Reisebericht: Rundreise Tessin – Erlebnisse in der Süd–Schweiz

25.09. – 30.09.2017, 6 Tage Rundreise Schweiz & Italien mit Lugano – Lago Maggiore – Locarno – Comer See – Como – Centovalli–Bahn


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Lago Maggiore, Luganersee und Comer See - paradiesische Seen zwischen Alpen und Mittelmeer, ständig wechselnde Aussichten auf See und Berge, bunte Dörfer und prächtige Villen - ein Genuss für die Sinne
Erlebnisse im Tessin
Ein Reisebericht von Peter Großer
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Montag, 25.09.2017, Anreise

„Die Gedanken und Sorgen scheinen jenseits der Schneeberge liegengeblieben zu sein."
Das schrieb Hermann Hesse, der 42 Jahre seines Lebens in Montagnola bei Lugano verbracht hat. Viele Schriftsteller und Dichter hat es wie Goethe in das Land, „wo die Zitronen blüh'n" gezogen, aus Sehnsucht nach Schönheit und Wärme, aber auch während des Dritten Reiches aus ihrem Heimatland vertrieben. Auf der Sonnenseite der Alpen hat die Eiszeit tiefe Seen geschaffen, die mit der Vegetation an ihren Ufern bereits das Mittelmeer vorwegnehmen.
Drei von diesen Seen werden wir kennenlernen in einem Gebiet, in das sich der Kanton Tessin der Schweiz mit den italienischen Regionen Piemont und Lombardei teilen. Wir werden in diesen Tagen oft die Flagge im Bus wechseln müssen. Auch die Währungen sind verschieden, nur die Sprache ist gleich.
Bei unserer Anreise durchqueren wir die Schweiz ab Bregenz am Rhein, kommen nach Graubünden mit dem Hauptort Chur und kurz danach in das Tal des Hinterrheins. Die Autobahn zwängt sich an manchen Stellen durch Schluchten, bis der San Bernadino erreicht ist, Ein Tunnel macht den Alpenübergang ganzjährig passierbar und wir rollen hinab zum Luganersee.
Unser Hotel liegt zentral in der Stadt, es ist nicht weit zu Altstadt und Seeufer.
Nach langer Fahrt schmeckt das Abendessen vorzüglich, die Schweizer Hotellerie hat die Qualität ihrer Gastronomie bewahrt.

Dienstag, 26.09.2017, Lugano

Erstes Kennenlernen der Stadt. Bei einer Panoramafahrt am Seeufer zum Hang des Hausberges Monte Bré und zum nördlichen Teil der Stadt sieht man schon, das im drittgrößten Finanzzentrum der Schweiz das Geld nicht nur in den über 100 Banken steckt
sondern auch in den prächtigen Villen über dem See. Nicht nur Schweizer, auch deutsche Promis und Ärzte im Ruhestand haben hier Quartier bezogen.
Dann führt uns unsere Stadtführerin zu Fuß durch die Altstadt. Lugano glänzt mit farbenfrohen Gebäuden mit lombardischen Einfluss, zwischen die sich auch einmal ein kalter Glaspalast eines Kaufhauses oder einer Bank schiebt. Tessins Stararchitekt Mario Botta hat der (inzwischen aufgelösten) Gotthard-Bank jedoch mit Naturstein und Backstein den Anblick einer soliden Festung des Geldes gegeben. Alt und neu liegen eng beieinander, besonders eng im Komplex des erst 2 Jahre alten Kunst-und Kulturzentrums, des ehemaligen Palace-Hotels aus der guten alten Zeit und der mittelalterlichen Kirche mit seinem modernisierten Kreuzgang. Die Kirche Santa Maria degli Angioli birgt das wertvollste Renaissancegemälde der Schweiz, die Passionsgeschichte, gemalt von Bernadino Luini, Schüler von Leonardo da Vinci.
Den Nachmittag konnte jeder nach seinen  Neigungen verbringen, einige unternahmen eine Schifffahrt, andere fuhren mit der Standseilbahn  auf den Monte Bré, eine Gruppe besuchte das Swissminiatur. In dieser schönen Anlage haben der Begründer Piere Vuignier und seine Söhne und Mitarbeiter 130 Gebäude und Monumente der Schweiz im Maßstab 1:25 in eine Landschaft mit Blumen und Bonsai-Bäumchen gesetzt. Züge befahren das fast 4 km lange Bahnnetz, Bergbahnen fahren - alles mit schweizerischer Akkuratesse bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltet. Ein ausgezeichnetes Zielgebiet für die Fotografen.

