Reisebericht: Glacier– und Bernina–Express – die besondere Reise

10.07. – 16.07.2024, 7 Tage Premium–Bahnreise Schweiz im Panorama–Wagen mit Sils im Engadin – St. Moritz – Bernina–Express – Tirano – Glacier–Express – Pontresina – Val da Roseg – Zermatt – Pilatus


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Gelockt von den spektakulärsten Bahnlinien und den imposantesten Alpenpanoramen der Schweiz entdecken wir den Kanton Graubünden, das deutschsprachige Wallis, die Grimsel Region und den Kanton Obwalden in ihrer landschaftlichen, historischen und kulturellen Vielfalt.
Ein Reisebericht von
Saskia Pinnow
Saskia Pinnow

1. Tag – Mittwoch, 10.07.2024: Anreise nach Sils im Engadin / Segl

Mit fünf Gästen an Bord beginnt unsere Schweiz-Reise kurz vor sechs Uhr in Dresden am Flughafen. Über die A4 und die A72 geht es mit Zwischenhalt in Stollberg / Niederdorf bis zur Raststätte Vogtland, wo bereits Jan, unser Busfahrer für diese Rundreise, auf uns wartet. Wir queren die sächsisch-bayrische Landesgrenze und wechseln beim Verkehrsknotenpunkt Hof auf die A9. Durch Oberfranken geht es vorbei an der für die Richard-Wagner-Festspiele bekannte Stadt Bayreuth. Wir tangieren Nürnberg, das Zentrum Mittelfrankens, und fahren auf der A6 über den 1992 fertiggestellten Main-Donau-Kanal. Kurz vor der baden-württembergischen Landesgrenze biegen wir auf die A7 ab und fahren nach Süden über die schwäbische Alp bis Ulm, wo um 13 Uhr die letzten Gäste zusteigen. Über die Donau und entlang der Iller fahren wir bis Memmingen und nehmen von dort aus die A96 zum Bodensee. Bevor wir Deutschland verlassen, macht Jan in Lindau den Tank voll und aktiviert die österreichische Mautbox. Der Pfänder-Tunnel führt uns unter dem Vorarlberg durch und weiter geht’s nach Lustenau, wo wir den Rhein und somit auch die österreichisch-schweizerische Grenze passieren. Jan bezahlt die „pauschale Schwerverkehrsabgabe“ für unseren „Car“ (Reisebus) und wir klären die „Grüezi-Frage“: „Grüezi“ ist eine in der Nordost-Schweiz verbreitete Grußformel. Die Berner hingegen begrüßen sich mit „Grüessech“ oder „Grüess Gott“ und die Walliser sowie die Bündner Walser sagen nur „Guete Tag“ oder „Tagwohl“. Durch das Rheintal fahren wir vorbei an Liechtenstein und winken Fürst Hans-Adam II auf seinem Schloss in Vaduz. Auf der Raststätte Heidiland legen wir eine letzte Pause ein und stellen uns der Herausforderung Schweizer Franken zu möglichst günstigen Konditionen aus dem „Bancomaten“ zu zaubern. Wir erreichen das Graubünden, den einzigen dreisprachigen Kanton der Schweiz, mit seinem Hauptort Chur und folgen der rhätischen Bahn über Reichenau-Tamins und Thusis ins Albulatal nach Tiefencastel, wo wir auf die Passstraße zum Julier abbiegen. Unterwegs überrascht uns Jan mit einem Fotostopp am Solisviadukt. Sogar die Eisenbahn hat er bestellt. Wir halten auch am Marmorera-Stausee und auf der Julier-Passhöhe (2.284 m.ü.M). Obwohl uns das Zeitgefühl für die Dauer eines „japanischen“ Fotostopps noch fehlt, erreichen wir pünktlich zum Abendessen unser Hotel Edelweiss in Sils im Engadin.



