Reisebericht: Rundreise Madrid und Zentral–Spanien

04.10. – 10.10.2016, 7 Tage Rundreise Königsschlösser Spaniens – Salamanca – Madrid – Aranjuez – Toledo – Segovia – La Granja – Avila – El Escorial


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Reisebericht über eine einwöchige Reise nach Madrid und in seine Umgebung.
Ein Reisebericht von
Andreas Böcker
Andreas Böcker

Dienstag, 4. Oktober 2016 – Flug nach Madrid und erste Erkundungsgänge


Frühaufstehen stand für die meisten Reisegäste auf dem Tagesplan, manche gingen wohl erst gar nicht ins Bett, wurden sie doch bereits gegen 2:00 Uhr in der Frühe von ihren Transfers abgeholt.
Es ging dann von Berlin aus direkt oder von Dresden und Leipzig via Frankfurt nach Barajas, dem Flughafen von Madrid. Nachdem die Frankfurter einen Bruchteil der gewaltigen Dimensionen von Barajas laufend erfasst hatten und wir die Berliner eingeladen hatten, erreichten wir unsere Hotels bei der Puerta de Toledo, einem Triumphbogen Ferdinands VII. bzgl. des Sieges über die Truppen Napoleons.
Nach einem ersten Einrichten in den Zimmern und einer ersten Erfrischung ging man in Grüppchen oder allein zu einem ersten Erkundungsspaziergang. Die meisten steuerten dabei die Plaza Mayor und von dort aus (die Puerta del) Sol an, wo sich das Denkmal mit dem Bären und dem Madroño-Baum und der spanische Kilometer Null befindet.
Der Teil der Gruppe, der sich zum Abendessen verabredet hatte ging heute in die Taberna dNorte. Auf dem Weg dorthin besuchten wir, weil wir ein wenig zu schnell durch die Stadt gekommen waren, noch spontan die Kirche des Klosters der Descalzas Reales, der königlich Barfüßigen.
Nach dem Abendessen ging es mit der U-Bahn oder zu Fuß zurück in Richtung unserer beiden Hotels an bzw. nahe der Puerta de Toledo.

Mittwoch, 5. Oktober 2016 – Isabelle, Comuneros und Bourbonen – Segovia und La Granja


Der Felsen von Segovia - dem keltischen Sigobriga ('Siegburg') - wurde von einem spanischen Dichter mit einem Schiff verglichen, das über die Weizenfelder der kastilischen Hochebene segelt, mit dem Alcázar am Bug des Schiffes. Hier in Segovia ließ sich Isabella die Katholische zu Lasten ihrer Nichte zur Königin Kastiliens ausrufen, hier lebte der Anführer des gegen ihren Enkel Karl V./Carlos I. gerichteten Comuneros-Aufstandes, Juan Bravo, dessen Haus wir unterhalb der alten romanischen Kathedrale sahen.
Bevor wir die gotische Kathedrale, die jüngste gotische Kathedrale Spaniens, besuchten, begaben wir uns aber zunächst in den Alcázar, von dem aus wir über das Tal von Eresma mit seinen Klöstern und Kirchen schauten.
Bemerkenswert am Alcázar waren der spitze in den Fels getriebene Burggraben, der die Burg von der Stadt trennt, die arabische Kunst im christlichen Alcázar sowie die in die Fassade eingebrachten Erzbrocken, die ein wenig an Schlacke erinnerten.
Nach einem Spaziergang entlang der Stadtmauern und durch Gassen gesäumt von Häusern mit "Streichholzfachwerk", wie eine Teilnehmerin süffisant bemerkte, betraten wir noch eben die Kathedrale von Segovia, bevor wir uns zum Mittagessen begaben. Im Anschluss dann besuchten wir den bourbonischen Königspalast La Granja. Hier am Fuß der Sierra de Guadarrama hatten sich Philipp von Anjou, der nur ungern König war, seinen Sommerpalast hinstellen lassen.


