kabel und ein Auto organisiert, das Starthilfe leistet. So erreichen wir unsere Fähre von Armadale auf der Insel Skye nach Mallaig trotz unserer Verspätung noch mehr als pünktlich. Da fällt sowohl unserem Fahrer Matthew als auch dem Reiseleiter Andreas ein großer Stein vom Herzen. Nachdem wir die Brücke zur Insel überquert haben, türmen sich die Berge der Insel als herrliches Panorama vor uns auf. Ein schönes Fleckchen Erde, das sich die MacLeods und MacDonalds als Heimat ausgesucht haben. Von Armadale nehmen wir die Fähre nach Mallaig zum nächsten Höhepunkt der Reise: einer Zugfahrt mit dem Hogwarts Express bzw. Jacobite Steam Train über das berühmte Glenfinnan Viaduct. Am Loch Shiel fahren wir auch an Hogwarts selbst vorbei, aber das können meine lieben Muggel leider nicht sehen … Sie müssen sich daher mit der schönen Küstenlinie, den grünen Hügeln, einigen malerischen Lochs und — ganz am Ende — der besten Aussicht auf den Gipfel des Ben Nevis begnügen, die ich je in Schottland erlebt habe. Es muss Magie im Spiel sein, dass der Zug zehn Minuten zu zeitig in Fort William ankommt. Bei der Deutschen Bahn wäre das nie passiert. Matthew erwartet uns am Bahnhof und fährt uns zum Abendessen zu unserer Lodge on the Loch.


5. Reisetag (Donnerstag, 01. August 2024): Fort Augustus — Wanderung am Loch Ness — Urquhart Castle

Für den heutigen Tag wäre gutes Wetter wirklich von Vorteil, weshalb ich immer wieder nervös auf die Wettervorhersage schaue, zumal es am Morgen auch ziemlich stark regnet. Doch Wetterphänomene sind in Schottland oftmals lokal und zeitlich begrenzt; einige Kilometer weiter kann es schon ganz anders aussehen. An der Schleusentreppe „Neptune’s Staircase“ sieht es immer noch trüb, aber insgesamt schon freundlicher aus. Wieder haben wir Glück, dass gerade ein Segelboot durchgeschleust wird und wir die Schleusen in Aktion erleben dürfen. Weiter landeinwärts, in Fort Augustus, ist das Wetter sogar wesentlich freundlicher. Und an der hiesigen Schleusentreppe herrscht reger Betrieb. Am Caledonian Canal entlang können wir sogar bis an den Anfang des Loch Ness laufen und (vergeblich) Ausschau nach seinem berühmten Monster halten. Wir finden es stattdessen in vielfacher Ausführung in den Schaufenstern der Souvenirläden. Jetzt wird es Zeit für die zweite große Wanderung auf dieser Rundreise, die ich sogar noch um einen An- und Abstieg erweitern möchte, d. h. ich will mit meinen Gästen die obere Route von Fort Augustus nach Invermoriston laufen. Auf dem West Highland Way haben sich alle schon gut geschlagen, sogar einen neuen Streckenrekord aufgestellt. Deshalb bewältigen meine Gäste den Aufstieg auf rund 300 Meter mit Bravour und werden mit einer herrlichen Aussicht fast über den gesamten Loch Ness belohnt! Bei ausreichend gutem Wetter — wie heute — muss das einfach sein! Oben machen wir erstmal eine Picknickpause, bevor es parallel zum Seeufer weiter in Richtung Invermoriston geht. Doch auch von hier oben ist Nessie nicht zu erblicken. Unser Fahrer Matthew hatte da mehr Glück und schickt uns ein Selfie mit (Plüsch-)Monster. Während wir nun mit der gebotenen Vorsicht den Abstieg wagen, fährt er mit dem Bus nach Invermoriston vor und wartet dort auf uns. Und am Urquhart Castle erwarten uns alle dann Kaffee und Kuchen (und vor allem Toiletten) sowie eine Filmvorführung mit abschließendem Showeffekt. Die Burgruine am Loch Ness ist ein Muss auf jeder Fahrt durch das Great Glen und ein tolles Fotomotiv. Ein weiterer toller Tag in Schottland geht dann mit einem leckeren Abendessen im Premier Inn in Inverness zu Ende. Morgen warten schon die Orkney-Inseln!


