Reisebericht: Rundreise Schweizer Seen: Bielersee, Neuenburgersee und Murtensee

09.09. – 14.09.2014, 7 Tage Rundreise Schweiz mit Biel – Schweizer Jura – La Chaux–de–Fonds – Bielersee – Broc – Gruyeres – Solothurn


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In der Schweiz gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Deshalb wurde diese Reise in das Gebiet des Jura und des Seenlandes neu in das Programm aufgenommen. Und es hat sich gelohnt: eine weitere Seite im Bilderbuch der Schweiz wurde aufgeschlagen.
Nordwestschweiz - Uhren, Schokolade, Käse, Wein...
Ein Reisebericht von Peter Großer
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Dienstag, 09.09.2014

Der Begriff Schweiz wird immer mit den Alpen verbunden. Dabei vergisst man oft, dass auf der ganzen Länge zwischen der Schweiz und Frankreich, zwischen Genf und Basel, sich ein zweiter Gebirgszug entlangstreckt. Er hat auch ursächlich mit den Alpen zu tun. Als Folge der Auffaltung der Alpen - sie liegt mit etwa 60 Millionen Jahren, erdgeschichtlich gemessen, noch nicht lange zurück - wurde durch den Druck ehemaliger Meeresboden hochgehoben. So entstand ein Gebirge aus Kalk- und Sandstein, niedriger als die Alpen, aber nicht weniger schön. Und so ist diese Fahrt auch für Gäste, die die Schweiz schon von mehreren Reisen kennen, eine Reise in ein Neuland. Besonders angenehm ist es, dass sich unser Hotel nicht
In einer Stadt am Fuße des Gebirges befindet, sondern hoch über dem größten See der Schweiz, dem Neuenburger See. Er ist zwar kleiner als der Lac Leman („Genfer See") und der Bodensee, aber er gehört der Schweiz ganz allein. 1200 m über dem Meeresspiegel hatte der Unternehmer Edouard Baierlé 1898 ein Hotel im Geschmack der Zeit, der Belle Epoque, bauen lassen, in dem die Gäste die klare Höhenluft genießen konnten. Natürlich wurde später viel angebaut, ein weiterer Flügel, eine Schwimmhalle, ein Fitnessraum, eine Aussichtsterrasse. Eine ideale Ausgangsposition für die Ausflüge der nächsten Tage, wenn auch der Buschauffeur bei der Fahrt nach oben über Serpentinen mächtig am Lenkrad drehen muss. Im Belle-Epoque-Saal nehmen wir in aller Ruhe unser Abendessen ein.

Mittwoch, 10.09.2014

Der Tagesausflug beginnt am Neuenburger See. Am Südende des 218 km² großen Sees liegt die Stadt Yverdon, die später den Zusatz „les-Bains" - Bäderstadt erhielt. In der Stadt waren Kelten und Römer, aber wir werden noch sehen, die Besiedlung ist schon viel eher erfolgt. Im Mittelalter war der Ort bedeutender Umschlagsplatz für Salz aus der Freigrafschaft Burgund, das über den Neuenburger See weiterverschifft wurde. Jeannine Dufour führt uns durch die kleine Altstadt und zeigt uns auch Innenhöfe, die man sonst übersehen hätte. Am Schloss, eine trutzige Burg aus Savoyer-Zeit, steht das Denkmal Pestalozzis, der darin 2 der von ihm gegründeten 4 Schulen einrichtete. In einem Park am Seeufer, der erst nach der Absenkung des Seeniveaus entstand, stehen Menhire in Reihenanordnungen, die vor etwa 6000 Jahren hier aufgestellt wurden.
Einige Kilometer weiter liegt der kleine Ort Estavayer-le-Lac. Max Wehrde führt uns durch den kleinen Ort. Viele Bauten des Mittelalters blieben erhalten, darunter auch eines der ursprünglich 3 Schlösser. Hier sind Verwaltungen untergebracht. Der Bau aus savoyardischer Zeit auf einem Steilhang mit seinen mächtigen Türmen dominiert den Ort.
7 der 8 Stadttore und Teile der Stadtmauer sind erhalten. Viele der hübschen Häuser sind mit Blumen geschmückt.
Nach einer Fahrt zur Nordspitze des Neuenburger Sees, der durch einen Kanal mit dem Bielersee verbunden ist, geht es wieder ins Gebirge hinein. Die Straße ab Neuenburg nutzt geschickt eine Kluse, ein enges Quertal. In einem Hochtal liegt der Ort La Chaux-de-Fonds, eine im Kern planmäßig als Schachbrett angelegte Stadt, deren Häuser viele Uhrmacherwerkstätten enthielten. „Eine einzige Uhrenwerkstatt" fand Karl Marx.
Die Entwicklung der Quarzuhr brachte in den 70er Jahren eine gewaltige Krise, aus der sich einige Firmen nur durch die Entwicklung hochkomplizierter und sündhaft teurer mechanischer Wunderwerke retten konnte. Einmalig ist die Uhrensammlung in einem Internationalen Uhrenmuseum, in dem wir ausführlich über die Entwicklung der Zeitmessung
Informiert werden. Aber über den technischen Zweck hinaus sind es einmalige Kunstwerke, die hier gesammelt wurden.
Die Rückfahrt führt uns bis zur französischen Grenze, zum Kältepol der Schweiz La Brevine (1987: -41,8 °C) und in das pittoreske Val de Travers bis zu unserem Hotel.