Mittwoch, 27.09.2007,  Comer See

Diesmal ist es der Comer See, zwar nur der drittgrößte der oberitalienischen Seen, aber der mit der größten Uferlänge. Und es ist der See, der ganz zu Italien gehört. An einem seiner 3 Zipfel liegt Como, wichtiger Ausgangspunkt der Handelswege zu den Alpenpässen im Norden, auf dem Seeweg und über die via regia antica am Ufer. Im 16.Jhdt. stieg die Stadt zum Weltzentrum der Seidenindustrie auf. Die Altstadt wurde in römischer Manier in einem Schachbrettmuster angelegt. Zentrum ist der Dom Santa Maria Maggiore. Seine Fassade zieren - und das ist völlig ungewöhnlich - nicht christliche Heilige sondern zwei Heiden, die römischen Politiker und Wissenschaftler Plinius, Onkel und Neffe, die beide in Como geboren wurden und den Vesuvausbruch 79 n.Chr. erlebten, aber nur der Neffe überlebte ihn. Architektonisch interessant ist auch die Kirche S.Fedele. Aber Como bietet auch die kleinen Gassen mit schmucken Geschäften, kleine Restaurants mit dem berühmten Capuccino und für uns Zeit zum Verweilen in der Sonne.
Am Westufer fahren wir dann in Richtung Norden. Kardinäle, reiche Kaufleute, Adlige und andere  bedeutende Leute haben Villen mit prächtigen Parks errichtet, in denen später die Promis der neuen Zeit von A bis Z lebten und leben, angefangen mit Adenauer, Brandson, Clooney. Bunte Dörfer ziehen sich an dem schmalen Uferstreifen entlang, die Straße ist stellenweise sehr eng. Und immer wieder gibt es Ausblicke auf das gegenüberliegende Ufer der Halbinsel, die den See in die 2 südlichen Stränge teilt. Die Jahreszeit ist günstig  für eine Reise, der Strom der Urlauber ist abgeklungen, der Bus muss sich nicht ständig mit Wohnanhängern im Gegenverkehr abquälen. Ein Stopp an der Villa Charlota zeigt noch einmal ein Beispiel dieser Prachtvillen mit bezaubernden Park. Die preußische Prinzessin Charlotte bekam sie zur Hochzeit geschenkt, heute besitzt sie der Staat.
Bei Menaggio biegen wir wieder in Richtung Luganersee ab. Außerhalb der Saison sind wir gut vorangekommen und es bleibt für jeden noch Zeit für kleine Unternehmungen in Lugano, in dem wir uns inzwischen heimisch fühlen.

Donnerstag, 28.09.2017, Lago Maggiore

Heute steht der zweitgrößte See, der Lago Maggiore auf dem Programm. Wir beginnen im Schweizer Teil an der Einmündung des Ticino in den See und fahren die lombardische Ostküste in Richtung Süden bis Laveno. Von dort bringt uns eine Fähre, die auch für unsern Bus Platz bietet, nach Intra auf die piemontesische Seite. Intra ist Teil der Stadt Verbania, der größten am See. Da weht schon ein Hauch von Großstadt. Der Rundbau der Landespolizei gestattet die Sicht in alle Richtungen und die am Seeufer sichtbare Ansammlung grauer Kartoffelboviste erweist sich als das erst ein Jahr alte Multifunktionscenter des spanischen Architekten Salvador Perez Arroyo.
150 Jahre vorher hat man noch anderes gebaut. Davon zeugen die prächtigen Hotels in Stresa, die sich an der Seepromenade aneinanderreihen. Mit dem Bau des Simplontunnels kam auch Stresa an die Bahnlinie des Orientexpresses London - Paris - Venedig - Athen
Konstantinopel. „Was soll vom Lago Maggiore und den Borromäischen Inseln anders gesagt werden als Worte des Bedauerns für jenem die dem Zauber dieses Ortes nicht verfallen sind" Stendhal. Wer verfiel hier nicht alles der  „göttlichen Magie der herrlichen Regionen." (Gerhard Hauptmann). Von der langen Uferpromenade ist immer wieder die berühmte Isola Bella zu sehen, mit ihrem Palazzo und den 10-stöckigen Terrassengärten. Bis auf die nördlich davon gelegene Fischerinsel hat die einflussreiche Familie der Borromäer die Inseln erworben und zu einem „Ort allen Vergnügens" gemacht. Für uns ist es aber auch ein Vergnügen, durch die Gassen der Stadt zu streifen.
Etwas weiter südlich treffen wir auf den bekanntesten der Borromäer-Familie, den heiligen Carlo Borromäus. Die Familie hat Erzbischöfe von Mailand gestellt, 7 wurden Kardinäle,
aber Carlo hat sich besondere Verdienste auf dem Konzil von Trient erworben, auf dem man am Anfang die abtrünnigen Protestanten wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurückgewinnen wollte, dann aber Beschlüsse zu ihrer Bekämpfung vorbereitete. Im Jahr seiner Heiligsprechung wurde die 23 m hohe, innen begehbare Figur errichtet, für 200 Jahre die größte ihrer Art..
Wir umrunden die Südspitze, kehren aber nicht nach Lugano zurück, ohne ein Kleinod am Ostufer zu besuchen: Santa Caterina del Sasso. Der Ursprung des Felsenklosters liegt im Gelöbnis eines geizigen Kaufmannes, der Schiffbruch erlitt, die Heilige um Schutz anflehte und Besserung gelobte. Er verschenkte seinen Reichtum und wurde hier Eremit. Das Kloster auf einer schmalen Plattform am Fels ist zwar über Stufen von oben oder der Bootsanlegesteller erreichbar, aber bequemer ist ein neu gebauter Aufzug im Felsen. Wir besichtigen die Klosterkirche und Kapellen und haben noch einmal einen wunderbaren Ausblick auf den Lago Maggiore.