2. Tag – Donnerstag, 11.07.2024: St. Moritz und Val Roseg

Nach dem Frühstück brechen wir auf nach St. Moritz, wo unsere Gästeführerin Nelly zusteigt und das Busmikrophon übernimmt. Wir fahren entlang des St. Moritzersees nach St. Moritz Bad und Nelly erzählt uns von den Anfängen des Bäder-Tourismus im 16. Jahrhundert. Leider können wir die erste Quellfassung, die Paracelsus einst als den besten Sauerbrunnen Europas bezeichnet hatte, aufgrund eines Hochwasserschadens nicht besichtigen. Dafür sehen wir die Sportstätten, wo Athleten aus aller Welt ihr Höhentraining absolvieren können. Anschließend fahren wir durch St. Moritz Dorf vorbei an der alten Schule und dem schiefen Turm, einem Überbleibsel, der 1893 wegen Hangrutsch abgerissenen St. Mauritius Kirche. Die Straße führt entlang der Strecke, die sich im Winter in die Bobbahn „Olympia Bob Run St. Moritz – Celerina“ verwandelt und bringt uns ans Ufer des Inns und zurück zum Bahnhof von St. Moritz, von wo aus wir den mondänen Ferienort weiter zu Fuß erkunden. Wir fahren mit der Rolltreppe ins Zentrum und sehen die alten Hotels „Palace“ und „Kulm“, errichtet von der Familie Bardutt, die St. Moritz im 19. Jh. zum Wintertourismusort machte. Es bleibt Zeit für einen Abstecher in die Konditorei Hanselmann, einen Kaffee oder einen Schaufensterbummel bevor wir mit Jan weiter zum Bahnhof in Pontresina fahren. Von da bringen uns zwei Pferdeomnibusse ins Val Roseg. Ruhig ist es hier. Die Landschaft lädt zum Entspannen ein, zum Spazieren auf der Hochebene des Ova da Roseg, zum Füßebaden im Gletscherbach oder zum Genießen eines süßen Nachtisches auf der Terrasse des Restaurants „Alp Roseg“. Doch die Ruhe trügt. Schilder weisen auf gesperrte Wanderwege hin. Die Landschaft ist in Bewegung. Erst vor drei Monaten hat es hier einen großen Bergsturz gegeben. Wir sehen wie das lose Geröll weiter hinten im Tal einen Damm gebildet hat. Auf der Rückfahrt ist nur ein Pferdegespann im Einsatz. Wir müssen zusammenrücken, dafür geht’s nach unten schneller und bald sind wir wieder in Sils. Vor dem Abendessen können wir im Dorf Souvenirs oder eine Engadiner Nusstorte für die Daheimgebliebenen besorgen und am See das Bergpanorama bewundern.


3. Tag – Freitag, 12.07.2024: Fahrt mit dem Bernina–Express von St. Moritz nach Tirano

Heute steht die Fahrt mit dem Bernina-Express auf dem Programm. Los geht’s um 09.17 Uhr ab St. Moritz. Die Gewitterzelle, die den Morgen nicht hell werden lassen wollte, ist zum Glück verflogen, aber die Regenwolke begleitet unsere Bahn über den Bernina-Pass bis ins italienischsprachige Puschlav. Beim Zwischenstopp auf der Alp Grüm steigen trotzdem viele Gäste aus in der Hoffnung einen Blick auf den Palü-Gletscher zu erhaschen, doch eine weiße Nebelgardine verhindert bald jegliche Fernsicht. Nass und kühl heißt uns Tirano um 11.40 Uhr willkommen. Untypisch für eine italienische Stadt im Sommer. Unser Appetit hält sich in Grenzen, aber irgendetwas müssen wir probieren, hier im für seine Buchweizengerichte und Nebbiolo-Weine bekannten Veltlin. Pünktlich gemäß Wetterprognose verzieht sich der Regen. Es wird schlagartig warm und plötzlich läuft das Geschäft mit dem Eis auf dem Bahnhofvorplatz wieder. Wir aber verlassen Tirano und fahren mit dem Bus der Bernina-Strecke entlang zurück in die Schweiz. Unser erster Fotostopp ist der Kreisviadukt von Brusio. Die Bahn kommt vorbei. Wir machen ein Bild und fahren dem Zug schnell hinterher, zu dem Teil der Trasse zwischen Prese und Le Curt, wo der Bernina-Express zur Straßenbahn wird. Hinter Poschiavo nimmt die Straße einen anderen Weg als die Bahn, aber beim Bernina-Hospiz (2.235 m ü. M.) sehen wir den roten Zug wieder, wie er sich vor der Kulisse des Cambrena-Gletschers dem Lago Bianco entlang schlängelt. Auch in der Montebello-Kurve gelingt uns ein Schnappschuss vom Zug mit im Hintergrund dem Morteratsch-Gletscher. Zum Abschluss des Tages fahren wir mit der Standseilbahn auf den Muottas Muragl (2.454 m ü. M.), von wo aus wir eine wunderschöne Aussicht aufs Engadin haben, was auf Rätoromanisch so viel wie „Garten des Inn“ bedeutet.