Für den Rückweg nach Madrid wählten wir den Navacerradapass im Guadarrama-Gebirge. Hier, an der Skistation, tranken wir noch eben einen Kaffee, eine Teilnehmerin entdeckte auch wilde Brombeeren.Abends dann, nach dem Abendessen im Anciano Rey del Vino, dem man während des Bürgerkriges den Rey gestrichen hatte (Alter König des Weins ? Alter des Weins), erlebten wir im Corral de la Morería eine Flamcenodarbietung, bei der wohl auch gekonnt improvisiert wurde. Jedenfalls tanzten auch die Sängerinnen, nachdem sie untereinander besorgten Blickes kommuniziert hatten, jeweils einen kurzen Tanz. Von den drei Haupttänzern, einem Mann und zwei Frauen, wirkten der Mann und eine der beiden Frauen etwas benebelt, besonders die Augen waren recht gerötet. Nichtsdestotrotz brachten sie tänzerische Meisterleistungen auf die Bühne. Und ganz ehrlich: Wer Flamenco schon mal in den Höhlen des Sacromonte in Granada erlebt hat, der weiß auch, dass durch diese Höhlen regelmäßig gewisse Schwaden wehen.
Donnerstag, 6. Oktober 2016 - Aranjuez und Toledo

Die schönen Tage von Aranjuez seien vorüber, heißt es in Schillers "Dom Carlos". Noch nicht, hätten wir sagen mögen, hatten wir doch strahlenden Sonnenschein und erlebten einen schattenspendenden Park auf einer Insel im Tajo im Zusammenfluss mit dem Jarama. Nach dem Besuch der Gemächer, die natürlich lange schon nicht mehr das Design aus den Zeiten Schillers oder gar Don Carlos' hatten und des Parks, begaben wir uns in die alte Stadt Toledo, das Toletum der Römer und Westgoten, das Tulaytula der Araber. Zunächst hielten wir am im Neo-Mudejar-Stil errichteten Bahnhof außerhalb der Stadt. Der Neo-Mudejar-Stil ist ein historistischer Stil, der zwischen 1890 und 1930 gerne verwendet wurde, der Mudejar-Stil selbst ist der Stil der muslimischen Bauhandwerker, die in christlichem Auftrag bzw. unter christlicher Herrschaft wirkten. Dann fuhren wir an der Puente de Alcántara vorbei (Puente = span. Brücke, qantara = arab. Brücke) und zwischen dieser und der Puente de San Martín hielten wir an einem der Aussichtspunkte, von denen man über den Tajo auf die Stadt schaut. Die Stadt, in der die Westgoten ihre Königswahlen abhielten und die Stadt, deren Bischöfe sich lange mit denen Santiagos um das Primat der hispanischen Kirche zankten.


Wir betraten den mittelalterlichen Kern durch das (alte) Bisagra-Tor, durch welches schon Alfons VI. eingritten sein soll, als er die Stadt 1085 eroberte. Das spanische Wort bisagra bedeutet Scharnier, was aber den eigentlichen etymologischen Hintergrund des Namens verdeckt: bab-Shaqra, das Tor zu fruchtbaren Shaqra-Ebene, zwischen Madrid und Toledo gelegen.
Unser erstes Ziel in Toledo war die Kathedrale, anschließend besuchten wir eine Werkstatt, in der wir sehen konnten, wie Metallintarsien in Schüsselchen gehämmert wurden. Die Synagoge und von der Vertreibung der Juden bis zu Napoleon als Santa María la Blanca genutzte Kirche mit ihren weißen Hufeisenbögen besuchten wir als nächstes, bevor wir das Kloster San Juan de los Reyes betraten, welches Isabelle die Katholische für sich und ihren Mann als Grablege hatte errichten lassen. Mich persönlich erinnerte das spätgotische Gebäude an Kirchen in Cambridge, die stilistisch nicht unähnlich waren - kein Zufall, da sie aus derselben Zeit stammen. Vor allem aber betrieb Isabella in diesem Bauwerk einen regelrechten Kult um ihren Ehemann und sich selbst. Letztendlich wurden sie dann aber beide nicht hier in Toledo sondern in der Capilla Real in Granada, welches sie 1492 den Mauren abjagen konnten, bestattet. An der Seite der Kirche hängen bis heute die Ketten, mit welchen christliche Sklaven oder ihrer Lösegelder Harrende Ofer der Piraterie in den nordafrikanischen Piratenstaaten gebunden wurden.
Gegen 18:00 Uhr kamen wir in Madrid an, wo unser Fahrer Isaac diejenigen, welche noch in den Prado wollten, dort absetzte.
Freitag, 7. Oktober 2016 - ¡Madrid! - Wo die Reichen und Schönen leb(t)en