Donnerstag, 11.09.2014

Wieder fahren wir in einem Längstal des Jura. 2 große LKW, mit Heu beladen, fahren vor uns her. Ein Überholen ist auf der engen, kurvenreichen Strecke schwierig. Aber die Fahrer finden eine Lücke und lassen uns passieren. In der Nähe von La Chaux-de-Fonds herrscht Nebel, der Blick auf die Alpenkette vom Gasthof Vue des Alpes ist heute erst recht nicht möglich. In St.Imier finden wir unsere Käserei. Es ist ein Familienbetrieb, 7 des 25 Beschäftigten gehören der Spielhofer-Famile an. Der Juniorchef führt uns durch die Produktionsanlagen und zu den Reifekellern. Schaukäsereien bieten oft nur Einblicke durch Glasscheiben. Nicht hier. Wir müssen uns allerdings hygienegerecht verkleiden. Die Ausführungen des Juniorchefs sind sehr ausführlich, auch er spricht ein nettes Schwizerdütsch gefärbtes Hochdeutsch. Hauptproduktion ist der im nahen Kloster Bellelay erfundene Tete de Moin. Der „Mönchskopf" verdankt seine Entstehung einem naschhaften Mönch, der heimlich vom Käse dünne Stückchen abraspelte und dabei feststellt, dass der Geschmack dadurch noch besser war. Dann wurde das rotierend Messer, die Girolle erfunden, die kleine Röschen vom Laib abdreht. Ein Potpourri von verschiedenen Käsen und ein Glas Chasselas schloss die Veranstaltung ab. Betriebsführungen können schön sein.
Hinab ins Seengebiet in die Stadt Biel/Bienne. Die bekannte Uhrenstadt (Rolex !, Swatch Group) liegt auf der französisch-deutschen Sprachgrenze man unterhält sich mitunter im Wechsel beider Sprachen und die amtlichen Dokumente sind zweisprachig. Wir haben noch etwas Zeit für einen Spaziergang durch Altstadt Biel. Sie ist eine der besterhaltenen Europas. Prächtige Bürgerhäuser mit Erkern, kleine Geschäfte und Restaurants fügen sich sanft in die historischen Gassen ein. Der spätgotischen Stadtkirche, Zunfthäuser und verzierte Brunnen gehören zum Stadtbild.
Mit einem Schiff fahren wir über die gesamte Länge des Bielersees. Das Schiff hält am Weinort Ligerz und an der Petersinsel. Hier verbachte Jean-Jacques Rousseau 1765, wie er sagte, die glücklichste Zeit seines Lebens, bis ihn der Berner Geheime Rat auswies. Wir landen in La Neuville, einem reizenden Dörfchen und besuchen eine Weiprobierstube. Die Schweiz ist, was nur wenig wissen, ein bedeutender Weinproduzent. Das wissen aber alle Schweizer und trinken ihren Wein lieber selbst, es kommen kaum Flaschen in ausländische Regale. Nach 5 Weinproben verstehen wir die Schweizer. Der Hobby-Weinbauer erklärt mit viel Witz viel Wissenswertes um den Wein. Und er hat gar nicht, wie mitunter bei Verkostungen, das übliche Verkäufergesicht, sein Wein ist schon fast wieder ausverkauft.

