Reisebericht: Byzanz und die antiken Schätze der Westtürkei

25.10. – 03.11.2012, 9 Tage Rundreise durch die westliche Türkei: mit Istanbul – Bursa – Troja – Pergamon – Sardis – Ephesus – Izmir


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare   zur Reise
 
Phryger hinterließen Höhlenwohnungen und -kirchen, die Hellenen und Römer Perge, Troja, Pergamon, Ephesus und Pamukkale; Byzanz wurde gegründet, von Seldschuken belagert und eingenommen; das muslimische Konstantinopel entstand auf den byzantinischen Mauern.Packende Reise durch die Geschichte Westanatoliens mit Besuch von Byzanz - Konstantinopel - Istanbul im geschichtlichen Spannungsfeld der Weltreligionen.
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

25.10.2012 Flug nach Antalya

Wir flogen mit Turkish Airlines via Istanbul. Der etwas längere Flug mit Zwischenstopp wurde durch einen vorzüglichen Service der „Europäischen Fluggesellschaft des Jahres 2012" ausgeglichen. Nur über dem bulgarischen Balkangebirge konnten wir die Gipfel sehen, ansonsten glitten wir über die weiße Wolkenmasse. Landeanflug in Antalya in großem Bogen über das Mittelmeer auf die erleuchtete Millionenstadt. Mit schnellem Transfer durch die moderne Großstadt waren wir 22:30 Uhr in unserem Hotel direkt am Mittelmeer.

26.10.2012 Perge und die unbekannte Stadt Afyon

Am östlichen Stadtrand von Antalya erstreckt sich die alte griechisch-römische Stadt Perge. Kenan, unser türkischer Reisleiter, ließ alle mitarbeiten an einer Aufstellung zur Darstellung der geschichtlich-räumlichen Situation der Zeit von tausenden Jahren. Über unzählige alte Steinzeugen ging es ins Stadion, zu den römischen Bädern und über einstige Marktstraßen - gute Einstimmung auf weitere historische Orte auf unserer Reiseroute. Mit dem Bus fuhren wir am Vormittag  durch riesige Gemüseanbaugebiete hinein in das Taurusgebirge. An einem Stausee erfuhren wir mehr über die Plattentektonik, die beitrug zur Entstehung des Taurus als Faltengebirge aus Kalkstein und über die vulkanische , türkische Hochebene. Was lag am Stausee mit Forellenzucht näher, als diese überbacken zu verspeisen. Mit angenehmen Sättigungsgefühl fuhren wir anschließend in die eher trockene anatolische Hochebene. Das allen unbekannte Afyon - hier schlug 1922 Atatürk  die Griechen... und so waren wir auch gleich in aktueller Geschichte - überraschte uns mit schön rekonstruierten Häusern in den Gassen der Altstadt unterhalb des massiven Burgfelsens, einer Moschee der alewitischen Derwische und der aus dem Jahre 1273 stammenden Moschee Ulu Camii mit Holzdecke. Angenehmes Abendessen dann in der 8. Etage des Hotels Cakmak mit Blick auf die Lichter von Afyon.

