Reisebericht: Rundreise Türkei – Karawanenrouten in Kappadokien

30.04. – 07.05.2010, 8 Tage ab/an Antalya – Konya – Göreme – Soganli Tal – Ihlara Tal – Bagdadbahn – Korykische Grotten


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In Kappadokien kreuzten sich über Jahrhunderte Hauptverkehrswege, die Kleinasien mit Europa im Westen verbanden und weit nach Osten, nach Persien, Indien und China, führten. Aber auch Handelswege vom Mittelmeer zum Schwarzen Meer verliefen durch Kapp
Unsere Reise führte uns in die Türkei, ein Land, das nicht umsonst als Wiege der Zivilisation bezeichnet wird. Dutzende von Hochkulturen waren über Jahrtausende hier sesshaft, hinterließen Siedlungsspuren, aber auch Spuren im kulturellen und sozialen Gedächtnis der Menschen. Einige der ältesten Städte der Menschheit, Harran und Sanliurfa, entstanden hier, an den Ufern des Euphrat und Tigris regte sich schon in der Frühzeit menschlicher Geschichte vielfältiges soziales Leben.
Später prägten Stämme und Völker der Hethiter, Urartäer, Phryger, Griechen, Perser, Makedonier, Römer, Byzantiner, Seldschuken und Osmanen, um nur einige zu nennen, ihre Herrschaft den Menschen, der Kultur und Landschaft auf.
In Kappadokien kreuzten sich über Jahrhunderte Hauptverkehrswege, die Kleinasien mit Europa im Westen verbanden und weit nach Osten, nach Persien, Indien und China, führten. Aber auch Handelswege vom Mittelmeer zum Schwarzen Meer verliefen durch Kappadokien. Aus ersten Siedlungen an diesen Karawanenwegen wuchsen Städte, kahle Landschaften erblühten allmählich zu Kulturräumen und Wirtschaftszentren.
Ein Reisebericht von
Dr. Jutta Petzold-Herrmann
Dr. Jutta Petzold-Herrmann

1. Tag: 30.04.2010 Anreise nach Antalya

Heute begann unsere Expedition zu den Karawanenrouten. Der Flug nach Antalya verlief nach unseren Vorstellungen - pünktlich und ohne Turbulenzen. Vom Flughafen fuhren wir dann mit einem Kleinbus in das direkt am Strand gelegene Hotel Antalya.

2. Tag: 01.05.2010 Fahrt nach Kappadokien

Unsere Fahrt nach Kappadokien begann zunächst mit einer Fahrt an der Mittelmeer-Küste entlang in Richtung Manavgat. Schon bald führte uns die Straße über den landschaftlich beeindruckenden, hochgebirgsartigen Bademli-Pass ins Taurus-Gebirge. Schon in der Nähe von Seydisehir erreichten wir die anatolische Hochebene, die so genannte Ebene von Konya, die sich durch eine wenig abwechslungsreiche, flach-wellige und trockene Landschaft auszeichnet.
Gegen 14 Uhr befanden wir uns in unserem ersten Reiseziel Konya, einer der traditionsreichsten Städte Kappadokiens, dem Zentrum des Islam in Anatolien. Die Stadt mit beinahe einer Million Einwohner kann eine fast 5000-jährige Besiedlung aufweisen; eine der ältesten Städte der Menschheit, Catal Hüyük, befindet sich in unmittelbarer Nähe. Konya gehörte zum hethitischen Großreich, später folgten phrygische, assyrische, lydische, persische Herrscher, bevor die Stadt Ende des 11. Jh. Hauptstadt des Sultanats von Rum wurde (Seldschuken). Friedrich I. (Barbarossa) belagerte Konya 1190 und einigte sich später mit Sultan Arslan II. Nach weiterer abwechslungsreicher Geschichte eroberten die Osmanen 1466 das Gebiet Zentralanatoliens und festigten schnell ihre Herrschaft. Bedeutung erhielt die Stadt aber durch den mit seiner Familie aus Persien eingewanderten Prediger Dschalaluddin Rumi (Mevlana - Mein Herr 1207-73), der zu einem der bedeutendsten Mystiker und Gelehrten des Islam wurde und die Predigergemeinschaft des Ordens der Tanzenden Derwische gründete (Mevlevi). Ihm hat es die Stadt zu verdanken, dass sie sich auch zu einem Pilgerzentrum entwickeln konnte und nicht in der Bedeutungslosigkeit versank. Wir besuchten das überfüllte Mevlana-Kloster und konnten die Wallfahrt zur „Kaaba der Türken“ , die eine Wallfahrt nach Mekka ersetzen kann, beobachten.
Ein weiteres Ziel war die Besichtigung der Ince Minare Medresi, um 1260 errichtet, reich verziert, als Koranschule vom Großwesir Sahip Ata gestiftet. Weiter ging die Fahrt an diesem Tag zu den Karawansereien Sultanhani und Agzikara Hani, die an der alten Handelsstraße von Konya nach Kayseri liegen und von den Seldschuken um 1230 errichtet wurden. Die Anlagen folgen dem klassischen Bauplan mit rechteckigem Hof und mehrschiffig überdachter Halle. Die Portale sind mit sehr üppigen Dekor ver¬sehen, die in Schrift verwobene vegetabile Objekte zeigt. So stellen z. B. Rosetten Planeten dar. Am Abend erreichten wir das von den Gästen schon mit Spannung erwartete Höhlenhotel Camirasu Cave in Ayvali. Fast alle Erwartungen wurden angesichts der originellen, liebevoll eingerichteten Zimmer sowie des äußerst schmackhaften Abendessens am Kamin übertroffen.