6. Reisetag (Freitag, 02. August 2024): Besuch der Glenmorangie Distillery – Wanderung zu den Stacks of Duncansby – Überfahrt auf die Orkney–Inseln

Ein gutes, reichhaltiges Frühstück ist heute wichtig, denn wir haben gleich am Vormittag eine Führung durch die Glenmorangie Distillery bei Tain, ein Stück nördlich von Inverness — mit anschließender Verkostung. Alexander heißt unser junger Guide, der seine Sache aber super macht. Auch auf Nachfragen geht er ein und erklärt uns alle Schritte der Whiskyherstellung. Besonders interessant ist natürlich das Lagerhaus mit den vielen, vielen Fässern. Gern würden wir eines mitnehmen, im Kofferraum wäre sogar noch Platz dafür. Wir dürfen auch an ausgemusterten Fässern eine Geruchsprobe nehmen — ein herrlicher Duft! Bei der Verkostung dürfen wir zwei besondere Whiskys probieren, die ganz unterschiedlich riechen und schmecken. Hernach fährt uns Matthew entlang der Ostküste so weit in den Norden wie möglich. Nach einem Einkaufsstopp in Wick endet die Straße, und damit auch unsere Fahrt, in John o’Groats. Hier machen wir eine Mittagspause und brechen dann zur Wanderung zum Stevenson-Leuchtturm und zu den Stacks of Duncansby auf. Leider fängt es nun ein bisschen an zu regnen. Was ist denn plötzlich mit meinen Wetterengeln los? Sehr schlimm wird es jedoch nicht. Auch die Schafe, denen wir unterwegs begegnen, lassen sich dadurch nicht vom Fressen abhalten. So ein bisschen hat die Wanderung (aufgrund der Hinterlassenschaften besagter Schafe) schon etwas von einem Hindernislauf … Die Aussicht auf die Klippen und die berühmten Felsnadeln entschädigt jedoch für die koordinatorischen Anstrengungen. Außerdem hört auch der Regen auf, als wir bei den Stacks of Duncansby ankommen. Von hier aus laufen wir dann querfeldein zurück nach John o’Groats. Matthew bringt uns über Thurso zum Fährhafen. Gespannt warten wir auf das Eintreffen der Hamnavoe, die uns auf die Orkney-Inseln bringen soll. Vom Bus aus können wir das Ent- und Beladen der Fähre gut beobachten. Dann dürfen wir an Bord und begeben uns auch gleich ins Restaurant. Nach der Wanderung haben wir nämlich Hunger! Das Essen ist gut und reichhaltig. Als besonderes Schmankerl können wir zum Nachtisch leckeres Eis von den Orkney-Inseln wählen. Der Regen setzt während der Überfahrt wieder ein, verdirbt uns aber nicht die gute Laune und den Anblick der Klippen von Hoy samt des einsamen steinernen Wächters. Nach etwas mehr als 1,5 Stunden Fahrt erreichen wir den Hafen von Stromness auf der Insel Mainland. Hier wäre auch gleich unser Hotel gewesen, doch leider wurde es nach einem Unfall kurzfristig geschlossen, sodass wir notgedrungen auf zwei kleinere Hotels in Kirkwall ausweichen müssen. Immerhin sollte im Hauptort der Orkneys mehr los sein und es ist nur eine Fahrt von 30 Minuten.