4. Tag – Samstag, 13.07.2024: Fahrt mit dem Glacier–Express von St. Moritz nach Zermatt

Es heißt Abschied nehmen vom liebgewonnen Hotel Edelweiss. Jan verstaut unsere Koffer im Bus und bringt uns ein letztes Mal zum Bahnhof in St. Moritz, von wo aus wir heute mit dem Glacier-Express nach Zermatt fahren. Die Reise beginnt um 08.51 Uhr. Wir verlassen das Engadin über den in diesem Jahr fertiggestellten, neuen Albulatunnel. Weiter geht es durchs Albulatal kurvenreich bergab. Wir überqueren den Landwasser- und den bereits fotografierten Solisviadukt. In Thusis erreichen wir den Hinterrhein und fahren erst einmal nach Chur. Dort ändert sich die Fahrtrichtung und zurück fahren wir den Rhein zu Berg. In Reichenau-Tamins folgen wir jetzt dem Vorderrhein durch die mit ihren weißen Steilfelsen äußerst imposante Rheinschlucht. Weiter geht’s vorbei am Kloster von Disentis und dem Wintersportort Sedrun hoch auf den Oberalppass (2.044 m ü. M.) und wieder runter nach Andermatt im nebeligen Kanton Uri. Durch den Furkatunnel erreichen wir erneut die Alpensüdseite und somit die Sonne. Durchs Oberwallis fahren wir entlang der Rhone abwärts bis nach Birg, wo wir wegen Unwetterschäden auf den Schienenersatzverkehr umsteigen müssen. Zackig bringen uns die Busse ins Mattertal. Wir halten uns gut fest und wünschen uns dabei Jan zurück, seine ruhige Fahrweise und die Fotostopps. Aber hier muss der Schweizer Taktfahrplan eingehalten werden und das klappt gut. In Täsch bleibt sogar Zeit um auf die Toilette zu gehen, bevor der Bahnshuttle losfährt, mit dem wir um 17.07 Uhr pünktlich in Zermatt eintreffen. Die Koffer sind schon da und so können wir vor dem Abendessen auspacken und danach einen ersten Spaziergang durchs Dorf unternehmen. Das Matterhorn ist noch schüchtern. Es versteckt seine Spitze in einer sich nicht wegbewegenden, weißen Wolke.


5. Tag – Sonntag, 14.07.2024: Fakultativer Ausflug auf den Gornergrat oder individuelle Freizeit in Zermatt

Stahlblau ist der Himmel heute früh und das Wetter soll so bleiben. Egal also, was wir unternehmen, es wird auf jeden Fall ein toller Tag. Auf dem Gornergrat sind wir den höchsten Gipfeln der Schweizer Alpen ganz nahe. Das Monte-Rosa-Massiv mit der Dufourspitze (4.634 m ü. M.), die Mischabel-Gruppe mit dem Dom (4.545 m ü. M.), das Weisshorn (4.506 m ü. M.) neben dem Zinalrothorn (4.221 m ü. M.) und natürlich das formschöne Matterhorn (4.478 m ü. M), ein Panorama, das uns begeistert mit Gletschern, Alpenblumen und einem Steinbock. Nachmittags trennt sich unsere Gruppe. Die einen wandern am Riffelberg, die anderen genießen die Aussicht von der Terrasse eines Cafés. Im Dorf hat das Matterhorn Museum „Zermatlantis“ geöffnet. Auf dem Bahnhofsvorplatz erklingt Volksmusik und pünktlich um 17 Uhr werden die typischen Walliser Schwarzhalsziegen von der Weide durchs Dorf zum Stall getrieben.