3. Tag: 02.05.2010 Göreme – Zelve – Avanos

Der Tag begrüßte uns mit schönem Wetter und wir freuten uns auf unsere Wanderung durch das Rosental. Der sich zwischen Felsen in einem frühlingshaften Tal hinwindende Wanderweg erwies sich als idealer Pfad für Erholung und Entdeckung. In Cavusin angekommen, war uns eine Ruhepause willkommen, bevor wir weiter ins Zelvetal fuhren, um eigenständig in Höhlen und über Felsen zu klettern. Die schmalen Pfade boten nicht ungefährliche Rutschpartien und veranlassten manchen zu einem schnellen Griff nach einem Grasbüschel. Nach dem Mittagessen fuhren wir nur wenige Kilometer, um ins Tal der Mönche, Pasarbagi, zu gelangen und dort die Simonskirche zu „erklettern“. Daraufhin besuchten wir Göreme mit seinem Tal der Kirchen.
Diese in den Tuff geschlagenen Kirchen entstanden vor allem in byzantinischer Zeit, nach der Epoche des Bilderstreites um 845. Im 11. Jahr¬hundert erreichten die Wandmalereien in Göreme den Höhepunkt ihrer künstlerischen Ausdrucksformen. Anschließend stand Avanos, die Töpferstadt am Kizilirmak, auf unserem Programm. Wir fuhren wieder über Cavusin direkt in diese kleine Stadt, die ehemals Venessa hieß und schon im Altertum bekannt war für die Töpferei, deren Grundlage der rote Lehm aus dem Fluss Halys noch heute ist. In einer Töpferei sahen wir, bei einem erfrischendem Apfeltee, der Produktion von Krügen zu.
An diesem Abend bestand für die Gruppe die Möglichkeit, in der Nähe von Avanos einer rituellen Zeremonie der Tanzenden Derwische zuzuschauen und anschließend mit einem Ordensmeister über den Derwischorden zu sprechen. Leider entschieden sich nur 10 Gäste für diese Veranstaltung, die jedoch erlebten etwas Unvergessliches und anderswo kaum Wiederholbares. Der restliche Teil der Gruppe nutzte die Gelegenheit, um an verschiedenen Aussichtspunkten die typische, unerschöpfliche Landschaft zu fotografieren. Das Abendessen konnten wir an diesem Tag wieder sehr spät einnehmen, die Qualität war einen Applaus wert, als der Koch im Restaurant erschien.

4. Tag: 03.05.2010 Das "unbekannte" Kappdokien entdecken

Nach dem Frühstück besuchten wir eine Teppichkooperative in der Nähe von Göreme, in der neben dem richtigen Reinigen von Teppichen, der Demonstration ihrer Herstellung einschließlich Seidenproduktion natürlich auch traumhafte Exemplare in jeder Größe vorgestellt wurden. Anschließend fuhren wir über Orthahisar und einige andere sehenswerte kleinere Städte nach Mustafapasa (Sinassos), in dem bis zu ihrer Ausweisung 1923 nur christliche Griechen lebten. Anschließend wurden muslimische Türken aus Griechenland, vor allem aus Saloniki, der Heimat von Mustafa Pascha (Atatürk), hierher umgesiedelt. Bis heute ist der Ort mit sehenswerter Architektur und historischer Bausubstanz erhalten geblieben.
Unser Mittagessen nahmen wir unter den Blütenbäumen eines Gartenrestaurants im Soganli-Tal ein und „erstiegen“ uns anschließend drei Kirchen in diesem eigenartigen Tal, das gleichmäßig von einer Tuffschicht von ca. 15-20 m Höhe bedeckt ist. Die schroffen Felswände sind übersät von Taubenhäuschen und Abzugskanälen für die unterirdisch angelegten Kühlräume. Über Derinkuyu gelangten wir nach ca. 55 km in die Ortschaft Güzelyurt (Gelveri), die ebenfalls vom Bevölkerungstausch 1923 betroffen wurde. (7 km östlich von Güzelyurt sahen wir in der Ferne die Kizil Kilise auf einer kleinen Hochebene. Sie gilt als Grabeskirche Gregors und war wahrscheinlich Wallfahrtsort). Hier befinden sich, über die ganze Stadt verteilt, Höhlenwohnungen und -kirchen, die allerdings nur sehr eingeschränkt zu besichtigen sind, da sie sich auf Privatgrund befinden. Wir besichtigten die ehemalige Hagios Gregorius-Kreuzkuppelkirche, die 1896 errichtet wurde und heute als Moschee genutzt wird. Nach der Besichtigung erklommen wir den der Kirche gegenüberliegenden Hang, der heute als Aussichtspunkt genutzt wird und unter dem sich Gräberhöhlen und Reste der Anargios-Kirche befinden.

5. Tag: 04.05.2010 Karawanen–Route – Kilikische Pforte – Silifke

Am nächsten Tag hieß es für die Familien Gläser und Marth, sehr früh aufzustehen, um „in die Luft „ zu gehen, d. h., an einer Ballonfahrt teilzunehmen.
Nach mehr als zwei Stunden kehrten sie voller Begeisterung über das Gesehene und mit einer Urkunde von dieser Luftexpedition zurück. Wir nahmen nach dem Frühstück schweren Herzens Abschied vom Hotel, alle Gäste hatten sich sehr wohl gefühlt und wären gern noch länger geblieben. Zunächst stiegen wir in die Unterwelt hinab, in die Höhlenstadt Derinkuyu. Bis in über 80 m Tiefe kann man in ein Labyrinth von Gängen und Höhlen ehemals verschiedenster Nutzung über schmale Pfade hinuntergelangen. Nur die gute Belüftung verhindert bei vielen Besuchern wahrscheinlich die Platzangst in den feucht-kalten Räumen. Wahrscheinlich schon in hethitischer Zeit angelegt, wurden die Höhlen in späteren Jahrhunderten nach und nach zum Schutz ausgebaut, dann verlassen und erst in den Jahren ab 1923 wieder erschlossen. Über die anatolische Hochebene gelangten wir wieder zur Kilikischen Pforte und nach kurzer Zeit nach Tarsus. Ursprünglich zum Hethiterreich gehörend, wurde die Stadt später zerstört und erst durch die Phönizier wieder aufgebaut und zur Handelsstadt entwickelt. Nach dem Tod Alexander d. G. begann die Herrschaft der Seleukiden, um 60 v. Chr. erwählte der römische General Pompeius die Stadt zur Hauptstadt der Provinz Kilikien. Zu den späteren Gouverneuren gehörten auch Cicero (50 v. Chr.), Athenodoros und Nestor. Julius Cäsar weilte um 48 v. Chr. längere Zeit in der Stadt, die nach ihm Juliopolis genannt wurde. Nach Cäsars Tod übernahm Marcus Antonius die Verwaltung des Ostgebietes und traf hier mit ägyptischen Königin Kleopatra zusammen. Spätere Gouver¬neure sorgten dafür, dass Tarsus nicht an Glanz verlor, so wur¬den z. B. Universitäten gegründet. In dieses relativ liberale politische Klima wurde Paulus als Saulus hineingeboren, hat später den christlichen Glauben entscheidend mitentwickelt und ist in Rom um 60 als Paulus von Tarsus als Märtyrer verstorben. Wir besuchten den Paulus-Brunnen, der wahrscheinlich an der Stelle seines Geburtshauses steht und besuchten das historische Zentrum der Stadt mit dem Kleopatra-Tor. Anschließend fuhren wir an der Steilküste entlang zu den Korykischen Höhlen Himmel und Hölle, die fast 80 m tief in den Kalksteinfelsen reichen. Niemand wagte sich an diesem Abend noch in den Grund der Höhlen. Unser Hotel in Silifke, wenige Kilometer entfernt, lag am Strand, leider war das Wasser noch sehr kalt.

6. Tag: 05.05.2010 Anamur – Antalya

Am Morgen führte uns die Strecke nach Anamur mehr als 80 km in schwindelerregender Höhe über dem Mittelmeer entlang. Kurz nach Silifke überquerten wir den Fluss Saleph, in dem Kaiser Barbarossa 1190 auf dem Weg nach Jerusalem ertrank. Die Festung Anamur, die wir dann betraten, kann größere Heere aufnehmen. Sie hatte schon eine längere Entstehungsgeschichte und gilt als Gründung der Phönizier. Im 11. Jahrhundert wurde sie von den Königen Kleinarmeniens ausgebaut. Im 13. und 14. Jahrhundert diente sie als Stützpunkt für die Kreuzfahrerheere. Direkt am Strand, in der Ferne Zypern, in der Nähe der Schatten der Burg, erholten wir uns in einer ländlichen Fischgaststätte von den Mühen der Burgbesteigung. Nach Anamur begann die halsbrecherische Fahrt erneut, erst etwa bei Alanya gelangten wir an die Küstenstrasse, die Türkische Riviera, an der sich bis Antalya ein Hotel an das andere reiht. Gegen 20 Uhr hatten wir wieder unser Hotel Antalya erreicht.

7.Tag: 06.05.2010 Perge – Kursunlu – Wasserfall

Der nächste Tag begann mit drückender Schwüle, was unseren Besuch in Perge etwas beeinträchtigte. Jedoch beeindruckte uns das antike Theater mit Platz für 14000 Zuschauer, das man bei der Anfahrt sofort sieht. Durch Portale aus hellenistischer und römischer Zeit betritt man die befestigte Stadt mit den Resten zweier Rundtürme, der Agora mit Rundtempel der Göttin Tyche, Palastruinen, Resten der Thermen und eines Aquäduktes. Viele Eindrücke erhält man, wenn man die alte Hauptstraße in Richtung Akropolis läuft. Nach Perge erreichten wir bald die Kursunlu-Wasserfälle, gelegen in einem schattigen Park. Dort fanden wir auch einen schönen, direkt an den Wasserfällen gelegenen Picknick-Platz. Ausgepackt, angestoßen mit Rotwein, im Nu hatte der gesunde Appetit alle erfasst und nach kurzer Zeit war der Tisch wie leer gefegt.
Unser Picknick schuf eine gute Voraussetzung, um den Stadtbummel in Antalya mit Besuch der Altstadt, des Hadriantors und des Jachthafens ohne weitere Verzögerungen „durchzustehen“. Um 150 v. Chr. gegründet durch Attalos II., König von Pergamon, wurde sie zu seinem Ruhm Attalia genannt. Später wurde die Stadt von den Römern übernommen, dann von den Byzantinern. Anfang des 13. Jahrhunderts richteten sich seldschukische Herrscher in der Stadt ein, En¬de des 14. Jh. die Osmanen. Die Altstadt mit dem Yivli-Minarett und den verwinkelten, z. T. rekonstruierten Häusern ist eine der schönsten in der Türkei. Zum Abschluss unseres Reiseprogrammes fuhren wir noch an die Düden-Wasserfälle kurz vor unserem Hotel, die doch etwas gewaltiger brausten als die von Kursunlu. Im Hotel erfolgte dann die Verabschiedung.

8. Tag: 07.05.2010 Heimreise

Nach einer tollen Reise durch Kappadokien flogen wir heute nach Hause zurück!

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