7. Reisetag (Samstag, 03. August 2024): Skara Brae — Kirkwall — Churchill Barriers

Wie vorhergesagt ist das Wetter am heutigen Tag wieder fabelhaft. Genau richtig für unsere Zeitreise in die Jungsteinzeit, die an den Standing Stones of Stennes beginnt. Reiseleiter Andreas hat heute die zusätzliche besondere Aufgabe, darauf zu achten, dass kein Gast (aus Versehen) 200 Jahre in die Vergangenheit geschleudert wird. Der zweite, jüngere und deutlich größere Steinkreis ist der Ring of Brodgar gleich nebenan. Wir umrunden ihn bei einem Spaziergang und versuchen uns vorzustellen, wozu er gedient haben mag und wie die damaligen Menschen ihn errichtet haben könnten. Sie wohnten u. a. in der Steinzeitsiedlung Skara Brae, die wir zum Abschluss unseres heutigen Steinzeitausflugs besuchen. Vor ihrer Haustür: ein herrlicher Sandstrand. Warum sie vor 4.500 Jahren bloß aus dieser Idylle geflohen sind? Die Möbel sind rund 5.000 Jahre alt und stehen jedenfalls immer noch — das muss Ikea erstmal hinbekommen! Zum Besuch des Weltkulturerbes Skara Brae gehört immer auch ein Rundgang durch das Skaill House, dem Wohnsitz der hiesigen Lairds. Als Überraschung kann ich meinen Gästen heute dank des sonnigen Wetters und trockenen Untergrunds einen Spaziergang zu den Klippen von Yesnaby anbieten. Die kleine Runde am Meer macht alle glücklich. Nun geht es für eine Mittagspause zurück nach Kirkwall. In der kleinen Fußgängerzone finden wir Cafés und Geschäfte. Am Nachmittag besichtigen wir erst gemeinsam die St.-Magnus-Kathedrale und anschließend per Bus die Churchill Barriers um das Binnenmeer Scapa Flow, den einstigen Stützpunkt der britischen Flotte. Kriegschiffe sind keine mehr hier (nur als Wracks auf dem Meeresgrund), aber einige Ölplattformen und Frachter sind zu sehen. Wir entdecken ein paar zottelige Highland-Rinder auf der Weide, einen schönen Strand und einen schönen Aussichtspunkt für uns Bergfest mit einer Flasche Highland Park! Die erste Hälfte unserer Wanderreise ist wie im Flug vergangen. Zum Abendessen treffen wir uns im Kirkwall Hotel, wo es uns gut gefällt. Wir haben sogar Namensschildchen und bekommen ein Getränk spendiert! Einige Gäste machen noch einen Abendspaziergang und schicken hinterher tolle Fotos vom Sonnenuntergang über dem Hafen. Hach, der Abstecher auf die Orkney-Inseln hat sich wirklich gelohnt!


8. Reisetag (Sonntag, 04. August 2024): Fährüberfahrt nach Scrapster — Dunrobin Castle — Schlachtfeld von Culloden — Abendspaziergang in Inverness

Ein bisschen schade daher, dass es heute schon wieder zurück auf das schottische „Festland“ geht. Wir bekommen in unseren Hotels zumindest ein kontinentales Frühstück, bevor uns Matthew nacheinander aufsammelt und wir wieder nach Stromness fahren. Von dort bringt uns die Hamnavoe nach Scrapster. Es ziehen zwar nach und nach Wolken auf, aber regnen tut es (noch) nicht, weshalb wir die Klippen von Hoy und den Old Man recht gut sehen und fotografieren können. Aber es schaukelt diesmal ganz schön! Da wird jeder Gang über Deck zu einer kleinen Tanzeinlage. Bis zum Dunrobin Castle dürfen meine Gäste etwas Schlaf nachholen, denn für die Besichtigung dieses schönen Märchenschlosses an der Küste mit 189 Zimmern und einem prächtigen Garten sollten sie ausgeruht sein! Hier hätten meine Freundin und ich keine Probleme, unsere gemeinsame Büchersammlung unterzubringen! Am Nachmittag erreichen wir wieder Inverness und widmen uns nun einem besonders traumatischen Kapitel der an Traumata reichen schottischen Geschichte: der Schlacht von Culloden. Passend dazu wird das Wetter wieder etwas ungemütlicher. Vor allem der Wind nimmt zu und sorgt für eine unheimliche Stimmung. Im Museum sind Vorgeschichte und Ablauf der Schlacht sehr gut aufbereitet, während das eigentliche Schlachtfeld auf dem Moor eher als ruhiger Gedenkort für die Gefallenen der schottischen Highland-Clans dient. Hier liegt er wortwörtlich begraben, der Traum von der Wiederherstellung der Stuart-Monarchie. In Culloden verabschieden wir uns vorübergehend von Matthew, der in seine wohlverdiente Pause geht, während Benedict für die nächsten beiden Tage übernimmt. Heute muss er uns allerdings nur noch ins Palace Hotel fahren, das direkt am River Ness liegt. Die Lobby erinnert wirklich an einen großen Palast und auch der Speisesaal ist groß und schön gestaltet. Zum Glück lässt nach dem Abendessen der Regen nach, sodass wir doch noch unseren Spaziergang am Fluss entlang zu den Ness Islands und zurück unternehmen können. Eines der hübschen Häuschen dort steht gerade zum Verkauf … Wir erleben sogar noch einen richtig schönen Sonnenuntergang, als wir wieder am Hotel eintreffen. Morgen geht es dann weiter nach Edinburgh.