Unsere Stadtführung in Madrid begannen wir im Retiro-Park, wo der Kristallpalast aufgrund des Aufbaus einer neuen Ausstellung gerade geschlossen war. Anschließend besuchten wir Las Ventas (die Plaza de Toros) sowie das Estadio Bernabeu des Real Madrid, beides nur von außen. Wir fuhren durch das Viertel Salamanca, beliebt bei Promis und Neureichen und sahen einige der modernen Bankentürme Madrids, ebenso wie einige Ministerien der Franco-Zeit.
Zuletzt ging es in den Königspalast, wo wir zunächst die Waffenausstellung besuchten, bevor wir die Räume des heute rein für repräsentative Zwecke benutzten Gebäudes besuchten. Seine letzten Bewohner um Alfons XIII. mussten 1931 ausziehen.
Nachmittags gingen die einen ins Thyssen-Bornemisza-Museum, die anderen ins Reina Sofia und wieder andere holten den Besuch des Prado nach. Der Verfasser dieser Zeilen besuchte das Museum de Origines, das an der Stelle des Hauses des Stadtheiligen San Isidro-Labrador stehen soll. In dem Museum gibt es einen Brunnen zu sehen, in den das Kind Isidros und seiner Frau gefallen sein soll. Als sie sich niederwarfen und beteten, so will die Legende, stieg das Wasser bis an den Rand des Brunnens und auf ihm sitzend, wie ein Kind in einer Pfütze, das eigentlich längst ertrunkene Kind.
Weitere Mitreisende begaben sich von Madrid aus ins alte Ägypten, zum Tempel von Deobod, der Spanien von Ägypten wegen seiner Mithilfe bei den kulturellen Rettungsmaßnahmen während der Aufstauung des Assuan-Sees geschenkt wurde.
Samstag, 8. Oktober 2016 - Von Astronauten und Fröschen - Salamanca und Ávila

Heute begaben wir uns auf die Spuren von Hannibal, der Romanfigur Lazarillo und Kolumbus sowie der ersten Doktorin der Geschichte, Beatriz Galíndez, La Latina: Wir fuhren nach Salamanca, welches als vettonische Siedlung Helmantike von Hannibal angegriffen wurde, bevor dieser über Pyrenäen und Alpen gen Italien zog, wo Lazarillo von dem Blinden seine erste Ausbildung erhielt und wo Kolumbus seine Vorstellung von der Größe der Erde vor den Gelehrten Kastiliens darstellte (seine Vorstellung war genauso falsch, wie die häufig gehörte Behauptung, zuvor hätte man an die Scheibengestalt der Erde geglaubt). La Latina, Beatriz Galíndez, war die erste Frau, der man ein Studium zubilligte und die schließlich als Lateinlehrerin Isabellas der Katholischen ein Krankenhaus in Madrid gründete (ihre Fächer waren Latein und Medizin).
Zunächst zogen wir über die römische Brücke in die Stadt ein, wo wir am Lazarillo-Denkmal Lorenzo unseren Stadtführer trafen. Lorenzo führte uns vorbei am Bürgerkriegsarchiv von Salamanca zur Doppelkathedrale der Stadt, der romanisch-frühgotischen alten Kathedrale mit ihrer byzantinischen Kuppel und zur gotischen neuen Kathedrale, die sich auf die alte Kathedrale aufstützt. Besondere Aufmerksamkeit erregten der Drache mit dem Speiseeis und der Astronaut - obwohl ich ihn wegen seiner Augen eher für einen Taikonauten halten möchte - diese beiden Figuren wurden 1992 bei der Restaurierung als zeitgenössisches Element geschaffen.
Apropos Fassadenelemente: Überall in Salamanca kann man Frösche erwerben: Als Wandschuck, Türknauf und vor allem als Schlüsselanhänger. Dies hat die Bewandtnis, das in der Eingangsfassade der salmantiner Universität ein kleiner Frosch verbaut ist. Dieser gilt ihren Studenten als Gücksbringer.
Auf dem Weg in die Universität lag das Haus Antonio de Nebrijas, des Schöpfers der ersten spanischen Grammatik (1492), in der Universität besahen wir die Bibliothek und einen Hörsaal im Stil des 16. Jahrhunderts. Hier soll Bruder Luis de León gelehrt und seine fünfjährige Gefangenschaft in den Kerkern der Inquisition mit den Worten „Wo waren wir gestern stehengeblieben?" überspielt haben. Das Rigorosum zum Abschluss des Studiums fand im Übrigen lange in einer Kapelle der Kathedrale statt, die wir auch besuchten, bevor wir die Kathedrale durch die Eselspforte verließen: wir hatten das Rigorosum offenbar nicht bestanden und durften uns dementsprechend auch nicht als Victores mit dem Gemisch aus Olivenöl und Stierblut an einer der Wände der Stadt verewigen.
Den Abschluss fand unsere Stadtführung an der Plaza Mayor, die als eine der schönsten Spaniens gilt und im churriguresken Stil, einer Spielart des Barock, die tragende Elemente versteckt, gestaltet ist.