Freitag. 20.09.2017, Centovalli und Lago Maggiore

Der Tag beginnt mit einer kurzen Anfahrt und einem Spaziergang in Locarno, der wärmsten Stadt der Schweiz. Viele gelangen zur piazza Grande, auf dem seit 1946 die Filmfestspiele stattfinden. Dann fahren wir per Rolltreppe zum unterirdischen Bahnhof der Centovalli-Bahn hinab. Centovalli - das Tal der 100 Täler, es stimmt nicht ganz, es sind sogar 150 Seitentäler. Die 1923 eröffnete Schmalspurbahn verbindet 2 große Bahnstrecken: die zum Simplonpass und die zum Gotthardpass. Im schweizerischen Melezzatal arbeitet sich der Zug auf immerhin 836 m im italienischen Teil hoch, von den Palmen Locarnos auf die Hochebene der Kastanien- und Nussbäume. Über steile Serpentinen gelangt er dann ins Tal nach Domodossola nach 52 km Strecke, für die er etwas über 100 Minuten braucht. Unser Bus fährt uns dann durch das breite Ossolo-Tal des Toce wieder zum Lago Maggiore bei Verbania. Nun sehen wir auch das letzte Stück des Westufers mit seinen Villen und farbenprächtigen Dörfern, mit Aussichten auf weitere Inseln: der Isola Madre (gehört natürlich den Borrmäern), dann der Seeräuber- und Festungsinseln bei Cannero Riviera, später auch die beiden Brisaggo-Inseln.
Wir halten noch einmal in Cannobio. An der Uferpromenade reihen sich Gaststätten, liegt die Wallfahrtskirche Santissima della Santissima Pietà. In deren Altar wird ein Reliquienschrein gezeigt, in dem Tücher aufbewahrt werden, mit denen man im 16.Jhdt. Blut und Tränen aus den Augen der Madonna eines Bildes aufbewahrt wird. Italien ist reich an solchen Legenden. Auf dem kurzen Seestück in der Schweiz kommen wir noch einmal an der Isola Pancrazio, der größeren der beiden Brissago-Inseln vorbei, auf der die schöne und kluge.
Baronin Antonietta de Saint-Léger den berühmten Park mit Pflanzen aus aller Welt anlegte.
Das letzte Abendessen in Lugano. Mit einem Glas Sekt stoßen wir auf die wunderschöne Herbstreise an. Der Dank gilt der rührigen Bedienung und dem ausgezeichneten Koch, unserem umsichtigen und sicheren Fahrer Andreas und Ihnen, unseren Gästen, die dem Unternehmen Eberhardt-Travel ihr Vertrauen ausgesprochen haben.

Sonnabend, 30.09.2017, Rückreise

Leider geht es schon wieder zurück. Es bleibt noch etwas Zeit, um von der Autobahn
abzuweichen und durch die via-Mala-Schlucht zu fahren. Der Rhein hat sich bis zu 500 m tief in das Gebirge eingeschnitten. Damals war es der einzige Weg zum Pass. Es ist kalt und dunkel. John Knittel hat hier die Handlung seines damals viel gelesenen Roman vom „schlechten Weg" angesiedelt. Kein Ort für einen längeren Aufenthalt.
Über die Autobahnen der Schweiz und Österreichs führt der Weg weiter nach Deutschland zurück. In zwei schönen Raststätten machen wird Halt: der Raststätte Heidland neben dem Heididorf Maienfeld und der Kunst-Raststätte Illertal. Johanna Spyri und Hundertwasser lassen grüßen.
Trudele durch die Welt.
Sie ist so schön, gib dich ihr hin,
und sie wird sich dir geben.
Kurt Tucholsky

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