9. Reisetag (Montag, 05. August 2024): Wanderung um den Loch Morlich — Wanderung zu den Birks of Aberfeldy — Dunkeld — Forth Bridges — Ankunft in Edinburgh

Die Hauptstadt ruft, der feierliche Höhepunkt rückt näher! Von Inverness wollen wir heute bis nach Edinburgh fahren und dabei noch zwei kleine, aber feine Wanderungen absolvieren. Die erste führt in 1,5 Stunden einmal um den Loch Morlich inmitten des Cairngorms-Nationalparks. Der See bietet einen herrlichen Badestrand und schöne Waldlandschaften vor dem Panorama der Berggipfel. Nur ziemlich windig ist es heute wieder, aber immerhin bleiben so die Midges fern. Die Mittagspause findet heute im Bus auf der Fahrt nach Aberfeldy statt; Verpflegung haben wir uns zuvor in Aviemore gekauft. Am Highland Chocolatier kann ich als Schokoladenfan dann einfach nicht vorbeifahren und muss mit meinen Gästen einen Blick in den schönen Laden werfen. Natürlich landet auch die ein oder andere Tafel Schokolade im Einkaufskorb. Nun wartet aber schon mein bester Kumpel Rabbie Burns auf mich und ich will ihn nicht länger einsam auf der Bank zwischen den Birken sitzen lassen. Angesichts des drohenden Anstiegs haben sich die Reihen etwas gelichtet — zu verlockend waren da im Gegensatz die Pubs und Cafés am Marktplatz von Aberfeldy. Auch diese kurze Wanderung ist mit 1,5 Stunden veranschlagt und ist die Mühe wert. Wer Robert Burns nicht trauen mag, kann sich da ruhig auf den Reiseleiter verlassen. Die Birks of Aberfeldy stehen nämlich in einem schönen, dicht bewaldeten Tal am Fuße eines Wasserfalls. Wir haben die Wanderung fast geschafft, es sind vielleicht noch zehn Minuten bis zum Bus, da können die Wolken das Wasser nicht mehr halten und es pladdert auf uns nieder. Schnell zum Bus und aufwärmen und die nassen Jacken ausziehen. In Dunkeld machen wir nochmals eine Pause, um uns die Kathedrale anzuschauen, in der die sterblichen Überreste des Heiligen Columban liegen sollen, und/oder im Zentrum des kleinen Städtchens einen Kaffee zu besorgen. Neben der Ruine der Kathedrale lassen sich auch immer schön die wilden Kaninchen beim Mümmeln beobachten. Nun nähern wir uns Edinburgh mit großen Schritten. An den drei großen Brücken über den Firth of Forth erwartet uns ein weiterer Fotostopp. Die rote Forth Bridge ist schon das zweite Weltkulturerbe, das wir auf dieser Reise sehen. Damit haben wir auch die Außenbezirke der Stadt erreicht. Unser Hotel liegt in der Altstadt an der South Bridge, unweit der Royal Mile, also mitten im Getümmel. Nach dem Abendessen gehen meine Gäste wagemutig hinaus und erkunden schon ein bisschen die Hauptstraße bis zum Castle, erleben die Menschenmassen, die zum Edinburgh International Festival und zum Military Tattoo aus der ganzen Welt angereist sind. Viele Straßenmusiker stehen entlang der Royal Mile und unterhalten die Besucher. Alles schon ein Vorgeschmack auf den morgigen Tag!


10. Reisetag (Dienstag, 06. August 2024): Stadtrundfahrt in Edinburgh — Edinburgh Castle — Freizeit — Royal Edinburgh Military Tattoo