6. Tag – Montag, 15.07.2024: Busfahrt von Zermatt nach Alpnachstad

Viel zu kurz war unser Aufenthalt in Zermatt, aber der Pilatus ruft. Mit Jan fahren wir diesmal gemütlich von Täsch nach Visp ins Rhonetal und weiter der Bahnstrecke des Glacier-Express entlang zurück bis ans Portal des Furkatunnels in Oberwald. Wir kommen am Weltnaturerbe-Gebiet Jungfrau-Aletsch vorbei und durchqueren die für den Langlaufsport bekannte Hochebene des Goms. Hier sehen wir authentische Dorfkerne alter Walser-Siedlungen mit ihren dunklen Holzhäusern und erfahren etwas über die Funktion der Lawinenfrühwarnsysteme in dieser im Winter öfters von der Außenwelt abgeschnittenen Gegend. Nach einer kurzen Pause windet sich unser Bus die Serpentinen hoch zur Grimsel-Passhöhe (2.164 m ü. M.). Hier besuchen wir im Murmeltierpark die sympathischen Alpen-Nager und naschen aus Zermatt mitgenommenes Walliser Birnenbrot. Weiter geht’s vorbei an den Stauseen der Kraftwerke Oberhasli zu Judith’s Käsestand. Eingedeckt mit frischem Alpkäse, Trockenwurst, Marmelade, „Nideltäfeli“ (Sahnebonbons) und „Meringues“ (Baiser) setzen wir unsere Fahrt durchs Haslital fort. Im durch Sherlock Holmes bekannt gewordenen Meiringen mit dem Reichenbachfall verlassen wir das Berner Oberland und fahren über den Brünigpass (1.008 m ü. M.) nach Obwalden. Wir haben Glück, die Parkplätze sind nicht besetzt und Jan gönnt uns zwei weitere Fotostopps am türkisfarbenen Lungernsee. In Alpnachstad ist es warm. Wir setzen uns in den Schatten, essen Eis und warten auf die Abfahrt der Pilatus-Zahnradbahn. Oben auf gut 2.000 m ü. M. erwarten uns angenehme Temperaturen und eine wunderschöne Aussicht von Luzern über den Vierwaldstättersee bis zum bekannten Dreigestirn der Berner Alpen (Eiger, Mönch und Jungfrau). Am letzten Abend unserer Reise stoßen wir mit Fendant aus dem Wallis auf die gelungene Tour an und das obwohl wir den Sonnenuntergang um 21:15 Uhr aufgrund von Wetterwechsel leider nicht erleben werden.


7. Tag – Dienstag, 16.07.2024: Rückreise nach Dresden

Auch den Sonnenaufgang um 05:45 Uhr verpassen wir gehüllt in eine graue Regenwolke. Aber kurz vor dem Frühstück klärt das Wetter ein wenig auf und ermöglicht uns einen Blick auf das stimmungsvolle Spiel zwischen Licht und Wolken über dem Vierwaldstättersee. Gerne hätten wir auf die Sonne gewartet, doch uns steht die lange Heimreise bevor und wir müssen aufbrechen. Die Kabinenseilbahn bringt uns vom Pilatus auf die Fräkmüntegg und weiter geht es mit der Vierergondelbahn über die Krienseregg nach Kriens, wo der Bus schon auf uns wartet. Die Fahrstrecke führt uns von Luzern nach Zug und über den Hirzel an den Zürichsee. In Zug, der Steueroase der Schweiz, sprechen wir wider die Gepflogenheiten über Geld und das Geschäft der Banken mit dem Transit-Handel von Agrargütern und Bergbauerzeugnissen, denn die Schweiz ist nicht nur das Land der schönen Bergen und pünktlichen Eisenbahnen, sie ist auch ein gut vernetzter Globalplayer im heiß umkämpften Rohstoffmarkt. Am Walensee zählen wir die Churfirsten. Sind es wirklich nur sieben oder vielleicht doch dreizehn? Diese Aussicht auf die Appenzeller Alpen bildet den Abschluss unserer Rundreise durch die Schweiz. Bei Sargans im St. Galler Rheintal schließt sich der Kreis und wir fahren auf bereits bekannter Straße zurück, verabschieden uns von Fürst Hans-Adam II und verlassen die Schweiz am Grenzübergang Lustenau. Nach erneutem Tanken in Lindau geht es direkt weiter nach Ulm, wo die ersten Gäste wieder aussteigen. Kurz ein trauriger Moment, denn zu Ende geht eine schöne Reise durch prächtige Landschaften mit netten Begegnungen, leckerem Essen und guten Gesprächen. Was bleibt sind die Erinnerung und die Lust wieder unterwegs sein zu werden.


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