27.10.2012 auf den Spuren der Phryger nach Bursa

Von Afyon ging es nach Norden. Die Spuren der Pryger interessierten uns. Den meisten war diese Völkerschaft, die vor ca. 2500 Jahren hier lebte unbekannt. Auch die Wissenschaftler wissen noch wenig über das Woher der Phryger. Den Start nahmen wir im Dorf Ayazini, einem typisch westanatolischen Dorf, das unter der Landflucht leidet. Die Dorfbewohner nutzten ehedem die Hinterlassenschaften der Phryger als Höhlenwohnung und auch eine Felsenkirche gibt es hier. Unser Spaziergang führte uns bis ins Phrygertal, wo wir dann an weiteren Höhlen im Fels mit dem Bus vorbeifuhren. Nach wenigen Fahrminuten entdeckten wir alte Grabkammern der Phryger, die von großen Löwenreliefs bewacht werden. Unser Phrygerweg führte uns nach Yasilikaya mit der ehemaligen Hauptstadt der Phryger.  Ein schöner Herbstspaziergang führte uns zu den Resten der Akropolis,  einer alten Zisterne und auf das Plateau, wo einst eine Phrygerstadt gestanden haben soll. Unsere Tour führte uns weiter nach Norden und Jahrhunderte der Geschichte weiter in eine Zeit als sich Seldschuken mit Alewiten und orthodoxen Christen gegen die römischen Katholiken des Papstes verbanden. So entstand im 13. Jahrhundert in Seyitgazi ein alewitisches Kloster. Am  späten Nachmittag erreichten wir nach staugeplagter Busfahrt Bursa - es war Opferfest und scheinbar alle Türken auf der Straße. Rechtzeitig waren wir zur Dämmerstunde im Zentrum von Bursa, um die große Moschee und den Seidenbasar zu besichtigen. Hervorragendes  Abendessen dann auf der verglasten Dachterasse des Hotels Bahia in Bursa.

28.10.2012 auf nach Istanbul, Konstantinopel, Byzanz

Wir verabschiedeten uns von Bursa mit einem Besuch am Grabmal des Gründers des Osmanenreiches und in der Grünen Moschee sowie einem kurzen Rundgang im Ethnografischen Museum. Zum Abkürzen der 220 Kilometer langen Straßenstrecke von Bursa nach Istanbul wählten wir die Fähre über einen Arm des Marmarameeres von Yalova  nach Gebze. Sonntäglicher und feiertäglicher Spitzenverkehr machte uns die Busfahrt von Asien nach Europa über den Bospurus schwer. Tausende Touristen und Einheimische nutzten den Tag, um zwischen Hagia Sophia und Blauer Moschee - alles Unesco Weltkulturerbe - zu bummeln. Wir stürzten uns in den Kampf der Kulturen und besichtigten die Hagia Sophia - ältester erhaltener  und einst größter christlicher Kirchenbau der Welt, der durch die Osmanen zur Moschee zurückhaltend umgebaut wurde. In waghalsiger Bustour fuhren wir durch enge Gassen hinauf zur Süleyman-Moschee und besichtigten diesen Prachtbau hoch über den Dächern am Goldenen Horn. Zu Fuß bummelten wir durch enge Gassen, vorbei an einer Unmenge von Geschäften und Marktständen, hinab zur Neuen Moschee. Hier hatte dann jeder auch die Chance auf die Galatabrücke mit hunderten Anglern zu schauen oder türkischen Honig und Gewürze im Gewürzbasar zu kaufen. Abendessen heute auf dem Bahnhof -... im Restaurant des Bahnhofes, der einst Endpunkt des Orient-Expresses war; ein wenig auch zu Gast bei Agathe Christie.

29.10.2012 Istanbul

Wir nutzten den zeitigen Vormittag, um vor den meisten Reisegruppen im Topkapi-Palast, dem ursprünglichen Palast der osmanischen Sultane, zu sein. Nach einem ersten Überblick über die bauliche Anordnung hinter drei Festungsringen und einem Einblick in die Haremsordnung, Lehranstalt damaliger Bildungs- und Militärpolitik,  bummelten wir individuell durch die Gärten und Gemächer. Die Schätze und Prunkwaffen erinnerten uns sehr an das Dresdener Grüne Gewölbe. Vom Palast blickten wir auf Bospurus und Goldenes Horn. Rund um die Mittagszeit besichtigten wir die riesige römische Zisterne und den Hippodrom-Platz mit den Ägyptischen Säulen sowie die Sultan-Ahmed-Moschee, vielfach auch Blaue Moschee genannt.
Auch wenn es in der Ferne nach Regen aussah, starteten wir gemeinsam mit den Gästen der Eberhardt-Travel -Istanbul-Reisegruppe zu einer fakultativen Bootsfahrt auf dem Bospurus. Bis zur anatolischen Festung ging es zunächst an der europäischen Seite entlang und unter der großen Hängebrücke hinüber zur asiatischen Küste mit zahlreichen Villen der wohlhabenden Istanbuler.
Nach unserer Rückkehr auf das europäische Festland dann noch ein Spaziergang vom Taksim-Platz durch den Stadtteil Tünel, vorbei am Galataturm, zum Hotel.  Zum Abendessen später Aufbruch zu Fuß über 300 Meter bis zum Galataturm; in der Night-Bar dann herrlichste Sicht auf das beleuchtete Istanbul, feines Essen und ein Programm, das uns die kulturelle Mannigfaltigkeit des Landes demonstrierte, von arabischem Schleiertanz über Bauchtanz bis zu bulgarischen und tscherkessischen Einflüssen.