Freitag, 12.09.2014

Wir verlassen das Seeland, um im Freiberger Land 3 Leckerbissen kennenzulernen, die Schweizer Dreieinigkeit: Bärge (Berge), Chäs (Käse) und Schoggi. Es beginnt in Broc, wo seit dem Anfang des 19.Jhdt. Schokolade hergestellt wird. Nun gut, es gibt viele Fabriken für das Schweizer Nationalsymbol, aber Cailler war einmal der größte Hersteller, viele sagen, auch heute noch der beste - immerhin hat Cailler die Tafelschokolade erfunden. Kapitalarmut zwang das Unternehmen, unter die Fittiche von Nestlé zu schlüpfen, dem heute mit ca. 100 Milliarden CHF größten Lebensmittelkonzern der Welt. Wir werden in einzelnen Räumen in die Geschichte der Schokolade eingeführt, eine wunderschöne Präsentation, ehe wir an die Maschine herantreten, die ununterbrochen eingewickelte Pralinen produziert: die erste Kostprobe. Dann wird das gesamte Sortiment zu Verkostung angeboten. Wer kann sich da zurückhalten.
Berge, darunter der 2002 m hohe Moleson überragen das Greyenzer Land mit der Stammburg der Grafen von Greyerz oder Gruyères. Ihr Wappentier, der Kranich (französisch grue) findet sich überall an den Häusern der einzigen Straße des Ortes. Hübsche Häuser aus dem 15.-17.Jhdt. säumen die Markstraße. Kleine Geschäfte werden von den vielen Touristen aufgesucht, denn das Grafenschloss Gruyères ist nach dem Schloss Chillon am Genfer See das meistbesuchteste in der Schweiz. Bei einem kleinen Spaziergang um diese alte Burg blickt man weit in die Ebene der Saane. In Gruyères lebte auch bis zu seinen Tod in diesem Jahr HR Giger, der Erfinder der „Aliens", von dessen biomechanischen Stil Werke vor seinem Museum und die Inneneinrichtung eines Cafés zeugen.
Die 3. Leckerbissen der Dreieinigkeit ist der berühmte Greyenzer Käse, dem man im Ort oder unten im Tal in der Schaukäserei kaufen konnte und den heute noch in einer anderen Form begegnen werden.
Wir haben noch etwas Zeit, um unsere Rückreise auf das Ufer der Lac Léman ausdehnen zu können. Bei strahlendem Sonnenschein bummeln wir über die Uferpromenade von Vevey, dem Ort, in dem Charlie Chaplin 25 Jahre bis zu seinem Tode verbrachte, nachdem er aus den USA ausgewiesen worden war. Bei der Weiterfahrt sehen wir auch das Hauptquartier von Nestlé. Nach dem Weinbau am Neuenburger See und dem Bielersee sehen wir auch hier Weinbergterrassen. Es ist das berühmte Anbaugeiet von Lavaux. Wir fahren durch kleine Weindörfer. Auf der anderen Seite des „größten Sees" der Schweiz türmen sich die Savoyer Alpen auf. Dort ist Frankreich, dass zwei Fünftel des Seeufers belegt. Über Lausanne kommen wir dann wieder nach Yverdon und Les Rasses. Am Abend unternehmen wir eine Fahrt mit Kleinbussen zur Alp Suchet. Am Anfang war gar nicht so recht einzusehen, dass wir unseren Bus nicht benutzten. Aber dann wurden die Wege sehr eng, der Wald lichter und auf 1486 m Höhe erreichten wir eine Berggaststätte, die ein bekanntes Ziel im Jura darstellt. Es ist nicht nur die Sicht in Richtung Genfer See und Savoyen - die leider ausfiel - es ist auch das vorzügliche Käsefondue, die die Ausflügler anzieht. 2 Sorten Gruyére- und ein Vacherin-Käse werden vorher aufgeschmolzen und über kleine Brenner auf Temperatur gehalten. Dann taucht man auf eine Gabel aufgespießtes Brot in die Masse, einige Umdrehungen und schon ist der Leckerbissen fertig. Ein schöner Abschluss des Tages.