Beryl heißt unsere ausgewanderte Berlinerin, die uns ihre Wahlheimat Edinburgh heute als Stadtführerin zeigen möchte. Wir treffen sie am Wohnhaus von Robert Louis Stevenson in der Neustadt. Sehr anschaulich vermittelt sie uns zunächst das historische Leben in ebenjener Neustadt Ende des 18. Jahrhunderts und schafft es, die Zeit von Jane Austen und Sherlock Holmes vor unserem geistigen Auge zum Leben zu erwecken. Am Fettes College und am Botanischen Garten machen wir die ersten beiden Fotostopps, bevor wir diese Hälfte der Stadt verlassen und uns dem südlichen Teil mit Holyrood Palace, Arthur’s Seat und der Royal Mile widmen. Insgesamt haben wir einen sehr guten Überblick gewonnen, als wir uns an der Johnston Terrace von ihr und Benedict verabschieden. Nun haben meine Gäste eine Stunde Zeit für eine Mittagspause oder einen Einkaufsbummel in der Victoria Street. Vor dem Edinburgh Castle treffen wir uns wieder und begeben uns pünktlich zum Abschuss der One O’Clock Gun hinein. Ein günstiger Zeitpunkt für die Besichtigung der schottischen Kronjuwelen, denn die Schlange ist gerade sehr kurz, weil noch fast alle Besucher an der Kanone stehen. Hier trennen sich vorerst unsere Wege. Auf den Arthur’s Seat möchte heute niemand mehr wandern, zu verlockend ist die Altstadt mit ihren Attraktionen. Außerdem brennt die Sonne für schottische Verhältnisse förmlich vom Himmel, weshalb es im Schatten der alten „Hochhäuser“ viel angenehmer ist. Zum Abendessen treffen wir uns alle im Hotelrestaurant wieder und spazieren dann erneut zum Edinburgh Castle. Diesmal allerdings, um uns alle gemeinsam das Royal Edinburgh Military Tattoo anzuschauen. Ein großes Spektakel mit vielen Hundert Teilnehmern aus der ganzen Welt! Trommler, Tänzerinnen, natürlich ganz viel Dudelsackmusik, Fackeln, Kanonenschüsse, Rauch und Nebel, Bollywood-Tanz, aber auch Popmusik. Nach dem großen Finale mit Feuerwerk sind wir alle ausnahmslos begeistert und taumeln freudetrunken zurück zu unserem Hotel an der South Bridge.


11. Reisetag (Mittwoch, 07. August 2024): Melrose Abbey — Wanderung am Hadrianswall — Gretna Green — Dumfries

Nach dem feierlichen Höhepunkt der Reise gestern Abend beginnt nun quasi das ruhigere „Nachprogramm“. Dafür fährt uns unser Matthew, der für die letzten Tage zurückgekehrt ist, erstmal in die Scottish Borders, die Grenzregion zu England, wo wir die schon von Sir Walter Scott und Fontane bedichtete Ruine der Melrose Abbey besichtigen, einer gewaltigen ehemaligen Zisterzienser-Abtei, deren Mauern viel Geschichte, blutig und unblutig, erlebt haben. Wer weiß, was uns das Dudelsack spielende Schweinchen hoch oben an den Mauern erzählen und vorspielen würde, wenn es könnte? Würde es uns verraten, ob wirklich das Herz von Robert the Bruce unter jenem Gedenkstein dort drüben liegt? Ein Mysterium, das selbst die Synchronstimme von Agent Scully nicht aufzuklären vermag, als wir gespannt den Audioguides lauschen. Nun entführe ich meine Gäste sogar über die Grenze nach England hinein, zumindest für ein paar Stunden. Den Abend werden wir wieder in Schottland verbringen, versprochen! Doch erstmal möchte ich meinen Gästen mit dem Hadrianswall ein weiteres Weltkulturerbe zeigen und dieses auch gleich mit ihnen erwandern. Den Einstieg in die Wanderung bilden die Ruinen des Kastells Vercovicium, des wohl größten römischen Lagers an jener hohen Mauer, die die Insel einst zerteilte. Unsere Patrouille führt hernach bis zur Sycamore Gap und noch ein kleines Stück darüber hinaus. Wir können sowohl nach Norden als auch nach Süden weit ins Hinterland blicken, ein Ansturm der barbarischen Pikten und/oder Skoten erfolgt jedoch glücklicherweise nicht. (Vielleicht windet es selbst den toughen Keltenkriegern heute zu sehr.) Stattdessen stürmen wir am Ziel das Café und belohnen uns für unsere letzte offizielle Wanderung mit Heißgetränken und leckerem Eis. Gretna Green liegt dann bereits wieder in Schottland, weshalb es in der Vergangenheit ein wichtiger Anlaufpunkt für junge (teils minderjährige) heiratswillige Paare war, die hier ohne Einwilligung der Eltern den Bund der Ehe eingehen konnten. Für alle, die im Herzen doch ein bisschen romantisch veranlagt sind, ein berührender Zwischenstopp. Unser Hotel in Dumfries liegt etwas außerhalb auf dem schönen grünen Unicampus. Hier können wir „runterkommen“ und den Tag gemütlich ausklingen lassen.