Unser nächstes Ziel waren die Cuatro Postes, von denen aus wir den Blick auf Ávilas Stadtmauern genossen. Der Mauerring der höchstgelegenen spanischen Provinzhauptstadt (1134 m) mit seinen neun Durchgängen und 87 plus eins Türmen gilt ihren zweieinhalb Kilometern Länge als besterhaltene Stadtmauer Europas. Der 88. Turm wird durch die Apsis der Kathedrale gebildet.
Kurz darauf trafen wir David, der uns seine Stadt näher brachte. Er zeigte uns antike Spolien, die zum Bau der Stadtbefestigung verwendet wurden - Graburnen mit Parfümrinnen und eine Inschrift - die Kathedrale der Stadt mit ihrem erzhaltigen Stein, der der Kathedrale ihre außergewöhnliche Musterung gibt, und das Grab von Bischof El Tostado der dem Papst auf dessen Bemerkungen über seine geringe Körpergröße erwiderte, dass in Spanien die Größe eines Menschen nicht von den Füßen aufwärts sondern allein anhand der Höhe der Stirn bemessen werden. Auch in Ávila hängt im Übrigen ein Greco, in der Sakristei der Kathedrale.
Die Plaza del Mercado Chico und die Geburtskirche mit dem nachempfundenen Geburtszimmer der Teresa von Ávila waren unsere nächsten Ziele, bevor wir unsere Runde durch die kleine Stadt beendeten und wieder gen Madrid fuhren.
Sonntag, 9. Oktober 2016 - El Escorial

Das heutige Ziel war der gewaltige Klosterpalast San Lorenzo del Escorial, errichtet als der Grillrost, auf dem der Heilige Laurentius sein Martyrium erlitt. Dieser riesige Granitbau beinhaltet seit seiner Errichtung eine Kloster, eine Schule und einen Palast, wobei die Infantin und der König von ihren Gemächern aus der Messe in der Basilika folgen konnten.
Hier besichtigten wir gemeinsam mit David die Basilika, den Kreuzgang und die königlichen Gemächer sowie die Grabstätten der Habsburger- und Bourbonenkönige, die jeweils erst vierzig Jahre nach ihrem Tod in ihre Sarkophage verbracht werden, zuvor werden sie in der Faulkammer abgelegt. Die Gemäldegalerie und die Bibliothek durften natürlich auch nicht fehlen.
Nachmittags ließ sich, wer wollte, am Museo de Reina Sofia absetzen, dem Museum für Moderne Kunst, das als Ergänzung zum Prado gedacht ist. Hier hängt u.a. das berühmte Werk Picassos Guernica, bzw. etwas unbescheidener: Es ist das Highlight des Museums.Das letzte Abendessen fand im Restaurante La Catedral statt, welches entgegen seinem Namen gar nicht in der Nähe der Almudena-Kathedrale, dafür aber in unmittelbarer Nähe zum Parlament liegt. Montag, 10. Oktober - Heimflug

Die ersten Mitreisenden hatten sich schon am Abend zuvor nach Andalusien verabschiedet, der Rest der Gruppe teilte sich auf die Terminals 2 und 4 am Flughafen Madrid-Barajas auf, um in die Flieger nach Berlin und Frankfurt zu steigen. Damit fand für uns alle eine anstrengende aber auch schöne Reise ihr Ende.
Bis zum nächsten Mal!
Andreas Böcker

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