Sonnabend, 13.09.2014

Am Morgen bietet sich ein unvergessliches Schauspiel. Zwar ist die Ebene noch in weißen Wolken verborgen, aber darüber zeichnet sich in einmaliger Klarheit die Kette der Berge ab, darunter ein besonders großer Gipfel in strahlendem Weiß. Wir wollten es erst nicht glauben, aber es war der Mont Blanc, 110 km von hier entfernt.
Den Vormittag verbringen wir noch einmal in der Juralandschaft. Wir besuchen den Ort Romainmortier, nur einige Dutzend Häuser um das älteste Kloster der Schweiz angeordnet.
Nach 1600 Jahren hat das Kloster, zeitweise auch Priorat im Klosterimperium Cluny, viele Stürme überstanden. Geblieben ist eine der ältesten romanischen Kirchen der Schweiz, wenn auch spätere Epochen ihren Anteil am heutigen Bau haben. Auch das Gästehaus des Priors aus dem 13. Jhdt., heute Museum und Begegnungsstätte für Künstler, bleib erhalten.
Die Juralandschaft am Hochtal Vallée de Joux mit seinem langgestreckten See und die Wälder am Col du Marchairuz (1447) zeigt noch eine intakte Welt, in der sich die Ferienhäuser am See oder die mit Trockenbaumauern gesäumten Weiden harmonisch einfügen.
Nach einer Abfahrt über 1000 Höhenmeter erreichen wir den Lac Léman und die Stadt Lausanne. Sie zieht sich am Seeufer entlang und erreicht im Stadtgebiet immerhin mehr als 500 m Höhenunterschied. Zuerst sehen wir bei einer Busrundfahrt das herrliche Seeufer, die Reste der römischen Siedlung und den kleinen, aber gediegenen Sitz des Internationalen Olympischen Komitees. Als hier das IOC 1915- vor fast 100 Jahren - begründet wurde, lagen die Länder nicht im friedlichen sportlichen Wettstreit miteinander sondern in einem blutigen Krieg. Auch viele andere Föderationen und Organisationen des Internationalen Sport haben ihren Sitz in Lausanne sowie das Olympische Museum, an dem wir zum Schluss der Besichtigung halten. Mit dem Bus geht es an Banken, Residenzen und prächtigen Hotels vorbei zu dem Hügel, auf dem die heutige Stadt entstand. Er wird beherrscht von der mächtigen Kathedrale (unter uns: seit der Reformation Calvins gibt es keinen katholischen Bischof mehr). Es ist der bedeutendste frühgotische Bau der Schweiz. Auch der ehemalige Bischofssitz (Schloss Sainte-Maire) und das erste Gebäude der Akademie, Vorläufer der Universität, stehen in unmittelbarer Nähe. Die Handwerker und Händler besiedelten die ehemals sumpfige Mulde unterhalb. Hier errichteten sie das Rathaus, hier stellten sie, wie in vielen Schweizer Städten anzutreffen, der Gerechtigkeitsbrunnen auf. Dieses Viertel La Palud wird über eine gedeckte Treppe (174 Stufen) erreicht.
Über die Autobahn kommen wir nach Yverdon zurück, dann die Serpentinen hinauf und über den „Frank-Terpe-Weg" zum Hotel (Unser einfallsreicher Fahrer hat eine Zufahrt zum Hotel gefunden, von dem aus man noch einmal einen schönen Blick auf den fast 800 m tiefer liegenden Neuenburger See und sein Orte hat).

Sonntag, 14.09.2014

Viel zu schnell sind die Tage zu Ende gegangen. Wir haben viel gesehen - und auch gekostet - in einem landschaftlich und kulturell reich ausgestatteten Teil der Schweiz, der vorher nicht ganz so bekannt war und auch Schweizkennern viel Neues geboten hat. So sollte es auch sein.Noch ein Wort des Schweizer Schriftstellers Max Frisch:Auf Reisen gleichen wir einem Film, der belichtet wird.
Entwickeln wird ihn die Erinnerung.

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