12. Reisetag (Donnerstag, 08. August 2024): Culzean Castle — Robert–Burns–Museum — Ayr — Rückkehr nach Glasgow

Schottland möchte uns unbedingt behalten: Erst schickt es uns umleitungsgesteuert kreuz und quer durch das Hinterland, wohl in der Hoffnung, dass wir uns verirren, dann weint es am Nachmittag bittere Tränen des Abschieds. Wir sind gerührt, würden ja auch gern bleiben. Doch so ist manchmal das Leben, es hat andere Pläne für uns. Wir schaffen es jedenfalls von Dumfries zurück an die schöne Westküste Schottlands und besichtigen dort das Culzean Castle samt der riesigen Parkanlage. Wie schon beim Dunrobin Castle und in Edinburgh war Robert Adam auch hier als Architekt am Werk, auch dieses Castle steht auf einer Klippe und bietet einen tollen Blick auf das Meer. Dennoch ist es ganz anders als Dunrobin Castle. Niedriger, weniger burgartig, aus gelbem Sandstein, dennoch mit viel Prunk. Statt sich die Gärten von Versailles als Vorbild zu nehmen, ist es von einem (englischen) Landschaftspark umgeben. Darin zu finden sind u. a. ein Schwanenteich mit Drachenskulptur und ein viktorianischer Küchengarten. Gegen Ende unseres Aufenthalts setzt dann der eingangs erwähnte Regen ein, allerdings immer wieder durchbrochen durch trockene Perioden, sodass wir später in Alloway ohne nass zu werden z. B. vom Robert-Burns-Museum zu seinem Geburtshaus und zurück spazieren können. Recht ärmlich waren die Verhältnisse, in die der Dichter geboren wurde. Das Haus bot mehr Platz für die Tiere als für die menschliche Großfamilie. Dennoch hat er es zum Nationalhelden gebracht, was nicht nur (aber bestimmt auch) an seiner feierlichen Ode an den Haggis liegt. Dafür fällt unser Strandbesuch in Ayr buchstäblich ins Wasser. Wir fahren zwar hin, doch aussteigen möchte niemand (und Eis essen auch nicht, leider!). Also bringt uns Matthew zu unserem letzten Hotel, das ganz in der Nähe der Kelvingrove Art Gallery liegt. Unsere Rundreise durch Schottland endet also fast genau dort, wo sie vor 12 Tagen begonnen hat. Wie im Flug ist die Zeit vergangen. Wir verabschieden uns von Matthew, den wir alle ins Herz geschlossen haben, und später nach dem Abendessen auch schon voneinander, denn nicht alle wollen/müssen/dürfen morgen zeitig mit mir aufstehen.


13. Reisetag (Freitag, 09. August 2024): Rückreise nach Deutschland

Schottland verabschiedet sich von uns mit leichtem Sprühregen — und einem wunderschönen, farbkräftigen Regenbogen! Herrlich! 12 Gäste haben mit mir um 6:45 Uhr die Fahrt zum Flughafen angetreten, drei Gäste dürfen etwas länger schlafen. Bis zur ersten, sehr herzlichen Verabschiedungsrunde in Amsterdam klappt soweit alles gut. Der Flug nach Berlin verschiebt sich dann leider um 50 Minuten, weil der Flieger schon mit Verspätung eintrifft. Wir vertreiben uns die Wartezeit mit Snacks, Getränken und Plaudereien. In Berlin werden wir bei der Landung von einem leichten Nieselregen empfangen. Das macht den Übergang leichter. Alle Gäste kommen wohlbehalten an, nur ein Koffer dreht wieder eine Ehrenrunde in Amsterdam. In dieser Hinsicht endet die Reise, wie sie begonnen hat. Nur wir haben uns in den letzten 13 Tagen verändert, gemeinsam viel erlebt und viele neue Eindrücke gewonnen, vielleicht Schottland und die Schotten sogar liebgewonnen. Also dann, auf die nächste Reise!


Schlusswort

Liebe Gäste meiner Schottland-Reisegruppe im Juli/August 2024,
das Wiedersehen hat mir große Freude bereitet und das Kennenlernen ebenso! Ich danke euch allen für die vielen netten Gespräche und tollen Erlebnisse in den Highlands und Lowlands, in Edinburgh und Glasgow, auf den Orkney-Inseln und sogar kurzzeitig in England (welch Frevel!). Für schottische Verhältnisse hatten wir insgesamt sehr gutes Wetter, vor allem immer zur richtigen Zeit. Unsere Fahrer – allen voran Matthew – haben uns stets sicher ans Ziel gebracht. Das Military Tattoo bildete einen großartigen Höhepunkt unserer Reise. Einige von euch werde ich mit Sicherheit wiedersehen, alle anderen würde ich ebenfalls sehr gerne bald wieder als Gäste auf einer Eberhardt-(Wander-)Reise begrüßen.

Herzlichst,

Euer Andreas Wolfsteller

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