30.10.2012 über Canakkale nach Troja

Lange Ausfahrt am heutigen Tag aus Istanbul vorbei an endlosen neu und erdbebensicher gebauten Wohnhäusern . Die Landflucht und die Herausbildung des Molochs Istanbul ist ein großes Wirtschafts- und Sozialproblem der Türkei. Im Laufe der langen Fahrt näherten wir uns immer wieder dem Marmarameer; mal glitzerte es azurblau, ein anderes Mal brandete es mit großen Wellen unter Gewitterwolken.  Als wir auf die Halbinsel bei Gariboli auffuhren erinnerten wir uns einer der blutigsten Schlachten des 1. Weltkrieges, die hier zwischen Türken und Engländern ausgetragen wurde. Anschließend eine ruhige Fährüberfahrt von Gariboli über die Dardanellen - gegen 15 Uhr waren wir wieder in Asien. Nach kurzer Weiterfahrt trafen wir in Troja ein, uns Deutschen wegen Schliemanns Ausgrabungen vor 140 Jahren vielleicht besonders nahe. Aber es blieb vielleicht auch ein wenig Enttäuschung über „Nur-Mauerreste" - da bietet die historische Türkei andernorts Großartigeres. Da rettete auch das der Homer-Story nachempfundene Trojanische Pferd wenig.
Fahrt dann gemeinsam mit der über der Ägais untergehenden Sonne zum „Strandhotel" Iris am Ägäischen Meer.

31.10.2012 Pergamon und Asklepios

Reformationstag in einem islamischen Land - Sonnenschein und über 20 Grad Celsius an der Ägäis. Die letzten Christen hier waren Griechisch Orthodoxe; sie wurden 1923 „ausgetauscht", besser wohl geschrieben „vertrieben" - aber auch sie feierten kein protestantisches Fest. Wir fuhren zunächst südlich, immer wieder lugte das Ägäische Meer hindurch mit türkischen Buchten und Halbinseln sowie griechischen Inseln wie Lesbos. Beim Mittagessen in Bergama erhob sich über uns schon der Berg mit den Ruinen von Pergamon. So sieht es also aus, was wir aus den Berliner Museen nur als Altardetail kennen: prächtig erheben sich griechische Tempelreste und römische Zweckbauten auf dem Berg. Von hier schweifte der Blick hinüber nach Asklepios (nicht eine Niederlassung der Klinikkette, sondern der Ursprung der Krankenheilkunde hier im hellenistisch geprägten Kleinasien). Schon eine Stunde später standen wir auf den einstigen Gassen, an den Brunnenanlagen und in den Krankensälen der Krankenstadt Asklepios.   Von hier nun noch eine dreistündige Busfahrt durch die Viermillionenstadt Izmir bis nach Kusadasi am Meer. Hier waren wir für diese Saison die letzten Gäste.

01.11.2012 Ephesus

Der Tag ist noch jung und so fuhren wir zunächst durch Kusadasi, einst netter Fischerort, heute Anlandungshafen für tausende Touristen, die nach Ephesus wollen. Das war dann auch unser Ziel.
Dorische, ionische, korynthische Säulen - wie war das? (doch mal im Geschichtsunterricht gehört).
Ephesus (auf neutürkisch Efes) bietet die Gelegenheit zum unmittelbaren Vergleich. Also: dorisch sind die geraden, eckigen, die Ältesten, bis zu 700 v.C. Dann kamen die ionischen, jene mit der Spirale und endlich, nach Christus, die römischen, die koryntischen mit den Rosetten und Blätterverzieruungen. Aber natürlich bietet die riesige ehemalige Stadt noch mehr: Tempelanlagen, Straßen, ehemalige Geschäfte mit Wohnhäusern, eine Bibliothek mit monumentaler Front, Brunnenhäuser und Freudenhäuser sowie ein Theater für tausende Besucher. Die Größe dieser Stadt übertrifft all die Ansammlungen alter Steine auf unserer Reise. Am Nachmittag trafen wir in Pamukkale ein. Weiß wie ein schneebedeckter Hang oder ein Gletscher breitete sich der Berghang vor uns aus. Für einen ersten Eindruck bummelten wir am unteren See entlang und schauten schon mal in die Höhe, auf die am Nachmittag menschenbevölkerten Aussichtspunkte und jetzt streng vorgegebenen Besichtigungswege. Mal schauen, ob es morgen in aller Touristenfrühe ruhiger ist. Als erste Reisegruppe im SPA-Hotel Polat genossen wir im Pool des Hotels das warme Thermalwasser der Quellen von Pamukkale.

02.11.2012 Pamukkale, Teppiche und Antalya

Dicke Wolken lagen über uns; es fing an zu nieseln. Sollte der Spaziergang durch die Terrassen von Pamukkale ins Wasser fallen?  Bei den Gräbern (Thombs) der alten Stadt holten wir die Schirme heraus. Dann hatten die alten Römer ein Einsehen mit uns und es blieb trocken. Vielen ist Pamukkale eher wegen der Thermalquellen und der Kalkterrassen ein Begriff; das sich aber oberhalb der Terrassen eine alte römische Stadt, Hieropolis, mit großem Friedhof befindet, war Erfahrungsgewinn und für unseren Archäologen Kenan natürlich Chance für eine Abschiedsvorstellung. Nach einer Stunde sind wir dann an den Kalkterrassen angelangt. Das große Baden für Touristen ist seit über zehn Jahren nicht mehr gestattet, aber man kann über die Terrassen nach unten gehen oder einen Weg oberhalb wählen. Von hier aus Blick auf weiße Wände, Terrassen und im Nahblick auskristallisierte Flächen in weiß, gelb, rosa, pink. Ein  (fast) letzter Landschaftseindruck der Türkei. Zum Mittag wurde es wirtschaftstraditionell: wir besuchten eine Teppichknüpferei. Abschlußfahrt dann durch das Taurus-Gebirge mit Raki-Stopp - nach Antalya. Bei einer Orientierungsfahrt von West nach Ost sahen wir die wesentlichen Gebäude, Anlagen und hatten einen Blick auf die Bucht von Antalya. Nach dem Abendessen dann nochmals ein Blick vom Balkon des Zimmers auf die Bucht von Antalya.

03.11.2012 Heimflug

„Vor dem Aufstehen" klingelte das Telefon und der Bus brachte uns zum Flughafen. Mit Zwischenstopp in Istanbul flogen wir über den Balkan nach Leipzig und Berlin.
Zehn Tage Reiseerlebnisse in der Westtürkei liegen hinter uns. Wir waren auf den Spuren der Hellenen, Römer und im alten Byzanz. Die Türkei ist viel größer... das nächste Mal vielleicht auf den Spuren der Urethräer, Hethiter, Seldschuken, Armenier in Kappadokien oder in Ostanatolien. Bis dahin - Auf Wiedersehen in der Türkei.

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht